Muenchen Blues
ein Presslufthammer. Fakt war, dass sich meine Fingerabdrücke in Adis Laden gefunden hatten, dass Trümmermuttchen aussagen konnte, wann ich mich dort aufgehalten hatte, und im Übrigen trug ich ja noch die geschwollene Fresse spazieren, die mir Adi poliert hatte. Ein Streit, eine gewalttätige Auseinandersetzung, ein Schuss – Aktendeckel zu, Fall gelöst.
Ich gab zu bedenken, dass zwei entscheidende Dinge fehlten: ein Motiv und die Schusswaffe.
– Na schön, sagte Maier zwo. Dann erzählen Sie uns Ihre Geschichte.
Das tat ich. Ich ließ nichts aus. Unser Urlaub und die Rückkehr. Der Brief mit dem Hinweis auf Adi und Zwicklhuber. Der verschwundene Hausrat, samt elektronischer Teile. Julius’ Telefonate. Die Entsorgungsfirma Schilcher und die wiedergewonnenen Habseligkeiten. Da waren Namen und Adressen dabei, da ließ sich eine Menge nachprüfen. Nur eines erzählte ich nicht: die Sache mit dem Exposé.
– Alles gekauft, Gossec, sagte Müller. Das klingt nicht schlecht, bis auf den einen Punkt: Warum sind Sie noch mal zu Bärnbichl zurückgekommen?
– Die Wohnung. Julius Balser ist nach wie vor ohne Wohnung. Das ist doch die Hauptsache. Darum wäre es gegangen.
Maier jammerte.
– Wenn wir das nur glauben könnten!
Die beiden sahen sich an, Müller nickte.
– Okay, sagte Maier, hören Sie zu, Gossec. Wir haben bei Bärnbichl alles gefunden, was dem Herrn Staatssekretär bei seinem Oktoberfestbesuch abgenommen worden ist. Handy, Brieftasche, Kreditkarten.
– Auch das Exposé, von dem Sie sprachen?
– Das eben nicht.
Müller ging um seinen Schreibtisch herum und ließ sich auf den Stuhl fallen. Seine Lederjacke hatte er abgelegt. Er trug ein blaues Hemd mit braunem Pullunder. Der Halfter seines Schultergurts war rechts angebracht, er war also Linkshänder. Auf seinem Schreibtisch stand ein Namensschild. Danach hieß er Kostas Simitzis. Du meine Güte, verwirren lassen wollte ich mich nun auch nicht mehr. Für mich blieb er Müller fünf.
Maier, der offenbar im Ausbildungsfach »Bedenken tragen« mit summa cum laude abgeschlossen hatte, furchte die Stirn, fasste mit den Fingerspitzen an seine Schläfen wie an eine heiße Herdplatte und knetete dann doch einen frei in der Luft hängenden großen Hefeteig.
– Wenn man, sagte er, das alles hin und her wendet, dann tauchen doch überraschende Zusammenhänge auf. Dr. Hirschböck wird bei Ihnen gefunden. Sie geraten an Bärnbichl. Der wiederum hat die gestohlenen Sachen. Da fehlt doch was! Da muss doch noch was kommen von Ihnen, Gossec.
– Worum geht es denn in dem Exposé?, fragte ich.
Müller grinste.
– Der Dumme fragt, oder wie? Gossec, wir klären Geheimnisverrat auf und begehen nicht welchen. Was sagen Sie zu den Ausführungen meines Kollegen.
– Das stimmt. Da fehlt was.
– Na also, seufzte Maier. Geben Sie sich einen Ruck.
– Aber ich bin nun mal für das befriedigende Ende dieser Geschichte nicht zuständig. Ich kann nur erzählen, was war. Sie haben meine Wohnung jetzt schon zweimal durchsucht. Resultat: null! Sie werden bei mir auch künftig keine Tatwaffe finden, und wenn Sie die gefunden haben, wird sie andere Fingerabdrücke als die meinen aufweisen. So, Freunde, das war’s, mehr habe ich nicht im Kreuz.
Müller bewegte mahlend seinen Unterkiefer, Maier trug seine Bedenken von einer Ecke des Zimmers in die andere.
– Unterschreiben Sie Ihre Story noch, und dann zischen Sie ab, Gossec.
– Mit Vergnügen, antwortete ich.
Eine halbe Stunde später stand ich unten auf der Marsstraße. Ich wollte zu Fuß gehen, um meinen Kopf richtig durchzulüften. Irgendwie musste man sich ja den ganzen Müll aus dem Schädel schaufeln. Vielleicht kam ich endlich auf einen vernünftigen Gedanken.
16
Schon als ich über die Hackerbrücke stiefelte, war mir eines vollkommen klar: Julius musste weg. Meine Schwierigkeiten waren noch nicht ausgestanden, da kam noch was nach. Wenn ich an diesen Trauerkloß dachte, war mir zumute, als hätte ich mit Türkischem Honig poussiert. Alles pappig. Er schränkte meine Bewegungsfreiheit ein, ich fühlte mich durch ihn behindert. Wenn ich Ärger habe, löse ich das auf eigene Faust und muss nicht dabei kuscheln. Außerdem ging es ja ohnehin nicht um mich, sondern um ihn. Ich versuchte, ihm zu helfen, und das funktionierte am besten, wenn er Leine zog. Die Frage war nur, wie ich ihm das beibrachte.
Hätte ich diesen Entschluss nicht schon vorher gefasst, wäre diese Entscheidung spätestens zu Hause
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