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Murray,Paul

Murray,Paul

Titel: Murray,Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Skippy stirbt (Teil 2)
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reichlich Anwendung, und der chinesische Staat baut, was
er will, unbelästigt durch die Schüler des Seabrook College.
    Wenn doch
Howard auch einfach so weitermachen könnte. Stattdessen quält sie ihn Tag und
Nacht - schnurrt ihn an, vom mondbeschienenen Deck eines Ozeandampfers,
umkränzt von muskulösen Armen, oder zwinkert ihm aus einem Himmelbett zu, in
dem sie eng umschlungen mit ihrem gesichtslosen Verlobten liegt. Manchmal
kommt seine Eifersucht als Empörung verkleidet daher - wie konnte sie ihn nur
so belügen? Wie konnte sie sich selbst so belügen? -, und allein, im Dunkeln, ballt er die
Fäuste und wütet gegen sie auf dem Deck ihres imaginären Schiffs. Dann wieder
sehnt er sich so schmerzlich nach ihr, dass es kaum zu ertragen ist.
    Doch
zugleich wird er von Erinnerungen verfolgt. Sein Hirn hat ein Eigenleben
entwickelt und angefangen, die von Halley hinterlassenen Leerstellen zu füllen.
Wenn er spätnachts noch in der Küche sitzt und liest, ertappt er sich beim
Warten darauf, dass sie zur Tür hereinkommt - fast kann er sie vor sich sehen,
in ihrem Pyjama, wie sie sich die Augen reibt und ihn fragt, was er da macht,
ohne auf seine Antwort zu achten, weil der Inhalt des Kühlschranks sie sogleich
magisch anzieht. Er sieht sie am Herd stehen und Rühreier braten, durchs
Wohnzimmer kommen und sich rittlings auf ihn setzen, während er Fernsehen
schaut; sieht sie tief versunken über der Website irgendeines Unternehmens
hocken, mit einer Zigarette in der Hand und einem verbissenen Zug um den Mund,
sieht sie im Spiegel beim Zähneputzen, während er sich rasiert - bald suchen
tausend verschiedene Geistererscheinungen von ihr das Haus heim, kommen ihm
Abertausende winzigster Details zu Bewusstsein, von denen er nie bemerkt hat,
dass er sie bemerkt hat. Sie folgen keinem vorgegebenen Plan, werden nicht von
gefühlsseliger Filmmusik untermalt; sie zerreißen ihm nicht das Herz, noch
rufen sie irgendeine Reaktion hervor, die er eindeutig als Liebe oder Verlust
benennen kann. Sie sind einfach da, überreichlich und zermürbend da.
    Farley
sagt, das Ganze erinnere ihn an einen Witz.
    »Toll,
Farley. Genau das, was ich brauche.«
    »Was kann
ich dafür, woran es mich erinnert? Also, willst du ihn hören oder nicht?«
    Howard
hebt ergeben die Hände.
    »Okay.
Kommt ein Mann in eine Bar und entdeckt zwei Hocker weiter einen Typen mit dem
kleinsten Kopf, den er je gesehen hat. Der Körper ist völlig normal, aber der
Kopf ist extrem blass und nicht größer als eine Billardkugel. Er versucht nicht
hinzugucken, aber nach ein paar Minuten hält er es nicht mehr aus, geht zu dem
Typen hin und sagt: >Hören Sie, tut mir leid, wenn das irgendwie unhöflich
wirkt, aber würden Sie mir wohl erzählen, was mit Ihrem Kopf passiert ist?<
Der Erbsenkopf erzählt ihm mit einem blechernen, schrillen Stimmchen, dass er
vor vielen Jahren, im Zweiten Weltkrieg, bei der Marine war. >Mein Schiff
wurde torpediert, und alle meine Kameraden sind ertrunken<, sagt er. >Ich
wäre eigentlich auch ertrunken, aber als ich auf den Meeresboden sank, spürte
ich Hände, die mich umfingen und emporzogen. Als ich wieder zu mir kam, lag ich
mitten im Ozean auf einem Felsen und bekam Mund-zu-Mund-Beatmung von einer wunderschönen
Meerjungfrau. Mir wurde klar, dass sie mir das Leben gerettet hatte, und ich
fragte sie, wie ich ihr das vergelten könne. Sie sagte, sie wolle nichts dafür
haben. >Es muss doch etwas geben, was ich für dich tun kann<, sagte ich.
>Nein<, sagte sie, war aber von meiner Dankbarkeit so gerührt, dass sie
beschloss, mir drei Wünsche zu gewähren. Na ja, ich wollte eigentlich nichts
weiter als wieder zu Hause zu sein, raus aus dem verdammten Krieg. Das sagte
ich ihr, sie schnippte mit den Fingern, und schwuppdiwupp sind wir an der
Küste, und ich sehe mein Haus, das getreulich auf mich wartet. >Was
noch?<, fragte sie. >Du hast schon so viel für mich getan, da fällt es
mir schwer, um noch etwas zu bitten<, sagte ich. Aber vielleicht ein bisschen
Bares, damit ich fürs Erste über die Runden komme?< Sie schnippte mit den
Fingern, und im Nu quollen meine Taschen von Geld nur so über. >Fertig<
sagte sie, >es wird dir niemals mehr an etwas fehlen. Und nun dein dritter
Wunsch?< >Tja, ich habe lang und breit nachgedacht<, sagte der
Soldat, >als ich da so neben ihr auf dem Wasser trieb. Schließlich sagte
ich: >Ich möchte nicht dreist erscheinen. Aber du hast mir nicht nur das
Leben gerettet, mich aus dem Krieg nach Hause

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