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Murray,Paul

Murray,Paul

Titel: Murray,Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Skippy stirbt (Teil 1)
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-, die miteinander eine merkwürdig starke
romantische Wirkung entfalteten.)
    Der
Mann schaute nach rechts und nach links und entdeckte sie dann auf der anderen
Seite der kopfsteingepflasterten Straße. »Ich nehme an, das ist Ihrer«, sagte
er und reichte ihr den falsch gefalteten Plan.
    »Danke«,
sagte sie. »Entschuldigung.«
    »Waren
Sie nicht auch in dem Film?«
    Sie
nickte unbestimmt und zupfte an ihren Haaren.
    »Sie
sind mir aufgefallen, weil Sie bis zum Ende sitzen geblieben sind. Die meisten
springen ja schon auf, sobald der Abspann anfängt. Ich frage mich immer, wohin
sie so eilig wieder zurück müssen.«
    »Schwer
vorzustellen«, stimmte sie zu.
    »Ja.«
Der Mann verzog nachdenklich den Mund. Das Gespräch war an sein natürliches
Ende gelangt, und sie sah ihm an, dass er überlegte, ob er es in dieser kurzen,
formalen Vollkommenheit stehen lassen oder Gefahr laufen sollte, die
Vollkommenheit zu zerstören, indem er eine Fortsetzung wagte; ihr wurde klar,
dass sie hoffte, er würde es riskieren. »Sie sind nicht aus Dublin, oder?«,
fragte er.
    »Nein,
deshalb der Stadtplan«, sagte sie, und dann, als sie merkte, wie abweisend das
klang: »Ich komme aus den Vereinigten Staaten. Ursprünglich Kalifornien. Aber
ich bin aus New York hierhergekommen. Und Sie?«
    »Ich
bin von hier«, sagte er mit einer Geste zu den umliegenden Straßen hin. »Also,
was haben Sie denn gesucht?«
    »Ach.«
Da sie die trostlose Wahrheit, dass sie nur nach einem Ziel, irgendeinem Ziel
gesucht hatte, nicht eingestehen wollte, kniff sie die Augen zusammen und
versuchte, sich an eines der Dreiecke auf dem Touristenplan zu erinnern. »Das
Museum.« Ein Museum musste es ja geben.
    »Na
gut«, sagte er. »Also, ich war da nicht mehr drin, seit es umgezogen ist. Aber
ich kann Ihnen zeigen, wo es ist. Es ist nicht weit.« Mit einer
Wollen-wir?-Geste drehte er sich um, und sie folgte ihm hinunter zu den Kais,
dem Lärm der Lastwagen, Bushaltestellen und Möwen. Er zeigte flussaufwärts zum
gegenüberliegenden Ufer. »Es ist ungefähr eine halbe Stunde zu Fuß«, sagte er.
»Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass es bald schließt.«
    »Aha.«
Sie erwog ihre Alternativen. Er war ungefähr so alt wie sie und kam ihr nicht
psychotisch vor; es wäre nett gewesen, ein nicht auf Pizzalieferung aufbauendes
Gespräch zu führen. »Gibt's denn irgendwas in der Nähe, wo man was zu trinken
kriegt?«
    »Das
ist in dieser Stadt nie ein Problem«, sagte er.
    Halley
hatte New York, ihren Job und ihre Freunde zurückgelassen und war nach Irland
gefahren, ohne einen festen Plan zu haben, außer dass sie einen Tapetenwechsel
brauchte und ein unbestimmtes Bedürfnis verspürte, die Tiefen ihrer
Persönlichkeit auszuloten und ein noch nicht einmal als Entwurf vorhandenes
Meisterwerk zu schreiben; als sie jetzt in dem warmen, dämmrigen, nach Hopfen
duftenden Nebenzimmer des Pubs Platz nahm, fragte sie sich bereits, ob ihr
wahrer Beweggrund gewesen war, sich zu verlieben. Sie war das Leben, das sie
geführt hatte, gründlich leid gewesen; gab es eine bessere Möglichkeit, das
alles zu vergessen, als sich an jemand Neuen zu verlieren? Durch puren Zufall
an jemanden zu geraten, einen Fremden unter Millionen Fremden, und ihn nach
und zu entdecken: dass er einen Namen (Howard) und ein Alter (fünfundzwanzig)
hat, einen Beruf (Lehrer) und eine Vergangenheit (Finanzwesen, dubios) - jede
Stunde enthüllt mehr über ihn, wie eine magische Taschenkarte, die, einmal
geöffnet, sich immer weiter entfaltet, bis sie den ganzen Wohnzimmerboden mit
Orten bedeckt, an denen man nie gewesen ist.
    (»Pass
aber auf«, sagte Zephyr. »Du bist in solchen Dingen so ungeschickt.«
    »Na
ja, es muss ja nicht gleich was Ernstes sein«, sagte sie und erwähnte nicht,
dass sie ihn schon geküsst hatte, auf einer Brücke über irgendein Gewässer,
dessen Namen sie nicht kannte, bevor sie ihre Telefonnummern ausgetauscht und
sich für diesen Abend getrennt hatten, worauf sie in dem Labyrinth ständig
anders heißender Straßen herumgeirrt war, bis sie einen Polizisten fand, der
ihr sagen konnte, wo sie sich befand; denn Halley glaubte, dass ein Kuss der
Anfang einer Geschichte ist, der guten oder schlechten, kurzen oder langen
Geschichte eines Wir, und dass man eine Geschichte, einmal angefangen, bis zum
Ende durchlaufen muss.)
    In
den folgenden Wochen gingen sie noch oft in das kleine Kino in Temple Bar,
sahen sich noch viele weitere Katastrophenfilme an - Die
Höllenfahrt der

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