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Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: An Evening of Long Goodbyes
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musste ins Krankenhaus, und dann hat die
bescheuerte Laura angefangen zu heulen und hat volle vier Stunden lang
durchgeheult, weil sie ihre Autoschlüssel nicht finden konnte. Aber Mutter, die
war die Ruhe selbst, sie hat ein bisschen rumtelefoniert und ein paar Minuten
später waren auf einmal alle weg, die Polizisten und alle andern. Wir können wirklich
von Glück sagen, was sie alles für Leute kennt. Ich meine, wenn man's genau
nimmt, müsstest du jetzt nämlich im Knast sitzen.«
    »Ich
verstehe nicht, was das alles mit dem Theater zu tun hat«, sagte ich. »Oder
willst du etwa á la Mickey Rooney in der alten Scheune Shows aufziehen, um der
Bank ihr Geld zurückzuzahlen?«
    »Die Bank hat ihr Geld«, sagte Bel.
Ich spürte, wie sich mir der Magen umdrehte. »Was?«
    »Die Schulden sind bezahlt. Alles
erledigt. Keine Versteigerung, nichts.«
    »Das
gibt's doch nicht«, sagte ich. »Wie ist das möglich? Die Hypothek war ... Du
hast die Zahlen doch gesehen.«
    »Ja, ja,
hab ich. Aber Mutter hat den Steuerberater aufgespürt, Geoffrey, du weißt doch.
Er war beruflich unterwegs, irgendeine Insel, den Namen hatte ich noch nie gehört.
Egal, auf jeden Fall ist er gleich gekommen, und er und Mutter sind zu dem Bankdirektor
gegangen - dem Direktor, Charles. Der Punkt ist, die beiden
kennen sich seit Urzeiten. Und die drei haben dann noch irgendeine Rente von
Vater ausgegraben, von der keiner was wusste. Bis Mittag hatten die das alles
unter Dach und Fach. Ich bin mir vorgekommen wie ein Volltrottel, das kann ich
dir sagen.«
    »Aber...«
Mir war schwindelig. »Du hast die Konten doch selbst gesehen. Die waren leer.
Nichts, null. Wie können die drei dann plötzlich mit...«
    »Ich weiß,
ich versteh's ja auch nicht. Aber was soll's, danken wir Gott, dass sie...«
    »Und die
Unregelmäßigkeiten, was ist damit? Dieser Bankmensch im Einkaufszentrum hat
mir erzählt, das System der Hypothekenzahlungen war völlig chaotisch, da müsste
er erst mal nachforschen...«
    »Keine
Ahnung.« Bel trippelte nervös von einem Fuß auf den andern. »Vaters Konten
waren ziemlich vertrackt. Vielleicht kannte der Angestellte, mit dem du geredet
hast, so was gar nicht. Aber die Hauptsache ist, dass wir aus dem Gröbsten raus
sind, wenigstens für den Augenblick. Wir haben noch Schulden, sicher, aber
keiner will uns mehr das Haus wegnehmen.«
    Ich
versuchte ihr Lächeln zu erwidern. Das waren doch gute Nachrichten, oder? Warum
hörte es sich dann trotzdem irgendwie falsch an?
    »Na ja,
jedenfalls hast du dir eine gute Zeit ausgesucht für deine Bewusstlosigkeit.
Jetzt ist zwar alles geregelt, es war aber doch ziemliche Endzeitstimmung.
Mutter hat ... na ja, das siehst du dann ja selbst. Sie hat jedenfalls
ernsthaft daran gedacht, Amaurot zu verkaufen.«
    »Verkaufen?«
Ich stützte mich auf den Ellbogen. »Mutter würde nie verkaufen! Was hast du ihr
erzählt? Hast du ihr etwa irgendwelche Flausen in den Kopf gesetzt?«
    »Ich habe
ihr keine Flausen in den Kopf gesetzt, Charles. Du weißt selbst, dass sie hier
seit Vaters Tod nicht mehr glücklich war, wie elend und verloren sie sich in
diesem riesigen leeren Anwesen gefühlt haben muss. Und zur gleichen Zeit kaufen
um uns herum diese Computermenschen alles auf. Praktisch jede Woche steht einer
vor der Tür und macht sein Angebot - wahnwitzige Angebote, Summen, die auf
einen Schlag für alle Schulden gereicht hatten, plus für ein
Häuschen auf dem Land, in das sie sich hätte zurückziehen können ...«
    Sie setzte
sich wieder auf den Stuhl am Fußende des Bettes, nahm ihr Buch und fing an,
darin herumzublättern. »Und dann hat mir eines Abends Mirela von der
Theatergruppe erzählt, die sie in Jugoslawien hatten, bevor der Krieg und das
alles angefangen hat. Die haben alle möglichen Sachen gemacht, Workshops,
Straßentheater, politisches Zeug. Der Gründer hat in seinem Haus mit ein paar
Freunden angefangen, und von da hat es sich dann ausgebreitet. Und ich hab mir
gedacht, warum sollen wir das Gleiche nicht auch in Amaurot machen? Wir haben
dermaßen viel Platz, wo man proben kann und Klassen abhalten, alles Mögliche,
und dann die vielen Gästezimmer, da hat seit Jahren keiner mehr drin geschlafen
- je mehr man drüber nachdenkt, desto klarer wird einem, wie perfekt das alles
passen würde. Ich war mir nicht sicher, was Mutter davon halten würde, aber als
ich es ihr dann gesagt habe, war sie genauso begeistert wie ich...«
    Also hatte
sich Bel gleich am nächsten Morgen mit einigen

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