Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)

Muscheln für Mutti: Roman (German Edition)

Titel: Muscheln für Mutti: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Dörr
Vom Netzwerk:
hier bestimmt auch ihre Runden drehen.«
    » Tja, Mutti, sie wäre für die Saigoner auch zu schön, um wahr zu sein.«
    Auf einer Parkbank sitzt Harald unter seinem Strohhut und liest. Wie gut, ihn mal in Ruhe anzutreffen.
    » Mutti, ich will mit Harald reden. Wenn du magst, kannst du ja schon vorgehen. Einfach da vorne rechts …«
    » Ich kenne den Weg, du brauchst nicht auf mich aufzupassen. Bis später.«
    Der Kies knirscht, als ich mich Harald nähere. » Hey, alles klar?«
    » Bestens, Andi, setz dich!« Geradezu aufgeregt blättert Harald in einem Buch. » Hör mal, was ich gerade gelesen habe! Ganz erstaunlich, wie unverblümt Peter Scholl-Latour in seinen Kriegs-Aufzeichnungen auch den Sex schildert. Hier, die Situation mit einer Gruppe von Hippies im Sommer 1973: Unser Kamerateam wurde freundlich, aber mit verhaltenem Misstrauen aufgenommen. Die amerikanischen Mädchen waren reizlos und pickelig. Aber eine blonde üppige Südafrikanerin namens Mandy schaffte erotischen Ausgleich. Und weiter: Zwei unbeschwerte Thai-Dienerinnen waren voll in die Gemeinschaft integriert. Hätte ich nicht gedacht!«
    » Dass die ›unbeschwert‹ integriert waren …?«
    » Nein, wie offen Scholl-Latour das beschreibt. Neben seinen politischen Analysen.«
    Obwohl ich es schon länger wissen will, muss ich kurz überlegen, wie ich es Harald frage. » Sag mal ehrlich, mal unter uns: Was weißt du über Frauen?«
    Er wiegt das Buch in seinen Händen.
    » Naja, was man halt so liest.«
    » Dich interessieren doch Frauen?«
    » Ja, viele! Ich meine, tun sie, klar. Aber … die interessieren sich nicht für mich. Einmal habe ich einer ’n Bier ausgeben wollen, über den Barkeeper. Das hat sie wieder abbestellt.«
    Dabei legt Harald das Buch auf die Bank und verschränkt die Arme.
    » Wie alt bist du noch mal?«
    » 39.«
    Schweigen. Sicher, ihm fehlt das Zutrauen, ein Erfolgserlebnis.
    » Aber du versuchst es doch weiter?«
    » Um wieder und wieder einen Korb zu kriegen?« Harald kratzt sich am Kopf.
    » Hey, da machste nix, das passiert uns allen. Nur haste es dann wenigstens versucht!«
    Schweigen. Ein paar junge Frauen, alle in rosa Shirts, laufen giggelnd an uns vorüber.
    » Andi, meine Mutter erteilt mir ja schon eine Absage nach der anderen.«
    » Hm?«
    » Glaub mal nicht, dass es Spaß macht, ständig als Niete bezeichnet zu werden.«
    Er dreht die Schuhspitzen zueinander und scharrt mit den Sohlen im Kies.
    » Scheiße. Mensch Harald, du kannst dich doch nicht so unterbuttern lassen!« Ich springe auf und setze mich direkt wieder. » Da musst du gegenhalten, musst protestieren.«
    » Ich bin nicht so der Demo-Typ, ich schreibe lieber Leserbriefe.«
    » Wie auch immer, du musst Mamas Rockzipfel loslassen.«
    » Das sagst ausgerechnet du.«
    » Ich sag’s meiner Mutter, wenn mir was nicht passt. Und meiner Exfreundin habe ich auch immer die Meinung gegeigt.«
    Harald hält sich nachdenklich einen Zeigefinger an den Mund. » Ob ich zu den Frauen auch mal ›böse‹ sein sollte? Ach nein, ich weiß ja gar nicht, wie das geht. Ist vielleicht auch nur ein Klischee. Walter war sicherlich nie gemein zu Vera.«
    » Sehe ich auch so. Und das nach über 40 Jahren Ehe, toll. Wenn’s einmal läuft.« So kann ich unser Gespräch noch nicht stehen lassen. » Trotzdem, Harald, denk an unser Bootslied. Hey, Marmor, Stein und Eisen bricht. Ich mein … du musst auch mal aus dir rausgehen, einfach mal ’nen Spruch raushau’n!«
    » So wie du bei Jana?«
    » Öhm.« Die Frage kommt überraschend. » Also, wenn’s passt. Es muss passen.« Aufgerüttelt stoße ich Harald an. » Zurück zum Hotel?«
    Er nickt und steht auf.
    » Da drüben, Andi, guck mal, da rennt doch die Antje?!«
    Tatsächlich. Meine Schwester überragt die Asiatinnen deutlich, und statt eines Gesichtsschutzes hat sie einen hochroten Kopf.
    Darüber sollte ich mich nicht lustig machen, denn sie trainiert eisern, beweist Einsatz. Und ich? Ich zeige bei Jana weniger Durchhaltevermögen als eine Eintagsfliege.
    Das Restaurant des Hotels ist eher zweckmäßig eingerichtet, es erinnert mich an eine Kantine. Einige aus der Gruppe sind noch in der Stadt verstreut, was in Saigon nicht verwunderlich ist. Ist doch auch einerlei, es müssen ja nicht immer alle dabei sein. Aber … auch Jana fehlt.
    » Wo is’n die Chefin?«, erkundige ich mich möglichst unverfänglich, als ich Platz nehme.
    » Sie hat sich zum Essen verabredet«, weiß Vera.
    Wieso das denn? Ich bin doch

Weitere Kostenlose Bücher