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Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: An Evening of Long Goodbyes
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Kinn
den ersten Regenspritzern entgegen, die der Wind vom Dach und dann zurück auf
die Tribüne wehte.
    »Der Name
hört sich einfach bescheuert an...«
    »Die Namen
sind alle bescheuert, Charles.«
    Ein
Wortschwall aus dem Lautsprecher kündigte an, dass das Rennen in Kürze gestartet
würde. Die Hunde wurden in die Startboxen gesperrt.
    »Stimmt
schon, aber Namen sind wichtig, man muss sie sich genau anschauen.« Ich sagte
das mit einer kuriosen Bestimmtheit. Denn hier auf der Hunderennbahn machte ich
die Erfahrung, dass meine Sinne erstmals auf die Schwingungen von scheinbar
oberflächlichen Dingen reagierten, auf das verworrene, gespenstische Räderwerk
des Zufalls.
    »Also
dann, es geht gleich los«, sagte Frank. »Ich setz trotzdem einen Fünfer auf den
Vierer, okay?«
    Bel achtete
nicht auf Franks Worte. »Außerdem ist der Name nicht bescheuert«, sagte sie.
»Er ist romantisch.«
    »Es ist
ein Hundename, deshalb ist er bescheuert. Ich meine, es war anders bei einem
Lied oder einem Buch oder so. Aber wer, um Himmels willen, nennt seinen Hund An Evening
of Long Goodbyes!«
    »Schwuchteln«,
sagte Frank. »Ein paar von diesen schnieken Affen machen groß auf Trainer, als
Hobby, wahrscheinlich, weil sie sich kein Pferd leisten können. Die Hunde von
denen sind alle Scheiße.«
    »Exakt.
Alles zu seiner Zeit, Bel. Nicht alles kann Theater sein...«
    »Warum
nicht?«, sagte sie und wurde rot. »Außerdem geht's nicht nur ums Gewinnen.«
    »Hängt
davon ab, wer zahlt«, erwiderte ich.
    Frank
zuckte seufzend mit den Achseln und ging dann zu dem Spiegelglasschalter, um
die Wetten abzugeben. Unterwegs warf er vielleicht noch einen traurigen Blick
hinüber zum anderen Ende der Tribüne, wo seine abgerissenen und ausgelassenen
Kumpels mit Bierdosen anstießen, während ich mit rasendem Puls in den heftiger
werdenden Regenguss starrte. Dann ertönte der Startschuss, und der Elektrohase
machte sich auf seinen einsamen Weg um den Kurs...
    Um Meet the
Wifes überragenden Sieg zu begießen, nahm Frank uns in eine
Kneipe gleich um die Ecke mit. Sobald wir die Bahn verlassen hatten, besserte
sich Bels Laune. Keiner verlor ein Wort über An Evening
of Long Goodbyes, der so katastrophal gelaufen war, dass nach dem
Rennen weder Frank noch ich auch nur zur geringsten Häme fähig waren. Er hatte
schlecht begonnen. Sein Kopf verklemmte sich im Gitter der Startbox, sodass
ihn die Stewards befreien mussten. Was folgte, war eine Serie von demütigenden
und für seine Gattung dezidiert unwürdigen Umwegen und Fehltritten, deren
schändlicher, nie zu tilgender Höhepunkt sich in der dritten Runde ereignete.
Der Maulkorb löste sich, und begleitet von der buhenden Menge beendete er das
Rennen, indem er über die Reklametafeln sprang und einem kleinen Jungen den
Hotdog aus der Hand schnappte.
    Das Pub
war schäbig und deprimierend, und mein Weißwein kam in einer winzigen Flasche
mit Schraubverschluss. Meine Schwester trank mit Frank ein Versöhnungsguinness.
Während sie anstießen, schaute ich mir die anderen Gäste an. Ich war tatsächlich
der Einzige in Abendgarderobe. Diese Burschen sahen allesamt ziemlich raubeinig
aus, und mir fiel auf, dass nicht wenige mir feindselige Blicke zuwarfen.
    »Ganz
spezielles Ambiente, muss ich schon sagen.« Ich lachte nervös.
    »Wir sind
ziemlich oft hier«, sagte Frank. »Stimmt's, Bel?«
    »Und ob«,
sagte Bel und schaute mir direkt in die Augen. »Das ist unser Lieblingspub.«
    Ich
seufzte innerlich. Im Rahmen meiner Beziehungen zu Mädchen im Allgemeinen und
zu Bel im Besonderen begegnete ich diesem Verhalten ziemlich oft: Sie lieben
die Grenzüberschreitung beim Flirten. Gib ihnen einen Rüpel, der ab und zu mal
eine Fensterscheibe einschmeißt, und sie reißen sich für ihn gegenseitig die Haare
aus - ohne dass sie dabei jemals von ihrer eigenen, sorgfältig gepflegten
Elegance Abstriche machen, versteht sich. Manchmal erinnerte Bel mich an eine
im Ballkleid durch den Urwald stapfende Hauptfigur von E.M. Forster, im Gepäck
das komplette Porzellanservice und das Stickzeug für den Abend. Ich fragte
mich, wonach Bel suchte, wenn sie in ihrer Einsamkeit außerhalb ihrer eigenen
Welt herumschäkerte, während sie doch genau diese Welt fest verschlossen mit
sich herumtrug.
    »Gefällt
mir sehr gut hier«, sagte ich, um sie zu ärgern. »Wir sollten öfter herkommen.
Ich bin gern in Gesellschaft von Arbeitern. Gute, ehrbare Menschen, die
zufrieden die harte Woche in der Konservenfabrik Revue

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