Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)
anderen matt und wollen mit dem Bus zurück nach Hue.
Im Hotelrestaurant nehme ich eine Schale Reis zu mir. Ausgerechnet Reis. Etwas anderes geht allerdings nicht rein. Wenn Durchfall, dann in Asien.
Ich schleppe mich aufs Zimmer und plumpse vornüber in Klamotten auf die Matratze. Auf dem Bauch mache ich mich lang, meine Beine hängen über der Kante. Endlich mal zwei Stunden Ferien im Bett, endlich mal abschalten können – bis auf die lautstarken Düfte aus meiner Hüfte. Die Reiskörner liegen mir wie Wackersteine im Magen. Wenn’s noch schlimmer wird, lasse ich mich einschläfern.
Träumen ist wie spazieren gehen in Gedanken. Nur dass man aus dem Traum aufwacht, die Gedanken aber bleiben. Also war es ein Rundgang. Oder ein Teufelskreis?
Dennoch, es geht mir besser. Etwas flau ist mir schon noch im Magen. Antje hat in ihrer umfangreichen Reiseapotheke doch bestimmt Vitamintabletten.
Ich schlüpfe in ein frisches T-Shirt und laufe zur Hoteltreppe. Eine Etage höher klopfe ich an die Zimmertür meiner Schwestern.
Antje öffnet, sie ist allein. » Hi. Wieder fit?«
» Jaja, geht schon. Sag mal, hast du Calcium und Magnesium da?«
» Klar, sogar griffbereit.«
Ich stecke das Röhrchen ein. » Danke.«
» Ach guck mal, Andi, da ist ein Äffchen vor dem Fenster! Wie niedlich!«
Tatsächlich, ein Jungtier turnt in den Ästen eines Baums.
» Warte, das muss ich fotografieren!« Sie klatscht in die Hände.
» Jo, mach doch.«
Antje nimmt ihre Kamera vom Bett. » Welche Art mag das wohl sein?«
» Hm, sein Hinterteil ist gerötet. Vielleicht ein Bonobo.«
» Meinst du?«
» Die Bonobos haben ständig Sex, was auch zur Entspannung in ihrer Gruppe führt. Habe ich im Kölner Zoo gelesen.«
» Du meinst, die machen’s, um ein gutes Sozialverhalten zu haben?«
Ich nicke matt. » Jo.«
Sie hält den Apparat vor ihren Augen, die Linse surrt sich scharf. » Dann wäre das doch auch was für dich …«
» Es könnte aber auch ein Gorilla sein«, sage ich schon energischer, » deren Hauptbeschäftigung ist: Fressen.«
» Na, dann passt der Kleine doch eher zu mir«, grinst Antje selbstironisch. » Andi, mach mal Faxen, damit er auf mich aufmerksam wird.«
» Wie jetzt?«
» Los komm, dann wird das Foto interessanter. Du weißt doch, wie’s geht.«
» Ich ärger doch keine Äffchen.«
Antje schielt mit einem Auge hinter dem Auslöser vor. » Aber deine Schwestern.«
» Nun, der Unterschied ist ja nicht so …«
» Sag’s nicht!«
Wir müssen lachen.
» Du sollst ihm ja auch nur winken.«
» Na gut.« Mit beiden Armen mache ich ungelenk auf mich aufmerksam.
Der Kleine läuft über einen längeren Ast auf uns zu, hält kurz inne und hüpft aufs Fensterbrett. Plötzlich faucht er durch die Scheibe.
» Huch.« Ich schrecke zurück.
» Yes, klasse Foto«, freut sich Antje.
» Na dann. Tschüss.«
» Ja, bis später.«
Sie hat ihr Foto, und ich habe Respekt. Was, wenn der wilde Affe mein Gesicht draußen wiedererkennt? Blöd, ich muss doch noch Wasser kaufen. Als ich das Hotel verlasse, setze ich die Sonnenbrille auf und ziehe mein Käppi tief über die Stirn.
Antje ist heute genau sieben Jahre mit ihrem Freund Stefan zusammen. Er nennt sie immer: »Mein Stern!« Meine Schwester ist doch kein Stern. Vom Planet der Affen, das vielleicht. Erstaunlich, wie lange ihr Freund schon mit ihr parat kommt.
Weil sie das eben nicht gemeinsam feiern können, müssen Mutti, Kristin und ich herhalten. Statt hier selbst mit einer hübschen Frau zu sitzen und auf unsere tolle Beziehung anzustoßen, soll ich mich auch noch am Beziehungsglück meiner Schwester weiden. Genial, wie das abends zu meiner Stimmung passt.
Wir laufen an der Rezeption vorbei, betreten zwei Straßen weiter eine beliebte Backpacker-Bar und bestellen eine Flasche Rotwein: Prost aufs Jubiläum, tataa.
» Ich freu mich für dich, Antje.« Ich könnte … Das Tu-Wort zur Brechtüte im Flieger, genau das.
Die Wände in der Kneipe sind mit Grüßen und Botschaften aus aller Welt und an alle Welt vollgeschmiert. Kristin greift sich einen Filzschreiber.
»Sieben Jahre Antje & Stefan«. In fetten schwarzen Buchstaben malt sie unseren Glückwunsch dazu. Jeder verewigt sich hier nach seinem Geschmack.
»Save Water, drink Beer!« Das wird nicht zwingend ein Umweltaktivist gewesen sein.
Darunter ergänze ich: »Kölle Alaaf!«
Einfach so, und weil wir ja eh gerade an die Lieben daheim gedacht haben. Als die anderen nicht gucken, schreibe ich an
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