Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)
schön. An der Strandpromenade biegen wir links ab und halten an einem 4-Sterne-Hotel am Meer, so richtig prächtig mit breiter Auffahrt und Kronleuchter am Eingang. Das ist fast ein Stilbruch nach den bisher eher einfachen Unterkünften – an die sich Kurt inzwischen offenbar gerne gewöhnt hat. Als ich auf meinen Balkon trete, schaut er mürrisch von seinem herüber.
» Sogar Schokolade auf dem Kopfkissen! Ich mag den Schuppen nicht. Aber davon lasse ich mir den Urlaub nicht vermiesen!«
Samstag, 7. Februar
»LADY BUMM BUMM?« C
Üppig grüne Berglabyrinthe, Strände mit blauen Fischerbooten, türkis glänzendes Wasser. Nicht nur im Vergleich zu Sibirien blüht die Natur auf der Weiterfahrt nach Nha Trang geradezu verschwenderisch auf.
» Das kriege ich selbst in meinem Garten so nicht hin. Wobei die Hyazinthen letztes Jahr schön geblüht haben.« Mutti ist schon in aller Frühe gut gelaunt.
Immer wieder Reisfelder, Bauern und Wasserbüffel an der Straße. Ja gut, irgendwo müssen die Langkörner schließlich geerntet werden.
» Bis fünf Monate, dann reif. Sechs Tonnen Reis werden gewonnen, auf hundert mal hundert Metern Anbaufläche«, erklärt Toni. » Ein Kilo kostet im Laden zwei Euro ungefähr.«
» Interessantes Reis-Leistungs-Verhältnis«, wundert sich Kristin.
Auch mir klingt das nach einem ziemlichen Aufwand, ich sollte Reis also mit mehr Respekt behandeln.
Da, auf einmal grient ein Junge durchs Busfenster. Was denn, wir fahren doch! Moment, wer hat denn den hochgehoben? Bremsen. Quietschen. Halten. Was ich hier schon wieder erleben muss.
» Der Kleine steht ja auf einem Büffel!« Walter fuchtelt aufgeregt mit den Händen. » Vera, knips das Tier!«
Harald zupft sich am Ohr. » Mitten auf der Landstraße – stehen wir hier nicht im Halteverbot?«
» Obwohl die Straße asphaltiert ist, wir sind hier nicht in Deutschland«, sagt Jana belustigt.
Der Wasserbüffel trabt nun seitlich am Bus vorbei, das Kind auf seinem Rücken hält sich an einer Kordel fest. Ich öffne ein Fenster und gebe dem Jungen die Hand.
» Tja, Leute, so funktioniert Völkerverständigung!«
Er hält seinen braunen Arm neben meinen. Als er meinen Sonnenbrand berührt und die rote Haut sich kurz hell verfärbt, grinst er verdutzt.
Ein zweiter Junge kommt angelaufen und schwingt sich auf den lässig dastehenden Büffel.
» Die turnen ja richtig auf dem herum«, staunt Mutti.
» Ist halt ein Spielgerät. So was wie Schaukeln oder Rutschen haben die eben nicht.« Kristin betrachtet es von der praktischen Seite.
» Mit Essen spielt man nicht.« Schön, den Spruch hat Mutti immer noch drauf. Gut für sie, dass Antje es nicht gehört hat.
» Jedenfalls sehe ich hier nirgends ein Halteverbotsschild!«, ruft Harald etwas entfernt von der Straße.
Vor den Kameras von Vera und Antje strahlen die beiden Kleinen auf ihrem Büffel um die Wette. Ja, die Jungs definieren Fröhlichkeit ganz neu. Wenn China das Land des Lächelns ist, ist Vietnam das Land des Lachens.
» Iiih, ’ne Ratte!« Antje lässt fast ihre Digicam fallen.
Ein dritter Junge hält ihr eine tote Ratte vor die Linse und sagt etwas, das sehr stolz klingt.
» Das ist sein Mittagessen, er hat es gerade gefangen in den Ackerfurchen«, übersetzt Toni. » Ist nicht unhygienisch und eine übliche Mahlzeit hier«, ergänzt er, worauf Antje noch angewiderter guckt.
» Unglaublich, die kennen echt keine Nahrungstabus.« Auch Kristin schüttelt sich. » Da wird doch der Hund in der Pfanne verrückt!«
Harald steigt als Letzter wieder in den Bus und wirkt ganz erleichtert. » Puh, Glück gehabt, kein Knöllchen kassiert.«
Was meine Exfreundin wohl gerade macht? Ich muss an Kim denken, als wir mittags in einer malerischen Bucht mit bunten Booten stoppen. Sie hatte ja auch ihre guten Seiten, und zickig ist sie eigentlich nie gewesen. Hätte es mit ihr funktioniert auf längere Sicht? Ich weiß es nicht.
Im Fischerdorf direkt am Meer liegt ein Lokal, das von langen Holzpfählen umgrenzt ist, auf denen eine dunkelgrüne Plane flattert. Niedlich, diese kleinen Plastikstühle, die ich als Sitzplatz fast schon obligatorisch finde. Beim Blick in die Speisekarte ist es wohl besser, Kristin zu warnen.
» Iss nix, was im Reisfeld kriecht.«
» Okay, dann nehm ich ’ne Currywurst.« Sie klappt die Speisekarte zu. » Und zum Dessert ein großes Stück Schwarzwälder Kirschtorte mit frischer Sahne.«
Sicher doch. Obwohl, zur Abwechslung hätte ich auch wirklich mal
Weitere Kostenlose Bücher