Mutter der Monster
eindeutiges Zeichen dafür war, dass das Leben an ihrem Wächter vorbeiging, was dann? Buffy mochte Bücher. Bücher waren gut, zur richtigen Zeit am richtigen Ort.
Aber definitiv nicht an einem Samstagabend.
Dennoch musste sie zugeben, dass Giles’ Faszination für düstere, staubige Wälzer, für alle großen und kleinen Nachschlagewerke gelegentlich recht hilfreich war.
Wie zum Beispiel jetzt.
»Gib mir noch einen Moment Zeit«, bat Giles, während er eine Stelle in dem vor ihm liegenden Buch markierte. Er blickte auf, nahm seine Brille ab und wischte sich mit einem Tweedärmel den Schweiß von der Stirn.
»Buffy«, sagte er in einem Tonfall, der sowohl Mitgefühl als auch Ärger über ihr Verhalten verriet, »ich wünschte, du würdest dich hinsetzen. Du verschwendest nur deine Energie, wenn du weiter herumläufst.«
»Genau«, stimmte Xander zu. »Ganz davon zu schweigen, dass du diese unansehnlichen Streifen auf dem Boden hinterlässt.«
Wenigstens eins hat geklappt, dachte Buffy, als sie sich seufzend auf einen Stuhl sinken ließ. Die Gang hatte sich bereits in der Bibliothek eingefunden. Was bedeutete, dass Buffy keine kostbare Zeit damit verschwenden musste, sie aufzuspüren.
Zeit, die sie im Moment auch nicht hatte.
Die anderen waren kurz nach Buffy eingetroffen. Mit ein paar knappen Worten hatte sie sich vergewissert, dass die Gang ihre Mission erfüllt hatte: Suz Tompkins war sicher zu Hause angekommen.
Buffy sagte sich, dass sie ebenfalls ihre Mission erfüllt hatte.
Sie hatte die Kerle erledigt, die hinter Suz her und für das Verschwinden von Leila und Heidi verantwortlich waren. Bloß Pech, dass sie sich jetzt nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen konnte.
85
Sie hörte von beiden Seiten der Bibliothek das Rascheln beim Umblättern der Bücher, in denen Willow und Giles nach Hinweisen forschten. Wie gewöhnlich hatte Giles die Gang mit Arbeit eingedeckt, sobald er erfahren hatte, dass es ein Problem gab. Willow hatte die Aufgabe, nach Informationen über Nemesis zu suchen, während Giles Daten über die Vampirmutter und ihre Jungs sammelte.
Oz half Willow; er hatte die Bücher geholt, um die sie gebeten hatte, und auf ihrem Tisch zu zwei großen Stapeln aufgetürmt. Auch Xander hatte eine Aufgabe – sich im Hintergrund zu halten und nicht zu stören.
Buffy wusste nicht, um was für ein Buch es sich handelte, in das Giles so vertieft war, aber sie war ziemlich sicher, dass es einen ellenlangen Titel hatte, etwa in dem Stil wie Amerikanische Vampire des neunzehnten Jahrhunderts: Eine historische Retrospektive und Chronologie.
Giles hoffte, dass die Informationen über die Vamps, die Buffy gepfählt hatte, ihnen einen Hinweis auf die Art der bevorstehenden Prüfung liefern würde. Wie gewöhnlich ließ Giles nichts unversucht. Buffy schätzte seine Gründlichkeit.
Sehr sogar. Sie wünschte nur, er würde schneller machen.
Sie löste das Zopfband von ihren Haaren und machte kreisende Bewegungen mit dem Kopf, um die Verspannungen in ihrem Nacken abzubauen. Dabei warf sie einen verstohlenen Blick auf die Bibliotheksuhr. 23:23 Uhr. Seit sie erfahren hatte, dass sie sich einer Prüfung unterziehen musste, um ihre Mutter zu retten, war eine knappe halbe Stunde vergangen.
Es kam ihr vor wie eine Ewigkeit.
Buffy trommelte mit dem Fuß auf den Boden und versuchte nicht daran zu denken, wie Joyce in der Gasse hinter dem Bronze ausgesehen hatte. Wie sie ihre Handtasche an die Brust gepresst hatte, als könnte sie sie beschützen.
Verängstigt. Verloren. Allein.
86
Buffy wusste, wie es war, sich so zu fühlen. Sie wollte nicht, dass ihre Mom so etwas durchmachen musste. Es genügte, wenn eine Summers in der Familie in scheinbar aussichtslose Lagen geriet.
»Ich bin fertig«, sagte Giles plötzlich. »Ich glaube, ich habe etwas gefunden, auch wenn meine Nachforschungen recht unbefriedigend verlaufen sind, wie ich mit Bedauern einräumen muss. Es gibt Lücken in den Aufzeichnungen, aber das ist ja nichts Neues.«
Buffy biss sich auf die Innenseite ihrer Wange, um ihre Ungeduld zu zügeln. »Sagen Sie mir einfach, was Sie herausgefunden haben, Giles.«
»Ich bin auf einen Hinweis auf eine ganze Familie von Konföderierten gestoßen, die verwandelt wurde«, erklärte Giles und hob das Nachschlagewerk, in dem er geblättert hatte.
»Laut diesem Buch ist es im Jahr 1864 geschehen, kurz vor dem Ende des Bürgerkriegs. Während des Falls von Atlanta, oder kurz danach. Der Name der Familie war
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