Mr Nanny
gegenüber. Peter hielt mich an beiden Händen, rieb seine Daumen an meinen Handflächen und blickte mir tief in die Augen. Wieso hatten wir auf einmal zu tanzen aufgehört? Ich versuchte, mich loszumachen, doch er hielt mich umso fester.
»Peter, was machst du?«
»Ich schau dich an.«
Ich konnte nicht glauben, dass er das gesagt hatte.
»Du siehst so gut aus. So gut .«
»Danke.« Ich war derart verlegen, dass ich versuchte, das Ganze herunterzuspielen. »Das ist nett von dir.« Wahrscheinlich hatte er ein paar Bier zu viel intus. Das musste es sein.
»Hey.« Er hob mein Kinn. »Sieh mich an. Das ist mehr als Nettsein. Das weißt du genau.« Er zog mich an sich. Ich blickte mich nervös um, konnte nicht glauben, dass er den Nerv hatte, mich so an sich zu drücken. Glücklicherweise standen wir inmitten der Tänzer, die uns vor neugierigen Blicken schützten. »Es ist alles gut, Jamie.«
»Ist es das?« Seine Freunde an der Bar hatten angefangen uns zu beobachten. Abermals versuchte ich, mich loszumachen. Ich bekam eine Hand frei und strich mir das Haar zurück. Da merkte ich, dass ich zitterte.
»Ja.«
Ich blickte mich noch einmal um. Niemand außer seinen Freunden an der Bar beobachtete uns. Dylan spielte mit einem Jungen in seinem Alter Billard.
»Verstehst du, was ich sagen will, Jamie?«
Oh Gott. Er hatte mich Jamie genannt. Zum zweiten Mal. »Ich weiß nicht.«
»Ganz bestimmt nicht?«
»Na ja, vielleicht ein bisschen.« Ich musste gegen meinen Willen grinsen. Er war einfach unwiderstehlich.
»Wollt’s bloß wissen.«
Meine Knie wurden weich.
Kyle warf mir einen schrecklich eifersüchtigen Blick zu und verließ die Bar.
Ich erstarrte. Andere würden auch was merken. Ich riss meine Hände los.
»Ich kann nicht... Ich weiß nicht...« Dylan sah mich mittlerweile ebenfalls an. »Ich glaube, ich sollte jetzt gehen. Sofort.«
Ich riss den armen Dylan mitten aus seinem Billardspiel und verließ fluchtartig das Lokal.
25. Kapitel
Sturm im Wasserglas
Was für ein Wochenende. Am Samstag nach dem Dinner bei Susannah hatte ich nur noch an eins denken können: wie Phillip in Handschellen abgeführt wird. Aber am Sonntag nach der Geburtstagseinladung hatte Peter all meine Gedanken ausgefüllt: der Tanz, sein warmer Körper, sein angenehmer Geruch. Peter, der das Geld für sein Programm bekommen hatte. Peter und seine Geheimnisse. Peter und seine Worte. Es ist alles gut, Jamie.
Am Montagmorgen stand ich früh auf und saß im Morgenmantel mit den Kindern am Frühstückstisch, als Peter plötzlich auftauchte.
Ich hatte gedacht, er würde später kommen. Oder vielleicht gar nicht. Zu nervös, um etwas zu sagen, voller Angst, ich hätte den Tanz völlig falsch interpretiert, nickte ich lediglich grüßend, ohne ihn anzusehen, und konzentrierte mich auf die Kinder.
Wir spielten gerade »Fragen und Antworten«.
»Gut, Dylan, die ist für dich. Nenne zwei Dinge, die ein Rechtsanwalt tut.«
»Scheidungen und Räuber vor Gericht bringen.«
»Ausgezeichnet! Gracie, die ist jetzt richtig knifflig: Nenne mir etwas, das ein Schreiner macht.«
»Schreine!«, kreischte sie.
Peter lachte. Er hatte seine übliche Arbeitsuniform an: Snowboard-Hose, Turnschuhe und einen ausgeleierten Pulli mit einem T-Shirt darunter. Ich merkte sofort, dass ihm meine Verlegenheit ein diebisches Vergnügen bereitete.
Er beugte sich vor und sagte, fünf Zentimeter von meinem Gesicht entfernt: »Haaallo?«
Erst mal vorfühlen war wohl nicht seine Sache.
Es ist alles gut, Jamie.
Verstehst du, was ich sagen will, Jamie?
Eigentlich nicht. Meinte er, es war in Ordnung, dass ich in ihn verknallt war? Oder dass ein kleines Tänzchen okay war? Nein, das war bestimmt nicht gemeint. Ich wusste, es war nicht bloß der Tanz. Wahrscheinlich meinte er, es war in Ordnung, dass wir beide etwas füreinander empfanden.
Oder?
»Vorbeugen«, befahl er und begann dann, meinen Rücken mit Handkantenschlägen zu bearbeiten, als wäre ich ein Boxer, der zwischen den Runden wieder auf Vordermann gebracht werden musste. »Es ist fast geschafft. Mittwoch um zehn ist alles gelaufen. In drei Tagen können wir anfangen zu feiern.« Seine Daumen bohrten sich tief in meine verkrampften Rückenmuskeln. Zu verängstigt, um loszulassen, zu nervös wegen der Sendung, versteifte ich mich unwillkürlich. Aber das hielt ihn nicht davon ab weiterzumachen. Ich merkte, wie ich mich unter seinen geschickten Fingern langsam zu entspannen begann. Kein Wunder, dass
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