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Mutiert

Mutiert

Titel: Mutiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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Lupe nahmen. Der Direktor zeigte sich erstaunt und betroffen, als er von Ricos Aufgriff und den weiteren Umständen erfuhr, die zur Festnahme Anjos geführt hatten. Er versicherte, dass er Rico in besten Händen wähnte, da sich Anjo als Arzt vorgestellt hätte, der für das staatliche Gesundheitsprogramm arbeite und dessen Ziel es sei, den ärmeren Schichten des Landes medizinische Hilfe zukommen zu lassen. So hätte Anjo angegeben, sich mehrere Wochen in Campo Grandé aufgehalten und sich dort mehrerer schwer erkrankter Kinder angenommen zu haben. Und es sei für Rico ein Segen, von den Verantwortlichen im Gesundheitsministerium zur Behandlung ausgewählt zu werden. Es stünden unzählige Namen auf der Liste der Bedürftigen, und nicht jedem werde dieses Privileg zuteil.
    Der Direktor des Waisenhauses hatte zu keinem Zeitpunkt Verdacht geschöpft, dass etwas an der Sache nicht stimmen könnte. Ganz im Gegenteil, er war froh gewesen, dass sich jemand für das Schicksal des kleinen Rico interessierte, der mit Geduld sein Martyrium ertragen und den inzwischen jeder im Haus lieb gewonnen hatte. Als Anjo den Jungen in einem schwarzen VW und in Begleitung eines unbekannten jungen Mannes abgeholt hätte, um ihn in die Universitätsklinik nach Curitiba zu bringen, hätte ihnen der Direktor des Waisenhauses zusammen mit den Pflegerinnen und Schwestern sogar noch nachgewunken.
    Die Kollegen aus Campo Grandé hegten keinen Zweifel daran, dass niemand im Heim geahnt hatte, welche kriminellen Machenschaften sich hinter dem Auftauchen des weißhaarigen, alten Mannes verbargen. Außerdem übergab der Direktor den Kollegen die Schreiben, mit denen sich Anjo bei seinem ersten Besuch legitimiert hatte. Doch schon eine erste oberflächliche Prüfung ergab, dass es sich um Fälschungen handelte. Das Dienstsiegel stammte nicht vom Ministerium für Gesundheitsvorsorge, sondern vom Ministerium für Transport und Verkehr, was für Laien nur schwer zu erkennen war.
    » Wir sind so weit wie zuvor«, sagte Falcáo, bevor er den Bericht der Kollegen aus Campo Grandé zur Seite legte.
    » Wir wissen nun, mit welcher Masche sich dieser Anjo das Vertrauen der Menschen erschleicht«, entgegnete Zagallo. » Er sucht sich seine Opfer dort, wo man ihm sogar noch dankbar dafür ist, dass er sich um die Kranken kümmert. Er erscheint wie ein Engel der Hoffnung, und dabei ist er ein Teufel in Menschengestalt.«
    » Aber was steckt dahinter, was ist sein Motiv?«, hakte Falcáo nach.
    » Du hast den Arzt doch gehört. In der medizinischen Forschung werden Millionen verdient. Das ist ein lukratives Geschäft, das sich niemand so leicht entgehen lässt. Der junge Mann in Anjos Begleitung ist tot, die Zulassung des Wagens gefälscht, und Anjo selbst ist in unseren Akten unbekannt. Ich habe ein Bild nach Brasilia gefaxt, aber ich verspreche mir nicht viel davon. Alle Spuren lösen sich in Luft auf. Langsam wird mir die Sache unheimlich.«
    » Du glaubst, dass es eine mächtige Organisation gibt, die hinter der Sache steckt?«
    Zagallo kramte in seinem Ablagefach auf dem Schreibtisch und zog eine Liste hervor.
    » Was ist das?«, fragte Falcáo.
    » Das ist eine Liste aller Pharmaunternehmen, die hier in unserer Stadt ansässig sind. Insgesamt neun Firmen, alle in der Forschung tätig. Zwei davon beschäftigen sich ausschließlich mit Kosmetika, also bleiben sieben übrig. Wir werden uns morgen an die Arbeit machen. Nach den Toten im Blumenfeld und diesem kleinen Jungen gibt es für mich keine Zweifel mehr. Es geht um pharmazeutische Forschung, alle anderen Erklärungsversuche ergeben keinen Sinn. Die Opfer, die wir identifizieren konnten, litten an einer Blutkrankheit. Wir müssen herausfinden, welche Firma sich mit Medikamenten beschäftigt, die zu diesem Krankheitsbild passen, dann haben wir unsere Täter, davon bin ich felsenfest überzeugt.«
    Falcáo schüttelte den Kopf. » Diese Firmen werden uns kaum auf die Nase binden, an welchen Projekten sie arbeiten. Schließlich ist der Markt hart umkämpft.«
    » Dann müssen wir entsprechend sensibel vorgehen«, antwortete Zagallo und steckte sich ein Zigarillo an.
    Am Rio Jatapu, Amazonasgebiet
    Nachdem die Sonne aufgegangen war, erhob sich die Feuchtigkeit vom Boden und tauchte den Wald in einen milchigen Schleier. Der Cabo marschierte voran, schließlich verharrte er und wies auf einen kleinen Tümpel, der von drei mächtigen Bäumen umrahmt war.
    » Wir werden dort rasten«, sagte er.
    » Endlich!«,

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