Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)
hat es doch schon einmal nicht geklappt, mich bei Jana zu entschuldigen. Da kann ich ja gleich bis zum Ende des Urlaubs warten und sie dann um einen Generalablass bitten.
» Nein!«
» Andi, es reicht mir, sei bitte nicht so stur. Wenn du nicht gleich zu ihr gehst, dann …«
» Dann was?«
Muss ich ohne Essen ins Bett, darf nicht mehr raus oder muss den Computer ausmachen? Hahaha!
» … dann erzähle ich allen, dass du schnarchst.«
» Was tu ich?«
» Du schnarchst. Ein gewisses Grunzen ist auch mit dabei.«
Das ist mir neu! Davon hat mir Kim kein Wort gesagt!
» Mir macht es nichts aus, es ist so ein glucksendes Grunzen, wie bei einem …«
» Ist ja gut!«
» … Nilpferd.«
Das ist unfair. Warum nur muss ich so viel dafür tun, meine Ruhe zu haben? Grunzen, pah! Auf einmal kommt mir eine Idee, ich ziehe die Schuhe wieder an und schnappe mir den Zimmerschlüssel.
» Bis später.«
» Ist gut, in der Zeit mache ich mich schon mal frisch.« Mutti ist bereits ins Bad geschlüpft. » Oh, hier liegen neue Seifen.«
Rasch hüpfe ich die Hoteltreppe hinunter. Nein, ich springe. Männer hüpfen nicht. An der Straße schaue ich nach links und rechts. Nicht wegen des Verkehrs, sondern auf der Suche nach dem nächsten Postkarten-Verkäufer. Na also, da ist schon wieder einer. Er hat das Motiv, das ich suche: auf Mopeds festgeschnallte Ferkel, wie in Antjes Digitalkamera verewigt. Wenige Minuten später stehe ich wieder im Hotelflur. Ziemlich aus der Puste klopfe ich an Janas Tür.
» Gleiiich«, ruft sie.
Diesen kurzen Moment nutze ich, um mich innerlich zu straffen. Jetzt bloß kein dummes Zeug reden, Andi. Sei einfach du selbst. Äh, oder besser nicht?
» Hi … Andi?« Da steht sie in der Tür, mit überraschten Augen, aber auch etwas erwartungsvoll. Janas Shirt hängt leicht schief. Das hat sie wohl gerade erst übergestreift.
» Ich wollte … ich will«, lege ich Nachdruck in meine Stimme, » dir diese Postkarte geben.«
» Soso, ein Schweine-Motiv.« Sie nimmt sie zögerlich an. » Erweiterst du dein Beuteschema?«
» Es ist ein Bild«, verdeutliche ich.
» Das sehe ich.«
» Ja, also ein Bild und eine Metapher«, bekräftige ich, » denn wie ich dich gestern Abend angeblafft habe, das war auch eine … eine Sauerei.«
Jana mustert mich sekundenlang. Erst unschlüssig, dann milde.
» Ist das deine Art, dich zu entschuldigen?«
» Quasi. Und das gilt bitte auch für alle meine vorherigen Aussagen, die du als Beleidigung empfunden hast.« Na also, geschafft. Das Thema ist durch, und ich habe keinen Stress mehr. » Okay, dann bis später«, sage ich und wende mich zum Treppenhaus.
» Süß«, lächelt sie.
» Schon, ne? Wie die kurzen rosa Füßchen nach oben stehen, wie bei Marzipanschweinchen …«
» Andi, mach mich nicht kirre.«
» Ich wollte eh gerade gehen und …«
» Es ist süß, wie du dich bemühst. Ungewöhnlich.«
Puh, jetzt abwarten, einfach mal den Mund halten. Mal sehen, was passiert.
Sie neigt ihren Kopf leicht zur Seite und gibt den Blick in ihr Zimmer frei. » Komm doch rein.«
» Okay.«
Ahoi, Hanoi! Land in Sicht für Käpt’n Jack Andi Sparrow.
Auf ihrem Bett liegen viele Seiten Papier verstreut, einige Bücher und Tickets. Neben dem Kopfkissen hockt eine kleine Stoffschildkröte. Jana folgt meinem Blick.
» Ja, ist alles was durcheinander. Ich muss noch einiges vorbereiten und die Flüge für morgen bestätigen.«
Ich nicke. » Du hast bestimmt mehr Arbeit mit uns, als wir mitkriegen.«
» Und dann noch der Ärger mit seltsamen Teilnehmern«, grinst Jana unbefangen. » Lass uns doch eben auf den Balkon setzen.«
» Och ja, den kenn ich.« Ich reibe mir die Schläfen, als ich nach draußen trete.
» Genau«, erinnert mich Jana eher spielerisch, » hier hast du erst vor vier Tagen die Durchsage gemacht, dass Frauen zum Davonlaufen sind.«
Ich überwinde mich zu einer Erklärung.
» Meine Freundin hat mich wenige Tage vor der Tour verlassen. Einfach so.«
» Das tut mir leid«, sagt Jana und zieht eine Schnute, » aber ›einfach so‹, das gibt’s nicht. Es hat immer einen Grund.«
Ich zucke innerlich zusammen und äußerlich mit den Schultern.
» Da kommst du schon noch dahinter«, sagt sie und setzt sich.
Das würde allerdings voraussetzen, dass ich mir darüber Gedanken machen will.
» Als Vera dich gefragt hat, ob du in einer Beziehung bist, meintest du: ›lieber nicht‹. Da würde ich jetzt sagen: Zufrieden klingt anders.«
» Es ist ganz
Weitere Kostenlose Bücher