Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)
Panoramascheibe stehend, nur wenige Meter vom Geschehen entfernt, das in seiner schwebenden Lautlosigkeit zugleich in einer anderen Welt stattzufinden schien, beobachtete Rogers das Vorgehen seiner Mannschaften.
Die Schleusenkammer wurde geöffnet. Die Enterbrücke schwenkte aus. Spezialkräfte in schwarzen Schutzanzügen hangelten sich zur anderen Seite hinüber. Sie inspizierten den Eingang zur Hauptschleuse. Rogers hatte ihnen im Vorfeld eingeschärft, dass sie keinen Schritt ungesichert tun durften. Überall war mit Sprengfallen zu rechnen. Aber offenbar traf das Vorabkommando auf keine derartigen Hindernisse. Die Männer brachten starke Sprengladungen an und zogen sich dann wieder zurück. Rogers weidete sich an der Exaktheit, mit der sie dabei vorgingen. Jeder Schritt war abgestimmt wie bei einem Ballett. Jeder Mann wurde von zwei weiteren gesichert, der ihm im Ernstfall Feuerschutz geben konnte. Die Einheit agierte wie ein vielzelliger Körper. Dennoch zweifelte Rogers keine Sekunde daran, dass sich im Fall von offenem Widerstand Verwirrung und sogar Panik ausbreiten würde. Dann war auch mit Verlusten zu rechnen, und zwar hauptsächlich durch unachtsames Feuer aus den eigenen Reihen. Das war seine Erfahrung aus drei Feldzügen und einem Dutzend schwerer Schlachten.
Die Polarisation der Scheibe vertiefte sich auf 95 Prozent und hellte sich dann automatisch wieder auf. Weiße Rauchpilze entfalteten sich vor der Schleuse und verdampften rasch im kosmischen Vakuum. Elektrische Entladungen fädelten um die schwarzen Trichter, die die Sprengungen in die sensiblen Partien des meterdicken Stahls gerissen hatten. Die Kraftfelder, die die Atmosphäre im Inneren der Station hielten und die auch für die künstliche Schwerkraft an Bord des Segmentes sorgten, schienen noch intakt zu sein.
Einige Männer in besonders stark gepanzerten Schutzanzügen gingen vor. Sie prüften die Zerstörungen, die die Sprengladungen angerichtet hatten. Den besonderen Druckunterschieden im Raum entsprechend, waren längliche schmale Risse in der stählernen Haut der Station entstanden. Die tonnenschweren gehärteten Ringe der Schleuse waren unversehrt, aber entlang der wesentlich dünneren Verkleidung, die das Schott umgab und es mit den angrenzenden Decks verband, klafften mehrere mannshohe Öffnungen. Die Männer duckten sich, die schweren Strahlenwaffen im Anschlag, hinein. Augenblicklich strömten die Einheiten aus dem Bauch der Endeavour nach. Dutzende von Kämpfern hangelten sich über die Enterbrücke, wo sie für wenige Meter der Schwerelosigkeit und dem kosmischen Vakuum ausgesetzt waren, und drangen dann durch die Sprengwunden in das gegnerische Schiff ein.
»Sir«, meldete sich Colonel Kurtz. »Wir können online auf die Helmkamera des Stoßtruppführers gehen.«
Rogers machte eine abwartende Handbewegung zu seinem Piloten, der in seinem Rücken saß. Durch die Backbordscheibe verfolgte er, wie seine Eingreiftruppe ohne Unterlass zu der geenterten Station hinüberflutete und die Einheiten verstärkte, die sich in deren Innerem vorwärtskämpften. Schließlich wandte er sich ab und drehte sich zu Kurtz um. Ein knappes Nicken war die Antwort auf dessen Frage.
Auf dem großen Schirm erschienen schwankende Bilder. Man sah den Vorraum, der von Rauschwaden erfüllt war. Die Notbeleuchtung tauchte alles in ein fahles, blauflackerndes Licht. Der Offizier sah sich rasch nach allen Seiten um und sicherte das Vorfeld. Dadurch wischte der Bildausschnitt unscharf hin und her. Mit abgehackten Befehlen und kurzen Handbewegungen, die manchmal im unteren Teil des Bildes sichtbar wurden, schickte der Offizier seine Soldaten in die angrenzenden Gänge und Räume. Plötzlich riss die Übertragung ab, um gleich darauf flimmernd wieder einzusetzen. Irgendwo hallten Schüsse. Man hörte die Rufe der Unteroffiziere aus der lokalen Kommunikation der Einheit. Jemand schrie auf.
»Wow«, machte Colonel Kurtz und lehnte sich genüsslich in seinem gravimetrischen Sessel zurück.
»Na endlich«, brummte Rogers. »Ich dachte schon, sie würden sich gar nicht mehr wehren.«
Auf dem Bildschirm war zu erkennen, wie der Offizier sich hektisch herumwarf. Durch ein geöffnetes Schott sah man in den angrenzenden Raum. Weißer und gelber Rauch waberte auf dem Boden. Rechts und links des Durchgangs kauerten mehrere Soldaten, die, die Waffen im Anschlag, das Vorrücken sicherten. Mehrere Schüsse fielen. Rote und grüne Strahlenbündel detonierten an den
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