Mr. Hunderttausend Volt!
taten bereits die Finger weh vom Tippen. Außerdem machte ihr die Unruhe auf der Etage zu schaffen.
Irgendetwas war da draußen im Gange. Elly spürte es geradezu in allen Knochen. Nur sehen konnte sie es nicht, weil Jonas J. Carpenter mal wieder seine ellenlangen Rundschreiben, Anweisungen und Briefe herunterrasselte.
Es war eine seiner vielen Macken, diese Schreiben persönlich zu diktieren und nicht, wie heutzutage üblich, seine Ergüsse auf Band zu sprechen und ihr dieses dann auf den Schreibtisch zu legen.
Plötzlich schien aber auch ihm etwas aufzufallen. Jonas stockte mitten im Satz, hob den Kopf und lauschte angestrengt. Im nächsten Moment sprang er aus seinem Super-Luxus-Schreibsessel.
"Herrgott nochmal, was ist denn das für ein Lärm im Haus?" Er deutete zur Tür. "Elly, gehen Sie mal nachsehen. Da draußen geht's ja zu wie in einem Irrenhaus."
Erleichtert klappte Elly das Notebook zu und trippelte auf ihren unwahrscheinlich hohen Absätzen aus dem Büro. Zwei Minuten später war sie wieder da. Aufgeregt, am ganzen Leibe zitternd, kam Elly ins Büro gestürzt und blieb vor Jonas Carpenter stehen.
"Draußen findet eine Demo statt, Sir!" Ihre Stimme überschlug sich vor Erregung. "Mister Colloghwere lässt fragen, was er tun soll."
"Eine Demo?" Jonas schüttelte ungläubig den Kopf. "Weshalb denn das? Unser Werk erfüllt alle Umweltschutzauflagen, die Arbeiter haben erst vor vier Wochen eine Lohnerhöhung bekommen, der Firmenkindergarten wird gerade eingerichtet, was zum Teufel wollen die Leute denn noch?"
Elly schluckte. "Ich – weiß es nicht, Sir."
Jonas warf ihr einen vernichtenden Blick zu und erhob sich. Mit raschen Schritten verließ er den Raum und sah im Versammlungsraum, der zur Straße gelegen war, aus dem Fenster.
Tatsächlich, neun Etagen unter ihm hatten sich um die dreißig Menschen versammelt, die den Rasen gegenüber dem Firmengelände besetzt hatten.
Die Wiese war Mittelpunkt eines kleinen, romantischen Parks, der eigentlich nicht zum Werksgelände gehörte. Aber die Versammlung schadete trotzdem außerordentlich dem Ruf der Fabrik. Zwischen den Stämmen der Buchen und Birken, die das Grasstück im Halbrund umrahmten, erspähte Jonas bereits die ersten Reporter, die, wie die Geier das Aas, den sich anbahnenden Skandal rochen.
"Die Demonstration richtet sich gegen dich", hörte Jonas hinter sich die Stimme seines Vertrauten Steven Colloghwere, der schon seinem Vater mit Rat und Tat zur Seite gestanden hatte. Heute hatte Steven den Posten des Firmen-Sicherheitsbeauftragten inne. Ein Titel, der zwar großartig klang, aber einen Haufen Ärger, Stress, schlaflose Nächte und nochmals Ärger beinhaltete.
Steven Colloghwere musste nicht nur dafür sorgen, dass die Security ihren Job anständig machte, er musste auch drohende Streiks abwenden, sich die Sorgen und Nöte der Beschäftigten anhören, im Streitfall zwischen den Betroffenen und der Betriebsleitung vermitteln und solche wilde Demonstrationen, wie die, die sich gerade vor dem Gelände aufbaute, auflösen ohne dabei allzu viel Aufhebens zu machen.
Jonas Carpenter verstand nicht, was sein alter Freund meinte. Kopfschüttelnd stürmte er aus dem Zimmer, eilte den langen Flur entlang zum Lift, der ihn ins Erdgeschoss transportierte, wo sich bereits eine Schar Zuschauer eingefunden hatte.
Bei Jonas' Anblick zogen sie etwas die Köpfe zwischen die Schultern, manch einer versuchte, sich rasch in eines der Büros zurückzuziehen, aber Jonas achtete gar nicht auf seine Mitarbeiter. Mit langen Schritten eilte er in einen der Besprechungsräume und stellte sich dort ans Fenster.
Von hier aus konnte er den gesamten Park überblicken. Er setzte seine Brille auf, trat noch ein Stück näher an die Scheibe und versuchte mit zusammengekniffenen Augen die Schriftzüge auf den Schildern und Transparenten zu entziffern.
WIR WOLLEN UNSER GELD! las Jonas mit wachsendem Erstaunen, und: GERECHTIGKEIT FÜR JESSICA BARNES!
Einige der Demonstranten machten sich auch für den armen Daniel stark. Ein Plakat verkündete beispielsweise: DANIEL, HALTE DURCH, WIR KÄMPFEN AUCH FÜR DICH!
"Das sieht verdammt nach einem drohenden Bürgerkrieg aus", meldete sich Stevens Stimme erneut hinter Jonas' Rücken.
Er fuhr herum. Das konnte doch nicht wahr sein! Er musste träumen! Solche Dinge geschahen nur im Schlaf, wenn man zuvor ein viel zu großes, viel zu süßes Stück Kuchen oder einen ganzen Beutel dieser leckeren aber fetten Crunchies gegessen
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