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Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: An Evening of Long Goodbyes
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mit einer
Haarsträhne herumzuspielen. Sie kam mir plötzlich ziemlich merkwürdig vor.
    »Was ist
los?«, fragte ich.
    »Was soll
los sein?«, fragte sie einfältig.
    »Du bist
so zappelig, als würdest du gleich aus der Haut fahren.«
    »Ich freu
mich bloß, dass es dir gut geht, das ist alles.«
    »Schön
wär's«, sagte ich. »Es ist doch nichts passiert, oder?« Ein schrecklicher
Gedanke schoss mir durch den Kopf. »O Gott, du hast doch nicht etwa Frank
geheiratet, oder?«
    »Spinnst
du?«, sagte sie, machte eine verächtliche Handbewegung, beruhigte sich aber
gleich wieder. »Reden wir lieber von dir? Wie geht's dir? Wie fühlst du dich?«
    Ich kniff
misstrauisch die Augen zusammen. Sie legte die Stirn in Falten, was ich als
einigermaßen gelungene Geste der Aufmerksamkeit durchgehen lassen konnte. »Ich
fühle mich gut«, sagte ich. »Allerdings...«
    »Es gibt
so viel zu erzählen, Charles, es ist so viel passiert, seit du hier drin bist,
ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll...«
    Ich wusste
es. »Fang irgendwo an«, sagte ich und rutschte mit dem massigen Kissen im Kreuz
etwas nach oben. Mir wurde allmählich unwohl.
    Sie holte
tief Luft. »Es geht ums Haus«, sagte sie. »Wir machen ein Theater draus.«
    »Ein
was?«, sagte ich. »Ein Theater?«
    »Ist das
nicht herrlich?« Ihre Augen explodierten wie Leuchtkugeln. »Wir machen den Kirschgarten und...«
    »Moment,
Moment ... ein Theater? Was meinst du damit, ein Theater? So was wie damals,
als Vater und Mutter diese Laienspieltruppe aufgezogen haben? So was?«
    »Nein,
nein, ein richtiges Theater. Wir bauen eine kleine Bühne und ... Charles, die
Geräusche, die diese Maschine da macht, die machen mich ganz nervös. Vielleicht
warten wir, bis du dich wieder besser fühlst...«
    »Nein,
nein«, sagte ich. Vor meinen Augen tänzelten kleine, giftig sprühende Lichter.
»Das ist alles sehr interessant.«
    Bel ging
zum Fenster und schob es nach oben. »Ich fange am besten ganz von vorn an«,
sagte Bel. »Nämlich damit, was passiert ist, nachdem du ... nachdem der Turm
... Was hast du dir dabei gedacht, Charles? Wolltest du wirklich nach
Südamerika verschwinden?«
    Ich setzte
mich ganz auf. »Also«, sagte ich und drückte mit den Fingern gegen die Umrisse
meiner Nase. »Eigentlich habe ich nicht die geringste Lust, das Thema zu
erörtern. Nur so viel: Damals habe ich gedacht, dass es eine gute Idee ist.
Außerdem hätte es ja auch funktioniert, wenn nicht diese vermaledeite Brut von
Mrs P...« Ich hielt inne, da mir meine kurze Begegnung mit Mrs Ps Jüngster
einfiel. »Wie geht's ihnen?«, fragte ich impulsiv. »Ist sie verletzt? Das
Mädchen, meine ich?«
    »Mirela«,
sagte Bel. »Ihr geht's gut. Anscheinend hast du für alle anderen wie eine Art
menschlicher Schutzschild gewirkt.«
    »Und was
passiert jetzt mit ihnen? Sind sie noch da? Ist das Haus noch da?
Und was ist mit der Bank?«
    »Das ist
genau das, was ich dir zu erzählen versuche. Es hat sich nämlich
herausgestellt, dass das Mädchen, also Mirela ... sie ist ja so reizend,
Charles, und es tut mir in der Seele weh, dass sie dieses schreckliche
künstliche ... egal, jedenfalls ist sie Schauspielerin und kann deshalb ...
äh, das kommt später. Also von vorn: An dem Morgen, nur ein paar Stunden nach
der Explosion, ist Mutter aus dem Cedars zurückgekommen. Sie haben sie früher
gehen lassen. Das Haus, der Garten, alles war totales Chaos. Keiner von uns
hatte geschlafen, auf dem Rasen überall Juwelen und Kunstgegenstände, dann der
schwelende Turmstumpen und mittendrin das Klavier, auf dem Kopf, fast kein
Kratzer an dem Ding, ist das nicht pervers? Und das Haus voll Polizei, jede
Menge Detectives und Uniformierte, die erstens demütigende Fragen nach unserer
finanziellen Lage und der Versicherung stellen und zweitens Druck machen, dass
wir Mrs P anzeigen sollen. Also hab ich gedacht: Mutter wirft einen einzigen
Blick auf das Tohuwabohu, dreht sich auf dem Absatz um und ist schon wieder im
Taxi. Aber sie war fantastisch; sie rauscht einfach an allen vorbei und macht sich
als Erstes einen Gin Tonic...«
    »Ich hab
gedacht, sie darf nichts mehr trinken«, sagte ich überrascht. »Ich meine, war
das nicht der Grund, warum sie überhaupt im Cedars war?«
    »Das habe
ich sie auch gefragt«, sagte Bel. »Sie hat nur was gebrummelt von ziemlich
progressiver Laden und so.«
    »Oh.«
    »Egal, es
war jedenfalls die Hölle, jeder wollte was von ihr, und dann hat auch noch Mrs
P einen Schock bekommen und

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