Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mundtot nodrm

Mundtot nodrm

Titel: Mundtot nodrm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
Vom Netzwerk:
ließ es sich nicht anmerken, wie sehr ihn dieser Hinweis traf.
    »Diese Gruppierung«, fuhr die Frau fort, »scheint Ihre Thesen nicht gerade – na, sagen wir mal – sehr positiv zu bewerten. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, dass mit ›Barbarossa‹ der rotbärtige Stauferkaiser gemeint ist.« Alle Blicke waren jetzt auf die Frau gerichtet. Auch Moderator Mühlheimer vermochte mit diesem geheimnisvollen Hinweis nichts anzufangen.
    »›Rotbart‹ wird er auch genannt«, fuhr die Journalistin fort. »Soll also ›Barbarossa‹ ein Hinweis auf Ihre politische Zielrichtung sein? Rot? Extrem rot, Herr Bleibach?«
    Der Angesprochene spürte, wie seine innere Gelassenheit wich. Sie wollten ihn mit allen Mitteln verächtlich machen. Gleich würde er in die Ecke des Kommunismus gedrängt. Er blieb regungslos, um seinen Zorn nicht ungewollt durch die Körpersprache sichtbar werden zu lassen.
    Die haben doch keine Ahnung, hämmerte es in seinem Kopf. Was wissen die schon von ›Barbarossa‹ und was dahintersteht? Ein Dummer-Jungen-Streich nach einem Musical. War die Drohung also doch durchgesickert. Vermutlich hatte die Journalistin bereits Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um irgendwelche Hintergründe zu recherchieren.
    Bleibach hatte die Dame ausreden lassen und auf eine Reaktion der anderen Diskussionsteilnehmer gewartet. Doch diese schienen mit den Andeutungen nichts anfangen zu können.
    »Mir scheint«, sagte Bleibach schließlich, »dass es wenig dienlich ist, Gruppierungen, die sich hinter Decknamen verstecken, mit dieser Talkshow ein Forum vor einem Millionenpublikum zu bieten.« Er schwieg einen Atemzug lang, ohne unterbrochen zu werden. Dann sprach er ruhig weiter, als handle es sich um einen Vortrag in einem Seminar für Diplomaten. »Wir sollten auf dem Acker der Gemeinsamkeit nicht tiefer schürfen, als es notwendig ist. Denn je tiefer wir pflügen, desto mehr Maulwürfe kommen zum Vorschein. Die Frage ist doch, ob es Sinn macht, sie zu vertreiben, oder ob es nicht besser ist, sie und ihre Ziele genau zu kennen.«
    »Ein schönes Schlusswort«, beschied Mühlheimer, als habe er darauf gelauert, die Diskussion zu einem Ende bringen zu können.

39
     
    »Da haut’s dir’s Blech weg.« Wenn Mike Linkohr dies sagte, war es sein Ausdruck allergrößten Erstaunens. Grund genug gab es an diesem Vormittag, als er mit Häberle an einer Besprechung mit Direktionsleiter Baldachin teilnehmen durfte. So etwas kam zwar hin und wieder vor – aber die Neuigkeit erforderte pragmatisches Vorgehen. Häberle hatte deshalb den jungen Kriminalisten kurzerhand mit in Baldachins Büro gebracht, wo der stets korrekt uniformierte oberste Chef hinter seinem Schreibtisch thronte und von dort aus bisweilen auch den einen oder anderen Untergebenen abkanzelte, falls dieser gerade vom Dienstsport kam und nur mit dem Trainingsanzug bekleidet bei ihm erschien.
    Er legte den beiden Beamten, die am Besprechungstisch Platz genommen hatten, ein Schriftstück vor, dessen Brisanz ihnen allen klar war: Joanna Malinowska hatte bei der Kriminalpolizei in München zu Protokoll gegeben, dass sie im Juli 1995 von Steffen Bleibach vergewaltigt worden sei. Die Frage, weshalb sie dies erst jetzt anzeige, begründete sie damit, dass sie noch immer unter den Folgen dieser Erniedrigung leide und ihre psychischen Probleme zugenommen hätten, seit sie ihren damaligen Peiniger nun nahezu täglich in der Zeitung oder im Fernsehen sehe. Sie habe sich ihren Schritt lange überlegt und sei sich auch der schwerwiegenden Folgen bewusst. Häberle und Linkohr lasen gemeinsam, was die Kollegen in München notiert hatten. Ereignet haben sollte sich die Vergewaltigung nach einem Studentenfest in ihrer Tübinger Wohnung. Detailliert schilderte die Frau, wie Bleibach, nachdem die anderen Gäste weg gewesen seien, sie mit vorgehaltenem Taschenmesser gezwungen habe, sich auszuziehen. Er habe sie aufs Bett geworfen und schließlich brutal vergewaltigt. So weit das Protokoll, das mit Datum, Ort und Unterschrift versehen war.
    Baldachin hatte ungeduldig darauf gewartet, bis die beiden Männer mit dem Lesen fertig waren. Nachdem bereits in aller Frühe der Leitende Oberstaatsanwalt aus Ulm angerufen und auf strengste Geheimhaltung gepocht hatte, war wenig später auch der Landespolizeipräsident höchstpersönlich in der Leitung gewesen. Baldachin nahm dies alles mit Unbehagen zur Kenntnis, zumal in solchen Fällen immer die Gefahr bestand, beim winzigsten Fehler

Weitere Kostenlose Bücher