Mrs Murphy 04: Virus im Netz
hinzusetzen.«
»Harry, wir sind nicht die besten Freundinnen, darum hoffe ich, du hast nichts dagegen, dass ich dich einfach so überfalle.«
»Ist in Ordnung.«
Sie ließ ihren Blick durch die Küche schweifen, dann setzte sie sich. »Ich weiß nicht, was ich tun soll. Vor zwei Wochen hat Kerry mich gebeten, ihr Geld zu leihen. Ich hab mich geweigert, auch wenn’s mir schwerfiel, aber, nun ja, sie wollte dreitausend Dollar.«
»Wozu?«
»Sie sagte, mit dem Krebs ihres Vaters würde es immer schlimmer. Wenn sie die Summe anlegen würde, könnte sie davon das bestreiten, was seine Versicherung nicht abdeckt. Sie sagte, sie würde den Gewinn mit mir teilen und das Grundkapital in einem Jahr zurückzahlen.«
»Kerry ist viel raffinierter, als ich dachte.«
»Ja.« Little Marilyn saß stocksteif da.
»Hast du das Rick Shaw oder Cynthia erzählt?«
»Nein. Ich bin zuerst zu dir gekommen. Es hat mir keine Ruhe gelassen. Ich meine, sie steckt auch so schon tief genug drin.«
»Ja, ich weiß, aber« – Harry hob die Hände – »du musst es ihnen sagen.«
Mrs Murphy, die auf der Arbeitsfläche saß, sagte: »Was denkst du wirklich, Marilyn?«
»Sie hat Hunger.« Harry stand auf und öffnete zwei Dosen für Mrs Murphy und Tucker. Tucker schlang ihr Fressen hinunter, während Mrs Murphy ihres gesittet verzehrte.
»Danke, dass du mir zugehört hast. Wir sind früher so gute Freundinnen gewesen. Ich komme mir vor wie eine Verräterin.«
»Das bist du nicht. Und so entsetzlich so ein Prozess ist, dafür sind die Gerichte da – wenn Kerry unschuldig ist, wird sie verschont. Das hoffe ich zumindest.«
»Kennst du nicht den alten Spruch? ›Lieber dem Teufel in die Hände fallen als den Juristen.‹«
»Du glaubst, sie steckt da mit drin, stimmt’s?«
»Ah-hm.« Little Marilyn nickte, mit Tränen in den Augen.
32
In jeder freien Minute hämmerte Kerry in einem rückwärtigen Büro auf den Computer ein. Cynthia hatte ihr gesagt, sie könne zur Arbeit gehen. Sie werde morgen offiziell vernommen. Rick hatte dem stellvertretenden Direktor, Norman Cramer, gesagt, er möge Kerry erlauben zu arbeiten. Er richtete ein paar Worte an das Personal, die auf »unschuldig bis zum Beweis der Schuld« hinausliefen. Er erhoffte sich, dass Kerry oder ihrem Komplizen ein Schnitzer unterlief.
Der dicke Teppichboden im Vorstandsbereich der Bank dämpfte die Schritte hinter Kerry, als sie hektisch Verzeichnisse im Computer aufrief. Norman Cramer klopfte ihr auf die Schulter.
»Was machst du da?«
»Herumspielen. Ähnlich wie du, Norman.« Kerrys Gesicht glühte.
»Kerry, das hier geht dich nichts an. Du störst Rick Shaws Ermittlungen.«
Keiner von ihnen wusste, dass Rick Kerrys Computer überwachen ließ. Ein Polizeibeamter im Kellergeschoss sah alles, was sie aufrief.
»Hogan Freelys Ermordung geht alle an. Und lieber lass ich mich von dir abkanzeln, als dass ich nicht versuche, auf einen Hinweis zu stoßen, irgendeinen.«
Sein fahler Teint färbte sich dunkler. »Hör auf mich. Vergiss es.«
»Können wir nicht rausgehen und reden?«
»Und wieder eine Szene riskieren? Nein.«
»Ich hab gewusst, dass du ein Feigling bist. Ich hatte gehofft, es wäre nicht wahr. Ich hatte dir wirklich geglaubt, als du mir sagtest, du würdest Aysha verlassen -«
Er wies sie scharf zurecht. »Es gehört sich nicht, während der Arbeit Privatangelegenheiten zu besprechen.«
»Außerhalb der Arbeit willst du sie auch nie besprechen.«
»Ich kann nicht. Vielleicht weiß ich Dinge, die du nicht weißt, und vielleicht solltest du mich eine Weile vergessen. Du hättest heute nicht herkommen sollen. Es macht alle nervös.« Er drehte sich auf dem Absatz um und ging hinaus.
Kerry McCray kochte vor Wut. Sie folgte ihm. »Du jämmerlicher Mistkerl.«
Er packte sie so fest am Arm, dass er ihr wehtat, und halb schob, halb zog er sie durch den schmalen Flur zum Hinterausgang. Er warf sie fast die Treppe zum Parkplatz hinunter. »Nimm dir den Tag frei! Es ist mir egal, ob Rick Shaw es in Ordnung findet, wenn du hier bist. Ich finde es nicht in Ordnung. Jetzt geh, reg dich ab!« Er schlug die Tür zu.
Kerry stand mitten auf dem Parkplatz und schluchzte. Sie ging zu ihrem Auto, machte die Tür auf und stieg ein. Dann legte sie den Kopf aufs Lenkrad und schluchzte noch mehr.
Mrs Hogendobber kam auf dem Weg von der Bank vorbei. Sie zögerte, dann ging sie zu Kerry.
»Kerry, kann ich Ihnen helfen?«, fragte sie durch das heruntergekurbelte
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