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Mundtot nodrm

Mundtot nodrm

Titel: Mundtot nodrm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Andy Ollerich zu einem Einwand: »Du brauchst mich nicht gleich anzuschreien, aber was, wenn sie bei Jens Unterlagen gefunden haben?«
    »Wie denn?«, blaffte Katsche zurück. »Wenn sich jeder von uns an die Abmachungen gehalten hat – keine E-Mails, keine Telefonate zur Sache –, dann gibt es nichts, was man finden kann. Oder führt ihr vielleicht Tagebuch?«
    Schweigen. Katsche sprach Ollerich direkt an: »Ich hoffe, du hast alles vernichtet, was an die Zeit davor erinnert.«
    »Ich?« Ollerich war irritiert. »Natürlich, klar. Ich bin doch kein Anfänger.«
    »Davon geh ich aus«, schnarrte Katsche. »Jeder Fehler ist tödlich. Ganz klar. Das muss jeder von uns wissen. Und jeder Fehler eines Einzelnen wirkt sich auf uns alle aus.« Noch einmal starrte er Ollerich an. »Dieser Kommissar da, von dem du uns erzählt hast, ist der noch mal irgendwo aufgetaucht?«
    »Nein. Natürlich nicht.«
    »Dann läuft alles ab, wie festgelegt. 26. März, 5 Uhr. Ich erwarte, dass eure Uhren sekundengenau gehen.« Seine Stimme hatte jetzt einen drohenden Unterton. Er duldete keinen Widerspruch. Vor allem aber keinen Fehler.

92
     
    Die Wochen in Australien erschienen Bleibach im Nachhinein noch immer wie ein Traum, der ihm als ein Wechselbad der Gefühle im Gedächtnis bleiben würde. Er konnte nicht einfach abstreifen, was Sallinger gesagt hatte. Dass Joanna Malinowska nicht seine einzige Feindin sei. Eine, die mit verdeckten Karten spielte, die ihn ausspionierte – ihn und viele andere auch. Sallinger wollte den Begriff ›Agentin‹ aber nicht verwenden. Er versprach jedoch – und an diese Worte klammerte sich Bleibachs Unterbewusstsein unablässig –, dass er ihn sofort informieren werde, wenn sich die Lage entspannt habe.
    Bleibach konnte die Erinnerung an dieses Gespräch nicht einfach abschütteln – und schon gar nicht abschalten. Er hatte auf den langen Tagesetappen während seiner Reise über all die Andeutungen und angeblich gutgemeinten Hinweise nachgegrübelt. Aber im Grunde genommen hatte die Botschaft doch geheißen: Pass auf. Du hast gewaltige Kräfte gegen dich. Mehrere Seiten wollen dich eliminieren. Okay, so deutlich hatte Sallinger es nicht ausgedrückt. Aber wenn man seine diplomatisch gewählten Worte genau auf sich wirken ließ, dann bedeuteten sie nichts anderes.
     
    Dass während seiner Abwesenheit nichts Dramatisches geschehen war, hatte ihm Iris Eschenbruch in verschiedenen Telefonaten erklärt. Evelyn hingegen war vielfach gar nicht erreichbar gewesen – und auf einige seiner E-Mails hatte sie auch nicht geantwortet. Wahrscheinlich, so grübelte er, als er jetzt daheim in Hohenstaufen wieder einmal vergeblich versuchte, sie anzurufen, war es wie immer in den Beziehungen: Sobald der Alltag einkehrte und jeder seinen hektischen Weg alleine ging, verflüchtigten sich die Gefühle – ein Zeichen dafür, dass sie nicht tief genug waren. Bleibach wusste aus leidvoller Erfahrung, dass eine vorübergehende Trennung ein guter Test sein konnte. Nur wenn die Sehnsucht von Tag zu Tag größer wurde, war es eine tragfähige Bindung. Irgendwie hatte er so etwas bei ihnen nicht feststellen können. Vielleicht war er aber auch der geborene Single, der diese Einsamkeit, wie er sie in Australien erlebt hatte, genoss. Er verscheuchte diesen Gedanken. Nein, sagte er sich, bei mir war das anders. Ich brauchte diese Abgeschiedenheit, um zu mir zu finden. Um Kraft zu tanken – jene Energien, die vielleicht einst auch die Aborigines, die Ureinwohner Australiens, aus der Weite des Landes geschöpft haben.
    Dass Enduro Ollerich und Miriam Treiber jetzt in seine Hohenstaufener Wohnung gekommen waren, empfand er als eine seltsame Mischung aus Erleichterung und Misstrauen – wohl wissend, was ihm Sallinger geraten hatte. Denn plötzlich sah er sie beide mit anderen Augen. Vielleicht aber tat er ihnen damit unrecht?
    Ollerich legte ihm ein ganzes Bündel von Presseausschnitten auf den Tisch. »Du bist weiterhin im Gespräch«, stellte Ollerich fest. »›Spiegel‹ und ›Focus‹ haben berichtet. Kritisch wie immer halt.«
    Miriam Treiber zog ein ungewohnt nachdenkliches Gesicht und legte beide Arme auf die Lehnen des Sessels. »Es ist mit annähernd 20 000 Menschen zu rechnen. Vielleicht sogar mit mehr.« Sie hatte mit Iris Eschenbruch telefoniert, bei der die Koordination der ›Frühjahrskundgebung‹ zusammenlief. Offiziell hatten sie den Slogan ›Frühlingserwachen‹ gewählt. So stand es auf unzähligen

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