Mrs Murphy 05: Herz-Dame sticht
verlegen.
Harry, kein knauseriger Mensch, zögerte. Erstens war das eine Menge Kleingeld für sie. Zweitens, was war hier los? »Warum leiht Chark dir das Geld nicht?«
Addie hob die Stimme. »Er ist wütend auf mich. Er ist ein Arschloch.«
»So, und was hast du mit dem Geld gemacht, das du in Montpelier gewonnen hast?« Harry jonglierte auf dem Weg zu den Schließfächern mit einem Berg Post.
»Ah -«
»Ich leihe dir keinen Cent, solange ich nicht weiß, warum du knapp bei Kasse bist. Den wahren Grund.«
»Und was soll das heißen?« Addie errötete.
»Das soll heißen, dein verblichener Freund war kokssüchtig. Woher weiß ich, dass du es nicht auch bist?«
Miranda hielt fassungslos mitten in ihrem Tun inne, Katzen und Hund ebenso. Aller Augen waren auf Addie gerichtet, deren Gesicht sich puterrot verfärbte.
»Er hat versucht aufzuhören. Bis Linda ihn in die Fänge bekam. Ich hoffe, sie kriegt ein Stilett durchs Herz. Bloß, sie hat kein Herz.«
»Und was ist mit dir?« Harry ließ nicht locker.
»Ich nehme überhaupt keine Drogen mehr. Außerdem ist mir Mutters Beispiel eine Warnung.«
»Aber, aber, Ihre Mutter war eine wunderbare Frau. Sie hat in Gesellschaft getrunken, sonst nichts«, verteidigte Miranda Marylou.
Addies Stimme wurde wehmütig. »Sie war eine Trinkerin, Mrs Hogendobber. Sie war auf Partys richtig glücklich und zu Hause richtig traurig. Sie hat sich stark auf Mim gestützt, aber eine beste Freundin ist kein Liebhaber, und den brauchte Mutter. Zu Hause war sie trübsinnig … und dann griff sie zur Flasche.«
»Nun …« Miranda zögerte sichtlich, ihr Bild von Marylou Valiant zu revidieren. »Wenigstens hat sie sich immer wie eine Dame benommen.«
Harry verschränkte die Arme. »Du hast meine Frage noch nicht beantwortet. Wozu brauchst du hundert Dollar?«
»Weil ich bei Mickey Townsend Pokerschulden habe, vom Abend vor dem Rennen«, platzte sie heraus.
»Kann er nicht warten?« Miranda war neugierig.
»Mickey ist ein prima Kerl. Ich wünschte, Mutter hätte ihn geheiratet. Aber wenn es um Poker geht, ich meine, es ist ernst.« Sie rieb Daumen und Zeigefinger aneinander.
»Komm, komm, würde er dich nicht hundert Dollar an den Pferden abarbeiten lassen, die er gebracht hat?« Harry wartete darauf, dass sie die Karten aufdeckte.
»Ich hab ihn nicht gefragt.«
»Addie, ich glaube dir kein Wort!« Harry fand, dass sie den Punkt der Spitzfindigkeiten längst überschritten hatten. Mickey war eine faule Ausrede.
»Ich schulde Mickey wirklich hundert Dollar. Ich will einfach davon runter. Und ich will nicht, dass Arthur dahinterkommt.«
»Mickey wird es ihm nicht erzählen.« Mrs Hogendobber sprach aus, was auf der Hand lag, aber das machte auf die junge Frau keinen Eindruck.
Harry schoss aufs Geratewohl eine Frage ab: »Und wie viel schuldete Nigel Mickey wirklich?«
Ohne zu überlegen, antwortete Addie: »Ungefähr zweitausend. Er hätte es beglichen, denn er hat Linda und Will ein Kilo abgenommen -«
»Ein Kilo!«, rief Harry aus.
»Ja, er dachte, er könnte es verschneiden und dann verkaufen und eine Menge Geld verdienen.« Addie merkte, dass sie die Katze aus dem Sack gelassen hatte. »Erzählt das bloß nicht Sheriff Shaw oder Deputy Cooper!«
»Das könnte mit dem Fall zusammenhängen«, entgegnete Mrs Hogendobber folgerichtig.
»Warum hat denn kein Mensch das Kilo erwähnt? Wo zum Teufel ist es? Wer immer ihn getötet hat, hat es vermutlich eingesackt und bereichert sich daran.« Harry fuchtelte mit den Händen in der Luft, entsetzt, dass Addie eine so wesentliche Tatsache zurückgehalten hatte.
»Ich hab es.« Ihre Stimme war dünn.
»Was?«, fragten Menschen und Tiere im Chor.
»Mein Gott, Adelia, du bist verrückt. Menschen haben für weniger als ein Kilo Kokain gemordet, und du weißt, dass Linda und Will dir bald auf den Fersen sein werden.« Harry war außer sich.
»Sind sie schon.« Sie stützte den Kopf in die Hände. »Ich habe es in meinem Safe in der Crozet National Bank deponiert, als Nigel mich bat, ihm zu helfen. Sonst weiß es niemand. Der Sheriff von Orange County und Rick haben seinen Wagen und seine Unterkunft durchkämmt. Nichts. Sauber. Linda weiß, dass die Polizei das Koks nicht gefunden hat. Sie will das Zeug zurückhaben.«
»Das kann ich mir denken!«, entfuhr es Harry.
»Sie sagt, sie wird mich erpressen, wenn ich es nicht zurückgebe. Sie sagt, niemand wird glauben, dass ich nichts mit dem Drogenhandel zu tun habe, und wenn ich
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