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Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition)

Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition)

Titel: Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Kelsey Moore
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Schon war ein Name geboren.
    Barbara Jeans Haus befand sich in der schlimmsten Straße des schlimmsten Viertels von ganz Leaning Tree. Ihr Haus war nur acht Häuserblocks von Clarices entfernt und fünf von Odettes. Aber als sie in Barbara Jeans Straße bogen, betrachtete Clarice die Umgebung und dachte, dass sich dieser Ort genauso gut auf der dunklen Seite des Mondes befinden könnte. Denn er hatte sehr wenig gemeinsam mit der angelegten Mittelklasseordnung ihrer eigenen Straße oder dem malerischen Charme von Odettes altem Bauernhaus mit seinen aufwändigen achteckigen Fenstern und dem bogenförmigen Palisadenzaun. Den hatten sie Odettes Vater zu verdanken, der Tischler gewesen war. In diesem Viertel dagegen lebten die Leute in winzigen Schuhschachteln mit windschiefer und abgesplitterter Hausverkleidung, abblätternder Farbe und ohne Regenrinnen. Lärmende, krausköpfige Kinder tollten nackt über Rasenflächen, die hauptsächlich aus Erde mit nur vereinzelten Grasflecken bestanden.
    Barbara Jeans Haus war zwar das beste in ihrer Straße, aber das hatte nicht viel zu bedeuten. Es war eine kleine Hütte, dessen Farbe zu einem kreidigen Hellbraun verblasst war. Dieses Haus war bloß deshalb besser als die der Nachbarn, weil, anders als bei allen anderen Häusern der Straße, alle Fenster intakt zu sein schienen.
    Odette ging die zwei Stufen vom Gehweg zum Eingang hoch und klingelte. Niemand machte auf, und Clarice sagte: »Komm, lassen wir’s einfach auf der Treppe stehen und verschwinden.« Aber Odette begann mit der Faust gegen die Tür zu hämmern.
    Ein paar Sekunden später wurde die Tür gerade so weit geöffnet, dass Clarice und Odette einen großen Mann mit roten Augen und fleckig graubrauner Gesichtshaut sehen konnten, der sie anstarrte. Seine Nase war platt und krumm, als wäre sie ein paar Mal gebrochen gewesen. Er hatte keinen erkennbaren Hals, und der Großteil seines Gesichts wurde von einem ungewöhnlich breiten Mund eingenommen. Sein Hemd spannte sichtlich über seinem Bauch. Doch die Krönung seiner gesamten Erscheinung war sein Haar, das er geglättet und mit so viel Lack besprüht hatte, dass es aussah wie die Perücke eines Elvis-Presley-Halloweenkostüms.
    Er blinzelte gegen das Sonnenlicht und fragte: »Was wollt ihr?« Seine Worte zischten durch eine Lücke zwischen seinen Vorderzähnen.
    Odette hielt die Schachtel hoch und sagte: »Das schickt meine Mutter für Barbara Jean.«
    Da öffnete der Mann die Tür ganz. Sein Mund dehnte sich zu einem breiten Grinsen, bei dem es Clarice kalt den Rücken hinunterlief und sie das ungute Gefühl packte, er würde gleich ein Stück von ihr abbeißen. Sie war erleichtert, dass sie nun endlich die Schachtel abgeben und dann machen konnten, dass sie aus diesem Viertel verschwanden. Doch der Mann trat zurück ins Dunkel hinter dem Eingang und sagte: »Kommt rein.« Dann rief er: »Barbara Jean, hier sind Freunde für dich.«
    Clarice wäre lieber auf der Treppe stehengeblieben und hätte gewartet, dass Barbara Jean herauskam, aber Odette ging bereits durch die Tür und gab ihr ein Zeichen, dass sie ihr folgen sollte. Als sie das Wohnzimmer betraten, sah Barbara Jean sie überrascht und peinlich berührt darüber an, dass da zwei Mädchen aus der Schule, die sie kaum kannte, in ihr Haus marschiert kamen.
    Barbara Jean trug noch die Sachen von der Beerdigung heute, einen zu engen schwarzen Rock und eine anliegende glänzend schwarze Bluse. Schamlos, dachte Clarice. Auf dem Weg zu Barbara Jean hatte sie sich selbst eingestanden, dass es das einzig Richtige war, diese Mission des Mitgefühls zu erfüllen. Doch als sie nun im Stillen Barbara Jeans anzügliche Trauerkleidung kritisierte, drängte sich eine andere Seite von Clarices Wesen in den Vordergrund, und sie begann sich voller Ungeduld auszumalen, wie sie ihrer Mutter und ihrer Cousine Barbara Jeans Aufmachung schildern würde. Ihre Reaktionen darauf wären unbezahlbar.
    Das Wohnzimmer war voller protziger, verschnörkelter Möbel, die alle ihre Glanzzeiten bereits hinter sich hatten. Bei jedem Schritt knirschte ein Plastikläufer unter ihren Füßen, der den hellorangen Teppich schützte. Der Raum sah aus, als hätte einmal jemand mit etwas Geld, aber wenig Geschmack und Vernunft hier gewohnt und beim Auszug all seinen Krempel dagelassen.
    Odette ging auf Barbara Jean zu und hielt ihr die Schachtel entgegen. »Unser herzliches Beileid. Das hier schickt dir meine Mama. Es ist ein

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