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Mundtot nodrm

Mundtot nodrm

Titel: Mundtot nodrm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Kontinent liebevoll titulierten – auf der anderen Seite der Welt sozusagen, kopfunter, wo der Weihnachtsmann in praller Sonne in den Fußgängerzonen saß.
    Er genoss diese verkehrte Jahreszeiten-Welt, blieb über Weihnachten und den Jahreswechsel in Sydney, führte einige Telefonate mit Enduro Ollerich, Iris Eschenbruch und Miriam Treiber, schrieb Texte in seinen Laptop und las im Internet deutsche Zeitungen. Oft gab er auch als Suchbegriff seinen Namen ein – doch zu seiner Beruhigung tauchten keine Treffer auf, die ihm Kopfzerbrechen hätten bereiten können.
    Seine Reiseroute, die er am 10. Januar beginnen wollte, hatte Iris Eschenbruch von einem Berliner Reisebüro ausarbeiten lassen. Damit war klar, welche Tagesetappen er zurücklegen musste, um die vorbestellten Hotels termingerecht zu erreichen. Er hatte sich für eine große Rundreise durchs Outback entschieden, jenes Hinterland, das durch rötliche Erde, unablässig aber durch seinen schier endlosen Horizont bestach. Dies wurde ihm spätestens nach zehn Tagen bewusst, als er Port Augusta hinter sich ließ, um mit seinem geländegängigen Nissan auf dem Stuart Highway ins heiße Innere des Kontinents zu fahren. Inzwischen hatte er sich sowohl an das Automatikgetriebe als auch an den Linksverkehr gewöhnt. Noch in den 80er-Jahren, so hatte er gelesen, war die Straße eine Sandpiste, auf der sich wellblechartige Querrillen gebildet hatten. Inzwischen rauschte man auf einem Asphaltband dahin, das sich irgendwo am Horizont verlor. Nur alle zehn Minuten kam ein Fahrzeug entgegen. Erst ein einziges Mal war er überholt worden – von einem dieser großen, blitzblank geputzten Trucks, die mit ihrer Motorenkraft den Erdboden zum Beben brachten.
    Das Buschland wirkte ausgetrocknet. Verkrüppelte Bäume ragten wie in einem Horrorfilm aus der Ebene heraus. Bleibach wollte sich nicht vorstellen, welch giftiges Getier sich hier abseits der Straße aufhielt. Bereits am ersten Tag wurde ihm bewusst, dass die Namen auf der Landkarte, die den gesamten Kontinent abbildete, keinesfalls, wie bei solchen Maßstäben zu erwarten gewesen wäre, nur größere Städte kennzeichneten: Es konnte sein, dass es sich nur um einen wichtigen Kreuzungspunkt handelte, an dem eine Tankstelle und ein Rasthaus standen. Auf großen Hinweisschildern waren sie bereits viele Kilometer vorher angekündigt. Gerade zog eines wieder links an ihm vorbei: ›Glendambo 284, Coober Pedy 640, Alice Springs 1366‹. Nie zuvor hatte er solche Kilometerangaben auf einem Straßenschild gesehen. Und unterwegs gab es meist keine menschliche Behausung – zumindest waren keine Häuser zu sehen. Und doch musste es immer mal wieder eine Ansiedlung geben, was Bleibach aus Briefkästen schloss, die am Straßenrand auftauchten.
    In Glendambo würde er tanken und die dann noch verbleibenden rund 360 Kilometer bis Coober Pedy zurücklegen – auch wenn er erst spätabends bei Dunkelheit ankommen würde. Als er die Kilometerangaben passiert hatte, warf er wieder einen routinemäßigen Blick in den Rückspiegel. Seit über einer Stunde sah er ein rotes Fahrzeug hinter sich, dessen Abstand immer gleich blieb. Bleibach schätzte ihn auf etwa einen Kilometer. Vermutlich war’s ein größerer Pkw, in dessen Windschutzscheibe sich die hochstehende Mittagssonne gelegentlich reflektierte.
    Bleibach reduzierte die Geschwindigkeit, um in die Monotonie des Fahrens Abwechslung zu bringen. Außerdem konnte es ja nichts schaden, in dieser Einöde zu zweit unterwegs zu sein. Zunächst schien es ihm, als käme der rote Wagen näher, doch nach etwa fünf Minuten war die vorherige Distanz wieder hergestellt. Bleibach ging vom Gas und ließ den Nissan ein Stück weit ausrollen, bis die Tachonadel bei 30 km/h pendelte. Tatsächlich hatte sich die Entfernung zu dem Fahrzeug erneut reduziert – mindestens um die Hälfte, wie er aus der Größe des Wagens im Rückspiegel schloss. Dabei aber blieb es. Der Fahrer hinter ihm hatte es offenbar darauf abgesehen, ihm nicht zu nahe zu kommen. Aber warum?
    Bleibach merkte sich den Kilometerstand, um die Entfernung bis Glendambo abschätzen zu können. Bis dahin gab es hier draußen im Outback keine Möglichkeit, irgendwo abzubiegen, um feststellen zu können, ob ihm der Unbekannte folgen würde. Und anzuhalten kam nicht in Frage, entschied er. Nicht hier. Er trat wieder aufs Gaspedal, worauf der Sechszylinder dumpf zu röhren begann und seine volle Beschleunigung auf die Straße brachte. Das rote

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