München Manhattan #1
Charlotte den Zettel absichtlich hinterlassen? Zuzutrauen war es ihr ja!
Sophie starrt in Luft. Sie ist ratlos. Was soll sie tun? Sie muss erst mit Peter reden. Sie muss Zeit schinden.
Sie fängt mit zitternden Fingern an zu tippen. Das Lügen geht weiter.
BIN IN EINER BESPRECHUNG.
ERST IN 3 STUNDEN WIEDER ZUHAUSE.
MELDE MICH.
HAB DICH LIEB.
„Ihr Auto ist fertig!“, ruft der Werkstattbesitzer ihr zu.
***
FINANZKRISE
MÜNCHEN. MONTAG 20 UHR
Susanna lässt das warme Duschwasser über ihr Gesicht laufen. Einen Moment Ruhe. Endlich einen Moment allein. Sie steht schon geschlagene zehn Minuten bewegungslos an derselben Stelle. In ihrem Kopf überschlagen sich ihre Gedanken … Anna … Geld … Lügen … Hedgefond . Und dann ganz schnell wieder: Anna.
Ihre kleine Prinzessin. Bis jetzt hat sie immer gedacht, der schönste Augenblick ihres Lebens sei der Moment gewesen, als ihr Anna nach der Geburt auf den Bauch gelegt worden war.
Wie schnell sich die Dinge doch ändern. Wie bescheiden man doch im Angesicht echter Ängste wird. Wie wunderbar es gestern Abend doch gewesen war, als die Ärzte die Entwarnung ausgesprochen hatten.
Anna bräuchte ab jetzt nur Ruhe und sie würde bald wieder ganz die Alte sein. Was für ein Glück.
„Mama?“ Ganz zaghaft hatte Annas Stimme geklungen.
„Ja, mein Engel. Ich bin hier.“ Susanna hatte sich auf den Hocker neben das Krankenbett gesetzt.
„Mein Kopf … Es tut so weh.“ Anna waren einige Tränchen die Wangen hinuntergekullert. Susanna hatte sie mit dem Zeigefinger aufgefangen und geküsst.
„Wünsch’ dir was, mein Schatz.“
Das war ein ganz alter Familienbrauch. Jedes Tränchen bringt auch gleichzeitig eine neue Chance. Anna hatte ganz fest Susannas Hand gedrückt und war dann wieder eingeschlafen. Man hatte sehen können, dass es ihr besser ging.
Susanna hätte gedacht, dass sie nach dem Druck und den Ängsten der letzten Tage in Freudentränen ausbrechen oder aber zusammenklappen würde. Aber nichts davon war passiert. Gar nichts. Als wäre sie aus Stein.
Erst heute Morgen hatte sie die unendliche Erleichterung gespürt und da waren die Tränen dann gekommen. Anna konnte sogar einmal den Flur auf- und ablaufen. Einen Tag muss sie zwar noch zur Beobachtung im Krankenhaus bleiben, aber das würden sie auch noch schaffen.
Susanna dreht das heiße Wasser der Dusche ab. Es prasselt eiskalt auf sie herab. Sie atmet heftig – ihr Herz pumpt wie verrückt. Irgendwie muss sie wach werden. Sie muss es schaffen, all’ ihre Sinne scharf zu stellen. Unten im Wohnzimmer sitzt ihr Mann und will ihr alles erklären.
Sie trocknet sich ab und überlegt was sie anziehen soll.
Vielleicht passt mir jetzt nach diesem ganzen Stress der letzten Tage endlich wieder meine Lieblingsjeans.
Diese Hose hat sie seit drei Jahren nicht mehr angehabt. Seit Toms Geburt hat sie immer noch fünf Kilo zu viel auf den Rippen. Sie holt das gute Stück aus dem Schrank und zwängt sich rein. Ja! Der Knopf geht sogar wieder zu. Sie betrachtet sich im Spiegel und seufzt.
Das geht überhaupt nicht. Mein Bauch quillt wie Wackelpudding über dem Hosenbund. Wirklich Luft bekomme ich auch nicht. Es ist doch zum Heulen. Werde ich jemals meine alte Kleidergröße wiederhaben?
Frustriert schlüpft sie wieder in eine ihrer sogenannten Übergangshosen, die mittlerweile ihre Dauerbegleiter geworden sind.
Ich werde mich nicht von ihm einwickeln lassen … Erst spielt er hier seit einigen Monaten den Macho-Arsch, dessen Ego fast nicht durch die Tür passt und jetzt möchte er mein Mitgefühl.
Sie geht die Treppe runter ins Wohnzimmer.
***
ÄRGER MIT McSEXY
MANHATTAN. MONTAG 14 UHR
Heute Abend wird er wieder da sein. Peter – ihr treuloser Ehemann. Freut sie sich auf ihn? Sie weiß es nicht so recht. Beim Gedanken an ihn zieht sich ihr Magen zusammen und sie hat Herzklopfen. Es fühlt sich ein bisschen wie ganz am Anfang ihrer Beziehung an: Dieses total frisch verliebte ‚Schmetterlinge im Bauch haben’ aber auch ein bisschen wie das Gefühl damals in der Toskana, als er ihr eröffnet hatte, dass er einen Job in New York annehmen würde und sie geglaubt hatte, ihn damit zu verlieren. Irgendwie zwischen Liebe, Angst und Wut.
Ob sie jemals wieder das unbeschwerte Paar sein können? Ob sie ihm je wieder vertrauen kann?
Fragen über Fragen und sie hat keine Antwort darauf. Erstmal muss er ehrlich mit ihr sprechen. Sie müssen über seine Affäre reden. Warum er
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