Mrs Murphy 04: Virus im Netz
hätte ich gern vergoldete Schilder. Okay, Harry, ich überprüf das und ruf Sie zurück.«
Fünfzehn Minuten später klingelte das Telefon. Es war Cynthia.
»Die Maschine gehört Michael Huckstep, Los Angeles, Kalifornien. Er ist Weißer – vierunddreißig Jahre alt.«
»Das ging aber schnell.« Harry war beeindruckt.
»Computer. Wenn die Maschine morgen noch da ist, rufen Sie mich an. Ich komm heute Abend sowieso vorbei und überprüf sie, aber rufen Sie mich auf jeden Fall morgen früh an. Manche Leute stellen ihre Fahrzeuge einfach auf Behördenparkplätzen ab. Die Maschine wird vermutlich morgen nicht mehr da sein.«
8
Von wegen. Am nächsten Morgen, einem Dienstag, stand die Harley immer noch da.
Cynthia kam herüber und untersuchte das Motorrad, während Harry und Mrs Hogendobber sich beeilten, mit dem morgendlichen Sortieren fertig zu werden. Mrs Hogendobber lief unentwegt zum Postamt hinaus und wieder hinein, um nur ja nichts zu verpassen.
Als sie wieder einmal hereinkam, teilte sie Harry atemlos mit: »Sie untersucht es nach Fingerabdrücken – für den Fall, dass es gestohlen ist.«
»Also, wenn es gestohlen wäre, glauben Sie nicht, dass er das längst gemerkt und gemeldet hätte?«
»Nicht, wenn er selbst der Dieb ist.«
Harry legte den Kopf zurück. »Haben Verbrecher rechtmäßige Führerscheine?«
»Little Marilyn hat einen. Ihre Fahrweise ist ein Verbrechen.« Miranda lachte über ihren eigenen Witz.
Außerstande, ihre Neugierde noch länger zu zügeln, schlenderte Mrs Murphy bei Mirandas nächstem Standortwechsel zum Vordereingang hinaus. Tucker lag auf dem Rücken, die Beine senkrecht in die Luft gestreckt, und war der Welt entrückt.
Die Katze beschloss, sie nicht zu wecken.
Cynthia, die groß und schlank war, kniete sich links neben die Maschine und notierte die Seriennummer.
Mrs Murphy sprang auf den Motorradsitz. Und sprang schleunigst wieder herunter, denn er war glühend heiß. »Autsch! Gibt es keine Schaffellüberzüge für Motorradsitze?«
Die Menschen vergaßen einen Augenblick, weshalb sie eigentlich hier waren, und klatschten über Little Marilyns neuesten Verehrer, einen Mann, den Mrs Hogendobber und Cynthia beide für ungeeignet hielten. Sie kamen dann auf Boom Boom Craycrofts Sommerurlaub zu sprechen, drückten ihre Hoffnung aus, dass Kerry McCray sich bald mit einem netten Mann über Normans Verlust hinwegtrösten würde, und erwähnten die erfreuliche Tatsache, dass Mirandas Gebäck an diesem Morgen schon um halb neun ausverkauft war.
Die Tigerkatze, deren Fell im Sonnenlicht glänzte wie Lackleder, beschnupperte das Motorrad rundum. Sie hütete sich, allzu nahe heranzukommen, denn das Metall würde ebenfalls heiß sein. Ein vertrauter Geruch an der rechten Satteltasche, die kohlschwarz war wie alles an dem Motorrad, ließ sie innehalten. Sie stellte sich auf die Hinterbeine, in perfekter Balance, und schnupperte intensiver. Dann ging sie so nahe heran, wie sie sich traute, und atmete ein. »Cynthia, Cynthia, an der Satteltasche ist Blut.«
»- Blair Bainbridge, aber wissen Sie, wenn Boom Boom ihn noch einmal zu erobern versucht, erliegt er ihr womöglich. Die Männer finden sie sexy.« Cynthia konnte der Versuchung zum Klatsch nicht widerstehen.
»Sie wird ihm nicht den Kopf verdrehen.« Mrs Hogendobber verschränkte die Arme über ihrem mächtigen Busen.
»Alle drehen sich nach Boom Boom um.« Cynthia konnte nicht verstehen, wieso ein gutes Make-up und große Titten angeblich intelligente Männer zu Idioten machten.
»He, he, hört denn keiner auf mich!«
»Na, du kleines Plappermäulchen?« Miranda bückte sich und streichelte den hübschen Kopf der Katze.
»An der Satteltasche ist Blut. Wie oft soll ich euch das noch sagen?«, heulte die Katze. Sie machte ihrem Frust über die Begriffsstutzigkeit der Menschen Luft.
»Meine Güte, die ist ja völlig außer sich.« Cynthia wischte sich die Hände an ihrer Hose ab.
»Ihr seid so helle wie eine Schweinsblase«, fauchte Mrs Murphy angewidert.
»So hab ich Mrs Murphy ja noch nie fauchen sehen.« Miranda wich unwillkürlich einen Schritt zurück.
Die Katze drehte sich blitzschnell um und flitzte zum Vordereingang. Sie rief über die Schulter: »Das ist kein Hühnerblut. Das ist Menschenblut, und es ist ein paar Tage alt. Wenn ihr alle eure kümmerlichen Sinne zusammennehmen würdet, könntet ihr’s vielleicht selbst feststellen.« Sie hämmerte mit den Pfoten gegen die Tür. »Lass mich rein,
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