München Manhattan #1
sieht das natürlich anders aus. Und du sagst, Sophie hat ihr da damals rausgeholfen?“
„Ja, das hat sie. Wundert mich, dass sie dir das nie erzählt hat“, sagt Kristin spöttisch.
„So eng sind wir anscheinend doch nicht.“
„Und warum wollte sie dann nicht, dass ich von eurer Mailfreundschaft weiß?“
„Das weiß ich doch nicht. Ihr Frauen tickt doch irgendwie anders. Sophie ist einfach eine alte Freundin von mir. Das weißt du doch. Das verbindet halt, wenn man während des Studiums in einer WG gewohnt hat. Und seitdem ihr seltsamer Ehemann weg ist, fragt sie mich halt oft um Rat.“
„Um was für einen Rat denn bitte?“ Kristin wird bei der Vorstellung, dass ihre Freundin hinter ihrem Rücken bei ihrem Mann in allen Lebenslagen Rat sucht, ein wenig übel. Gerade Sophie, die verschlossen ist wie Fort Knox. Was will sie denn von ihrem Mann?
„Ach, völlig harmlos. Sie will oft Rat wegen ihrer Jungs. Ist doch logisch. Der Mann ist weg – irgendwo in Tibet – und Gavin – na ja, der ist ja sehr nett, aber der ist nun mal kein Vater. Der hat ja keine eigenen Kinder. Da fragt sie eben oft mich, was sie tun soll.“
Ach so, er spielt den Ersatzvater, und sie soll davon nichts wissen. Sophie ist ihr immer mehr ein Rätsel. Aber Peter scheint das auch nicht wirklich zu interessieren.
„Kristin, noch mal zurück zu dieser Stalking Geschichte. Wieso hat Sophie für Charlotte falsch ausgesagt? Das ist doch strafbar!“
Kristin bekommt auf einmal eine Gänsehaut: Stalking und Charlotte. Jetzt erscheint die Geschichte für sie in einem ganz anderen Licht. Was ist, wenn dieser andere Mann und seine Familie sich genau in ihrer Situation befunden haben? Wird Sophie Charlotte auch dieses Mal wieder in Schutz nehmen? Wird es ihr und Peter so gehen wie den O’Sullivans?
„Kristin?“ Peter schaut sie immer noch fragend an.
„Sophie brauchte damals dringend Geld. Sie war gerade von ihrem Mann verlassen worden und stand mit den zwei Kindern und keinem Pfennig in der Tasche da. Charlotte hat ihr wohl für diese Aussage viel Geld gegeben“, antwortet Kristin.
„Aber warum hat sie denn damals nicht uns um Geld gebeten? Wir sind doch ihre Freunde“, wundert sich Peter.
„Ja, das verstehe ich auch nicht.“
***
NO WAY OUT
MÜNCHEN. SONNTAG 14 UHR
Susanna und die Kinder stehen am Rehgehege im Wildpark Poing. Sie friert sich den Hintern ab. Aber für die Kinder ist es toll, die haben ja auch Wollstrumpfhosen und Goretex -Boots an. Sie füttern liebevoll und geduldig jedes Reh, das ihnen über den Weg läuft.
Gut, dass wir hergefahren sind.
Susanna lächelt das erste Mal an diesem Sonntagmorgen als sie zu ihren Kindern hinübersieht. Überhaupt ist dieser Wildpark eine tolle Einrichtung: Für nur ein paar Euro können die Kinder hier zu jeder Jahreszeit heimische Tiere hautnah erleben. Soweit sie weiß, wurde das gesamte Areal der Stadt München von einer reichen adligen Familie geschenkt. Die Hirsche, Ziegen und Rehe waren gleich mit im Paket dabei.
So viel Geld zu haben, dass man einen halben Landstrich verschenken kann – wie wunderbar wäre das.
Ja, das liebe Geld. Warum hat Robert nur in diesen Hedgefond investiert? Warum hat er alles auf eine Karte gesetzt? Doch nur, weil er sich minderwertig fühlt. Als könne er mir nicht das Leben bieten, das ich mir wünsche. Nichts gegen Luxus, aber was ich wirklich will, versteht er einfach nicht. Und ich Vollidiot habe parallel zu ihm eingekauft, als ob wir Geld im Überfluß hätten. Was habe ich mir nur gedacht? Ich habe angenommen, dass bei seinem Gehalt meine Ausgaben schon irgendwie bezahlt werden können. Aber jetzt?
Die Kinder füttern die freilaufenden Hühner. Sie sind schon fast an dem kleinen Kiosk angekommen. Sie haben sicher Hunger.
„Anna, Tom, kommt mal her! Ich spendier ’ eine Runde Wiener Würstchen und Limo!“
Ihre Kinder laufen auf sie zu, die kleinen Näschen ganz rot von der Kälte, ihr Lächeln so breit und offen, dass Susanna das Herz aufgeht. Was hat sie doch für eine wunderbare Familie.
Sie muss Robert davon überzeugen, dass alles gut wird. Sie muss einen Weg finden, dass er nicht mehr sauer auf sie ist.
Gestern war er ja morgens gleich ins Büro verschwunden und erst gegen Abend wiedergekommen. Wortlos hatte er sich ins Arbeitszimmer verkrochen und sie keines Blickes mehr gewürdigt. Und heute Morgen war er schon wieder weggefahren. Sie muss heute mit ihm reden. So geht es nicht weiter. Susanna tippt in ihr
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