Munroys & Makenzies Bd. 1 - Der Ruf der Highlands
auf Lili zu und wollte sie ebenfalls zum Tanz führen, doch sie brachte es nicht fertig, ihm zu folgen. Sie bebte am ganzen Körper und stand immer noch unter dem Einfluss des schrecklichen Auftritts und dem Wissen, dass der Alte Makenzie hieß. So sehr, dass sie alle Vorsicht vergaß.
»Gibt es viele Makenzies in dieser Gegend?«, fragte sie, ohne sich ihre Worte zu überlegen.
»Ja, aber keine von seiner Sippe, den Makenzies von Am Fireach, seit sie in der Mitte des letzten Jahrhunderts nach Nova Scotia ausgewandert sind.«
»Die ganze Familie?«
»Bis auf einen, der geblieben ist und viel Unheil angerichtet hat.«
»Und warum macht der alte Mann so seltsame Andeutungen über dich?«
»Weil er Unfrieden stiften will. Die Makenzies waren seit jeher eine Bande von Lügnern und Ehrabschneidern.«
»Und was hat Caitlin mit ihnen zu tun? Mit dem armen Mädchen meinte er doch sie, nicht wahr?«
Niall blickte sie gequält an. »Tu mir einen Gefallen, Lili! Lass diese verdammte Geschichte auf sich beruhen. Und denk nicht mehr daran. Der Alte wird niemals mehr hier auftauchen. Er ist geistig umnachtet.«
»So wie Caitlin oder Großmutter Mhairie?« Lili schlug sich erschrocken die Hand vor den Mund. Das hatte sie ihm nicht sagen wollen. Nicht heute, nicht am Neujahrsmorgen, an dem die Geister der Vergangenheit verjagt gehörten.
Niall aber wandte sich wortlos ab und schenkte sich aus dem Kessel ein großes Glas Hot Pint ein, das er in einem Zug leerte. Und dann ein zweites.
Lili war ratlos. Und sie hatte wie so oft ein schlechtes Gewissen. Warum hatte sie ihn so verärgern müssen? Es war doch schlimm genug, dass dieser Fremde sich Einlass verschafft und die Familie verflucht hatte. Seufzend trat sie an Nialls Seite und fasste zärtlich nach seiner Hand. »Es tut mir leid«, flüsterte sie entschuldigend. »Ich wünsche dir alles Gute für das neue Jahr und dass wir nie wieder etwas von diesem Kerl hören oder sehen.«
Niall legte ihr einen Arm um die Schultern und blickte sie traurig an. »Ach, Lili, es ist nicht einfach für dich, in diese Familie einzuheiraten. Das sehe ich ein, aber du musst verstehen – ich möchte dich fernhalten und beschützen vor den Schatten, die ringsum lauern. Und vor allem vor den Gerüchten, die diese Makenzies über unsere Familie in die Welt gesetzt haben. Es sind Lügen, Lili, alles Lügen.«
Lili schwieg. Insgeheim aber war sie der festen Überzeugung, dass es allen besser gegangen wäre, wenn man endlich offen über die Geschehnisse gesprochen hätte. Doch im gleichen Augenblick fiel ihr siedend heiß ein, dass sie keinen Deut besser war. Wäre es nicht zwingend nötig gewesen, Niall nach dem schrecklichen Vorfall zu beichten, dass ihr Vater ein Makenzie aus dem Hochland gewesen war? Und vor allem, dass er einen Menschen auf dem Gewissen hatte? Selbst wenn er mit der Sippe des alten Mannes gar nichts zu schaffen hatte …
Den Rest des Abends wich Lili nicht mehr von Nialls Seite. Obgleich die Gäste tanzten und tranken, war zu spüren, dass der alte Mann die gute Stimmung der Hogmanay-Feier mit seinem Fluch gründlich verdorben hatte. Und das, obwohl Caitronia emsig bemüht war, eine gute und fröhliche Gastgeberin zu sein.
Dementsprechend gingen die Gäste auch früher, als es sonst bei einem Neujahrsfest üblich war. Die Letzten, die sich verabschiedeten, waren Lord Fraser, Lady Ainsley und Murron.
»Hören Sie nicht hin, was der alte Kerl redet, Niall!«, bemerkte der alte Lord mit markiger Stimme. »Die Makenzies von Am Fireach waren immer schon Störenfriede und unbelehrbare Englandhasser. Gut, dass sie damals das Weite suchten. Da hat Ihr Großvater ganze Arbeit geleistet.«
Lady Ainsley sagte gar nichts, aber der Blick, den sie Lili zuwarf, verriet alles. Fühl dich nicht zu sicher – noch bist du nicht seine Frau, stand darin geschrieben. Lili ignorierte diese Feindseligkeit und reichte der Lady formvollendet die Hand. »Auf Wiedersehen. Schön, dass Sie da waren«, log sie lächelnd.
Kaum war die Tür hinter den Gästen zugefallen, als Shona sich auf den Kessel mit dem Punsch stürzte und sich reichlich daran bediente.
»Hoffentlich krepiert der Alte bald«, lallte sie nach dem dritten Glas.
»Ich finde, wir sollten diesem Taugenichts nicht allzu viel Bedeutung beimessen«, bemerkte Caitronia mit kühler Stimme. »Aber du scheinst ihn ja gut zu kennen.« Sie wandte sich herausfordernd an Mhairie. »Wer ist der Kerl?«
»Es ist Blaan Makenzie, der Bruder
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