Mr Nanny
kostbaren kleinen, ziemlich verwirrten Sohn. Unseren Jungen, der dringend mehr Aufmerksamkeit braucht, als er bekommt - von uns beiden, wohlgemerkt.«
»Dann hör auf, so hart zu arbeiten, und melde Dylan für ein paar weitere Sportarten an - das wird ihm gefallen. Und wie steht’s überhaupt mit deiner Zeit? So geht das nicht weiter, nicht mit drei Kindern. Mit zwei vielleicht, aber nicht mit drei. Du bist ja jetzt schon mit deinem Teilzeitjob am Limit. Wie oft soll ich’s dir noch sagen: Kündige und such dir eine Art Beratertätigkeit. Fünf Jahre, dann sind die Kids aus dem Gröbsten raus. Dann kannst du ja immer noch in deinen alten Job zurück.« Er stieß laut schnaubend den Atem aus. »Wir können nicht immer mehr Leute einstellen, die bei unseren Kindern die Elternrolle übernehmen.«
»Phillip, ich bin nicht der Typ, der einfach seinen Beruf aufgeben kann - dieser Beruf macht mich zu einer besseren Mutter, als ich es als Hausfrau wäre. Das weißt du doch.«
»Ach, komm mir nicht mit diesem ausgelutschten Argument, dass dich der Beruf zu einer besseren Mutter macht. Die Kinder brauchen mehr Aufmerksamkeit. Alles hier braucht mehr Aufmerksamkeit.« Er trat ans Fenster. »Hier zum Beispiel: Die Rollos klemmen. Glaubst du nicht, ich würde morgens gern mal wieder die Sonne ins Arbeitszimmer scheinen sehen? Wie oft hab ich dich schon gebeten, die Aufhängung reparieren zu...«
»Das tut jetzt nichts zur Sache. Es geht um die Kinder, besonders um Dylan. Ich bin zwei Tage pro Woche zu Hause und versuche, mir, wann immer es geht, nachmittags freizunehmen. Ich bin eine gute Mutter. Trotz meines Berufs, wenn du so willst.« Ich hielt kurz inne, um zu überlegen, wie ich es ihm beibringen sollte, dass wir jemanden eingestellt hatten, um ihn zu ersetzen, nicht mich. »Dylans Selbstbewusstsein ist ernstlich angekratzt. Er braucht männliche Zuwendung, etwas, das seine Mom ihm nicht geben kann. Es geht hier nicht um dich oder um mich. Es geht um Dylans Entwicklung. Um sein Selbstbewusstsein.«
»Die Sache ist ganz einfach: Ich will keinen Coach neben Yvette und Carolina im Haus haben. Auf dem Sportplatz: okay. Aber nicht in meinem Haus. Ist vielleicht seltsam, aber solange ich hier die großen Rechnungen bezahle, kommt mir kein Mann ins Haus.«
»Also bitte! Ich bezahle die Leasingraten, die Garage, Kleidung, Haushaltsgeld. Zumindest teilweise.«
»Weißt du was? Es ist mir scheißegal, was du bezahlst. Dieser blöde Coach kriegt von niemandem hier Geld.«
Und schon war er wieder entschwunden, mein Göttergatte. Ein kurzer Ausflug in die Welt von Heim und Herd, und schwupps, war er wieder mit dem Kopf im Anwaltshimmel. Seiner Meinung nach war das Coachproblem nun erledigt. Die Sache hatte nur leider einen kleinen Haken: Ich konnte mein Coachproblem unmöglich so einfach erledigen. Und es wuchs sich allmählich zu einem echten Problem aus. Ich fing schon an, mir Gedanken darüber zu machen, was er wohl von mir hielt, wie er auf meine Witze reagierte, ja sogar, was ich anziehen sollte, wenn er kam.
Phillip dagegen war mit den Gedanken schon wieder weit weg. Er hatte seinen BlackBerry hervorgeholt und haute nun in die Tasten wie Beethoven zu seinen besten Zeiten. Er blickte nicht einmal auf, als ich stillschweigend das Zimmer verließ.
9. Kapitel
Aufgeflogen!
Meine Freundin Kathryn gehört zu jenen Leuten, die ein altes Tuch über eine Obstkiste werfen und es aussehen lassen konnten, als befände man sich im Pariser Liebesnest einer Herzogin. Die Stilsicherheit ist ihr ebenso angeboren wie das Atmen.
Wir hatten uns gerade ihre neue Gemäldeserie in ihrem Studio in der Laight Street in Tribeca angeschaut - alle in Blautönen - und waren durch die Diele in ihr Loft zurückgekehrt. In der zum Raum hin offenen Küche stand ein Tisch - eine Tischplatte auf zwei Böcken -, beladen mit Köstlichkeiten vom italienischen Feinkosthändler an der Ecke. Stilsicher wie immer hatte sie auf einem rustikalen S chneidebrett Weißbrot und verschiedene Wurst- und Käsespezialitäten angerichtet, dazu Eistee in einem großen, grün glasierten Tonkrug und dicke, teure Stoffservietten mit bestickten Säumen. Überall standen antike Stühle und Sofas herum, scheinbar nicht zueinander passend, dazu etliche Lampen, alles Unikate. Kathryn und ihr Mann, Miles, hatten die Sachen über Jahre hinweg auf Flohmärkten und Antikmöbelversteigerungen erstanden. Neben der Haustür lagen drei kleine Tretroller. Das riesige Loft hatte einen
Weitere Kostenlose Bücher