München Manhattan #1
Anna, oder? Ich komme einfach nachher vorbei, so gegen sieben? Und du lässt dir einfach so viel Zeit wie du brauchst und löst mich dann irgendwann im Krankenhaus wieder ab. Du, ich muss auflegen. Tschüss … Und gib Anna ein Küsschen von mir. Bis später.“
Sie klappt ihr Handy zu. Ein Glück gibt Susanna ihr keine Schuld an Annas Unfall. Wo sie doch nur wegen ihr so wütend aus der Wohnung gestürzt ist.
Jetzt muss sie nur noch ein paar kleine Besorgungen machen und das Abendessen vorkochen bevor sie ins Krankenhaus geht. Auch wenn es nur Alltagskochen für Gavin und die Kinder ist – trotzdem freut sich Sophie darauf. Kochen ist schon immer ihre Leidenschaft gewesen. Egal wo sie sitzt und steht, fliegen ihr Ideen für innovative Gerichte zu. Sie ist bekannt für ihre einzigartigen Kreationen, die so aussehen, als könnte man sie an jedem x-beliebigen Wochentag ohne viel Aufwand zusammenstellen. Das ist ja die Kunst. Edle Speisen, aus besonderen Zutaten, für Menschen, die gerne ihren Gaumen verwöhnen. Ohne den Firlefanz.
Und so vorbereitet, dass man es tatsächlich nachkochen kann, ohne dass man erstmal 200 Euro im Feinkostladen lassen muss, oder die Küchenausstattung um exotische Gewürze erweitern muss, von denen man bisher noch nie was gehört hat.
Sophie zückt ihren Notizblock und ihren silbernen Kugelschreiber, der schon ihrer Großtante gehört hat.
Pecorino – aber geschmolzen – mit frischem Rucola, dazu ein schönes Olivenöl …
Bling ! SMS.
Sophie klappt ihr Handy wieder auf. SMS von Kristin. Ihr schwant nichts Gutes. Natürlich sind sie und Kristin sich durch Annas Unfall wieder ein wenig näher gekommen. Sie hat ihr auch das mit der Falschaussage vor Gericht gebeichtet. Aber Kristin war trotzdem nicht wirklich besänftigt gewesen.
Wenn sie an die Zeit damals zurückdenkt, in der die ganze Verstrickung mit Charlotte losging, wird ihr immer noch ganz schlecht.
Charlotte hat damals, ohne mit der Wimper zu zucken, meine katastrophale Situation ausgenutzt. Ich hatte kein Geld, Thomas war weg, ich wusste nicht, wie ich die Miete weiter bezahlen sollte. Und eine kometenhaften Karriere-Perspektive hatte ich auch nicht in Aussicht. Was hätte ich denn tun sollen?“
Sophie beugt den Kopf und hält sich das Handy an die Stirn. Sie ist verzweifelt. Alles scheint sich zu drehen. Nichts ist mehr klar. Sie fühlt sich als wären ihre Gefühle auf einer Achterbahn und eines der Gleise würde mitten im Looping unter ihr wegbrechen.
Wieso muss auf einmal alles so kompliziert sein?
HABE ZETTEL IN WOHNUNG GEFUNDEN.
TEXT: DEINEN ENTSCHLUSS SOLLTEST
DU BESSER NOCHMAL ÜBERDENKEN!
HAT DAS CHARLOTTE GESCHRIEBEN
UND WEISST DU WAS DAS
BEDEUTEN KANN? BITTE HILF
MIR! PETER WEICHT AUS. UND
JEAN PAUL FINDET ICH BIN
FAST NICHT MEHR ZU RETTEN.
Oh Gott! Und auch gleichzeitig – Oh Mann! Genau das ist ja das Dilemma: Ihre liebe Freundin Kristin und ihr Stylist Jean Paul. Überhaupt das ganze Leben von Kristin. Glitzer und Glamour, mit dem erfolgreichen Mann, der Berge von Geld verdient. Die schicke Wohnung in Manhattan, die Privatschule für Elisa inklusive Ballettunter richt bei Madame Gurs hnikova , die ganzen Klamotten, der tolle Job in der Galerie …
In so vielen Bereichen hat es Kristin leichter als sie. Geldsorgen? Die kennt Kristin doch gar nicht. Und dazu noch dieser tolle Mann.
Oh nein. Ich darf nicht so über Peter denken. Das ist schon so lange her.
Aber wie soll sie Kristin helfen, ohne dass sie sich selber schadet? Wie kann sie ihr sagen, dass sie Charlotte hinter Peters Ärger im Büro vermutet? Wie kann sie erklären, dass sie von Peters beruflichen Schwierigkeiten weiß, ohne dass Kristin stutzig wird? Wie kann sie ihrer Freundin erklären, dass sie fast täglich mit Peter E-Mail-Kontakt hat?
Peter hat ihr schon vor langer Zeit klar gemacht, wie sehr er seine Frau liebt und wie wenig er an ihr als Frau interessiert ist. Und obwohl diese Grenze klar abgesteckt ist, haben es beide schon lange für besser befunden, dass Kristin nichts von ihrer Freundschaft weiß.
Kristin mit ihren ganzen Allüren und ihren komplizierten Einstellungen und Gefühlsausbrüchen – das ist beiden zu heikel gewesen.
Wie konnte Peter nur so blöd sein? Ein Zettel in der Wohnung? Von Charlotte? Wo er doch wusste, dass Kristin irgendwann dort aufschlagen würde? Oder war der Zettel am Ende gar nicht von Peter ‚aus Versehen‘ in der Wohnung gelassen worden? Steckte noch mehr dahinter? Hatte
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