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MUH!

MUH!

Titel: MUH! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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schluckte, wie viel Tage würden wir Kühe wohl so eine Reise durchhalten? Acht? Neun? Höchstens zehn.
    «Mehr als zehn?», fragte ich vorsichtig.
    «Ich schätze, etwas mehr.»
    «Wie viel ist etwas?», fragte ich vorsichtig.
    «Och, vielleichte so drei Vollmonde.»
    «DREI VOLLMONDE?!?», rief ich entsetzt.
    Die anderen schauten mich überrascht an.
    «Was ist drei Vollmonde?», wollte Hilde wissen.
    «Ähem», flunkerte ich hastig, «Giacomo meinte, in Indien kann man drei Vollmonde sehen.» Das war zwar eine ziemlich blöde Ausrede, aber etwas anderes fiel mir auf die Schnelle nicht ein. Ich durfte den anderen einfach nicht sagen, dass es so lange dauern würde bis nach Indien. Würde ich es tun, würden sie all ihre Hoffnung verlieren, so wie ich es gerade tat.
    «Drei Monde», wollte Hilde von mir wissen, «wie geht denn das?»
    «Naia hat da noch viel mehr von ihrem Käse in den Himmel geworfen», flunkerte ich weiter und führte dabei die Gotteskuh ins Felde, von der ich mir gar nicht mehr so sicher war, ob sie überhaupt existierte.
    Radieschen sagte anerkennend: «Deren Euter waren echt produktiv.»
    Die anderen hatten meine Ausrede geschluckt, immerhin. Doch während Susi in kurzen Abständen «Wie lange noch?», «Wann sind wir denn genau da?» und «Was macht man eigentlich gegen qualmende Hufe?» nölte, fragte ich mich, wie wir es wohl drei Vollmonde miteinander aushalten sollten, geschweige denn so lange in der Welt der Menschen zu überleben. Während meine Hoffnung endgültig verflog, zog es wieder heftig in meinem Beckenbereich. Es sollte nicht das letzte Ziehen für heute bleiben. Oder in meinem Leben.

Kapitel 18
    Susi wurde mit jedem Schritt leiser und langsamer. Hilde murrte vor sich hin, weil wir wegen Susi nicht schnell genug vorankamen. Die Einzige, die bei unserer Wanderung regelrecht aufblühte, war Radieschen. Die Audoos flößten ihr keinerlei Angst mehr ein, und sie befragte Giacomo über all die neuen, faszinierenden Dinge, die uns begegneten. Er erläuterte ihr, was Windräder waren (doof für Vögel), was Windschutzscheiben waren (doof für Insekten) und was Atomkraftwerke (doof für alle Beteiligten). Er erklärte ihr, was Rocker sind (unter den Haaren sind das Menschen) und was Motorräder (Dinge, die man nicht freihändig benutzen soll. Und, nein, eine Kuh sollte damit auch nicht fahren). Da erblickte der Kater wieder eines jener gelben Schilder und verkündete: «Nur noch funf Kilometer bis die Cuxhave!»
    «Wo hast du eigentlich gelernt», wollte ich nun von ihm wissen, «diese Zeichen der Menschen zu entziffern?»
    «Bei meine Frauche», antwortete Giacomo wehmütig. «Sie hatte immer laut aus die Bücher vorgelese, und ich lag dabei auf ihre Schulter und habe mir die Buchstabe angesehe …»
    «Was ist ein Frauchen?», unterbrach ich, froh, dass ich mich etwas ablenken konnte von der Tatsache, dass Indien unerreichbar schien.
    «Der Mensch, dem ich gehörte.»
    Der Kater war also auch wie wir im Besitz eines Menschen gewesen. Wenn das allen Tieren so erging und das die natürliche Ordnung der Welt darstellte, war die Natur ganz schön unnatürlich.
    «Futterte dein Frauchen auch Kühe?», wollte ich wissen.
    «Nein, sie aß keine Fleische.»
    «Etwa nur Gras?»
    «Nein, mit Gras sie machte etwas anderes.»
    «Und was?»
    «Rauche.»
    Das erstaunte mich dann doch.
    «Und meine Frauche liebte die psychedelische Pilze. Sie hatte sie mit mir geteilte, und wir kicherte dann immer die ganze Nachte hindurch und sahe wunderschöne Farbe …»
    Das klang wie die Pilze auf unserer Außenweide.
    «Ich habe mein Frauche verlore, und das war einzige und alleine meine Schuld», der Kater begann zu schluchzen, und ich spürte, wie seine Tränen auf mein Fell tropften. Es schien mir unhöflich, ihn zu fragen, was er genau getan hatte, um sein Frauchen zu verlieren. So ging ich schweigend weiter. Selbst, als er laut und feucht in mein Fell schnäuzte, sagte ich nichts und ließ ihn einfach gewähren. Die Einzige von uns, die jetzt noch glücklich und zufrieden erschien, war Radieschen.
    «Dir geht es gut?», fragte ich und wünschte mir, dass ich mich auch so fühlen könnte.
    «Wir sind zusammen, wir leben und die Sonne scheint … was will man mehr?»
    «Sicherheit … Liebe … Glück …», antwortete ich sehnsüchtig.
    «Weißt du, was meine Oma Hamm-Hamm immer gesagt hat?»
    Susi ätzte von hinten: «Nennt mich nicht immer Hamm-Hamm?» Für Gemeinheiten reichte ihre Kraft noch.
    «Das

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