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Mr Monster

Mr Monster

Titel: Mr Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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einer von drei Menschen auf der Welt gewesen, die überhaupt davon gewusst hatten. Wenn die Polizei seine Patientenakten hatte, dann war die Schweigepflicht, auf die ich mich seit Monaten verließ, auf einen Schlag dahin. Ich konnte mir gut vorstellen, wie überrascht Forman darauf reagiert hatte, dass einer seiner wichtigsten Zeugen ein Soziopath war.
    »In den Akten stehen viele interessante Fakten.« Forman legte den Ordner auf den Tisch und schlug ihn vorsichtig auf. »Schade, dass wir die Genehmigung nicht schon früher bekommen haben.«
    »Es wundert mich, dass es überhaupt so lange gedauert hat.« Äußerlich ließ ich mir nichts anmerken.
    Forman nickte. »Was hättest du uns davon eigentlich freiwillig erzählt?«
    »Nur das, was mit dem Fall zu tun hat«, erwiderte ich.
    »Und wie viel wäre das?«
    »Überhaupt nichts.«
    Forman nickte abermals. »Dr. Neblin wurde gegenüber von deinem Haus tot aufgefunden. Du warst mit seinem Blut bedeckt, behauptest aber, du hättest ihm bei der Flucht vor dem Clayton-Killer helfen wollen. Das klang recht glaubwürdig, zumal du ja an diesem Abend selbst die Polizei gerufen hast. Aber dies …« Er tippte auf die Akten. »Dies ändert alles.«
    »Bin ich auf einmal ein Verdächtiger, nur weil Sie jetzt wissen, dass ich ein Soziopath bin? Ist das nicht so was wie Diskriminierung von Behinderten?«
    Forman lächelte. »Er deutet in der Tat an, du hättest soziopathische Tendenzen, aber hier steckt noch viel mehr drin. Neblin weist auf mehrere bedeutende Veränderungen in deinem Verhalten hin, nachdem im letzten Herbst die Mordserie begonnen hatte. Veränderungen, die man aus einem gewissen Blickwinkel als häufig auftretende Verhaltensänderung betrachten kann zwischen einem potenziellen Killer und jemandem, der es tatsächlich tut.«
    Ich wollte sofort aufbegehren und ihm sagen, ich sei kein Killer, hielt mich jedoch zurück. Wenn ich zu heftig protestierte, würde ich nur den Eindruck erwecken, ich hätte Schuldgefühle. Also versuchte ich es lieber gleich mit Sarkasmus.
    »Jetzt haben Sie mich erwischt«, sagte ich. »Ich habe Dr. Neblin mit einer vergifteten Axt erschlagen.«
    »Reizend.« Forman lächelte nicht. »Aber niemand wirft dir vor, Dr. Neblin getötet zu haben.«
    »Die meisten Menschen benutzen kein Gift«, fuhr ich fort, ohne auf ihn einzugehen. »Sie glauben, eine große Axt reiche schon. Damit haben sie recht, aber ich halte es für stillos.«
    Forman zuckte mit den Achseln und spreizte die Finger. »Was soll das denn jetzt?«
    »Ich lege ein Geständnis ab«, sagte ich. »Wollten Sie das nicht?«
    »Dr. Neblin wurde mit keiner Axt erschlagen.«
    »Dann war es ja gut, dass ich das Gift auf die Klinge gestrichen habe.«
    Forman betrachtete mich, als warte er auf etwas – oder als lausche er auf etwas, das nur er hören konnte. Dann fragte er: »Hast du schon einmal Lust gehabt, jemanden zu töten?«
    »Wenn es ein Verbrechen ist, jemanden töten zu wollen, dann müssen Sie das halbe Clayton County verhaften. Die Leute haben einen der Verdächtigen ja praktisch gelyncht.«
    »Ich war dabei.« Ein merkwürdiger Ausdruck trat in Formans Augen. »Als Mob denken und fühlen die Menschen auf seltsame Art und Weise. Aber wie du zugeben musst, liegt dein Fall etwas anders.«
    Ich gab mir Mühe, möglichst unbefangen zu antworten, als wolle ich einen Scherz machen und nicht so sehr meine Unschuld beteuern. »Ich habe niemanden getötet. Es wäre auch ziemlich dumm, in diesem Fall geradewegs in die Polizeiwache zu marschieren.« Kaum hatte ich die Worte ausgesprochen, da wurde mir klar, dass dies kein besonders gutes Argument war. Serienmörder mischten sich oft in die gegen sie laufenden Ermittlungen ein. Edmund Kemper arbeitete sogar für die Polizei und stand mit den meisten Cops, die seinen Fall bearbeiteten, auf gutem Fuß. Ich wartete darauf, dass Forman eine entsprechende Bemerkung machte, doch er ging nicht darauf ein.
    »Am meisten fasziniert mich der Umstand, dass ich es nicht schon längst bemerkt habe.« Er redete eher mit sich selbst, legte die Stirn in Falten und zog einen Mundwinkel hoch. Gewöhnlich bedeutet dies, dass der Betreffende verwirrt ist. »Es ist mein Beruf, Täterprofile zu erstellen, John. Ich verdiene mir meinen Lebensunterhalt, indem ich Soziopathen erkenne. Wie konntest du das vor mir nur verbergen?«
    Dank meiner Regeln, dachte ich. Ich will kein Killer werden und habe deshalb Regeln aufgestellt, die mir helfen, so normal wie alle

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