Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Muss ich denn schon wieder verreisen?

Muss ich denn schon wieder verreisen?

Titel: Muss ich denn schon wieder verreisen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
Vom Netzwerk:
nicht eingeordnet.
    Ich muß jedoch zugeben, daß ich auch nicht weiß, was Araber gewöhnlich essen.
    Es gab Teller und richtiges Besteck, nicht mal abgenagte Knochen konnten wir auf den Boden werfen, weil keine übrigblieben, und der später georderte Wein wurde nicht aus einem getrockneten Kuhmagen in die Gläser gegossen, sondern kam in normalen Karaffen auf den Tisch. Sehr enttäuschend das Ganze!
    Als wir beim Kaffee angelangt waren, auf den die meisten zugunsten eines süßlichen Schnapses verzichtet hatten, wurde die Stimmung zusehends lockerer. Uwe hatte sich wohl vorgenommen, seine Wut über die entschwundene Claudia in Alkohol zu ersäufen, jedenfalls hielt er den Getränkekellner ständig auf Trab. Betti mißbilligte diese Art von Frustabbau. »Laß das, Uwe, das bringt doch nichts! Morgen hast du bloß wieder einen Kater!«
    »Na und? Ist doch meine Sache, nich? Du hast mir gar nichts zu sagen. Oder bist du meine Mutter? Nein, biste nich. Wärste wohl gerne, was?« Seine Stimme wurde immer weinerlicher. »Ich habe schon eine Mama, und die sitzt jetzt ganz allein zu Hause… Hat sie das nötig? Ich wollte ja gar nich wegfahrn, Claudia wollte, und nu isse fort, und meine Mama is ganz allein, und ich bin ganz allein …« Der Rest ging in einem Tränenausbruch unter.
    Betti zerschmolz vor Mitleid, hatte aber zuwenig Erfahrung im Umgang mit alkoholisierten Jammerlappen. Über die verfügte Gregor. Er zog den weinerlichen Knaben aus dem Verkehr, indem er ihn zurück zum Hotel brachte und ins Bett steckte.
    Eigentlich hätten wir anderen jetzt auch gehen können. Gesättigt und je nach Aufnahmekapazität mehr oder weniger gut abgefüllt, hatten sich dieselben Grüppchen gebildet wie sonst auch, nur hieß es heute nicht ›Geselliges Beisammensein‹, sondern ›Arabischer Abend‹. Arabisch klang jedoch nur noch die Hintergrundmusik, sehr gewöhnungsbedürftig und streckenweise ähnlich melodisch wie früher das Flötenspiel meines Nachwuchses.
    Gregor kam zurück, und ihm zu Ehren wurde die Musik plötzlich lauter. Nein, wohl doch nicht seinetwegen, denn nach ihm schwebte eine Blondine in den Raum mit obenrum wenig an, sah man mal von der Tüllgardine ab, die ihr Gesicht bis zur Nasenspitze verhüllte. Die nahm sie aber auch noch ab, und zum Vorschein kam ein recht hübsches rundes Gesicht mit blauen Augen und Grübchen am Kinn.
    Beifall von allen Seiten, untermalt von vielen Aaahhs und Ooohhs. Menachem stand auf, begrüßte formvollendet den Gast und stellte ihn als Suleika vor, erst unlängst dem Harem eines Wüstenscheichs entkommen und immer noch auf der Flucht vor Verfolgern. Noch kein Ungläubiger habe sie beim Tanzen bewundern dürfen, doch heute abend würde sie zum erstenmal…
    »Glaubt er wirklich, wir nehmen ihm das Gesülze ab?« wollte Irene von mir wissen. »Die hat in ihrem ganzen Leben noch keinen Scheich gesehen. Suleika stammt wahrscheinlich aus Hannover oder Wanne-Eickel und hat gerade einen Bauchtanzkursus hinter sich. Derartige Schulen schießen doch zur Zeit wie Pilze aus dem Boden. Bei mir in der Nähe gibt es auch eine.«
    »Ist doch egal, woher sie kommt. Das Ganze ist ein netter Gag, weiter nichts.«
    Suleika ließ noch einen Schleier fallen, und nun konnten wir sie in voller Schönheit vom vorne geschlitzten Rock bis zum knappen Oberteil einschließlich Glasrubin im Bauchnabel bewundern. Goldkettchen klirrten an Armen und Beinen, die Haarflut wurde von einer Art Diadem gebändigt. Ich hatte nicht halb so prächtig ausgesehen, als ich vor zwei Jahrzehnten bei einem dörflichen Faschingsfest als Haremsdame herumgelaufen war.
    Dann begann Suleika zu tanzen. Vermutlich hätte jeder Experte fernöstlicher Bräuche resignierend die Augen geschlossen, doch wir befanden uns ja im Nahen Osten, und als Fachmann durfte sich wohl niemand von uns bezeichnen. Wenigstens wackelte der Bauch vorschriftsmäßig, er zitterte sogar, und ich wartete nur auf den Augenblick, da des Nabels Zier rausfallen und sämtliche Männer unter die Tische kriechen würden, um das Juwel zu suchen. Gregor schien ähnliches zu bewegen. »Wie hat sie den Klunker bloß festgemacht?«
    »Mit Sekundenkleber«, vermutete ich.
    »Glaube ich nicht. Damit kriegt sie ihn nämlich nicht wieder runter, ohne die Haut mit abzureißen.«
    »Dann vielleicht mit einem Druckknopf. Wenn sie jeden Abend zum erstenmal vor Ungläubigen tanzt, würde sich ein kleiner chirurgischer Eingriff schon rentiert haben.«
    Eine Beantwortung dieser

Weitere Kostenlose Bücher