Mutter des Monats
bockig.
»Kein Aber. Du hast Poppy in den Ferien jeden Tag getroffen, und in fünf Minuten siehst du sie wieder. Bald wirst du viele andere Freundinnen haben, nicht nur – oh!« Rachel war an ihrer Seite, doch Heather verlangsamte ihren Schritt nicht. Sie stürmte voran, während die Mädchen immer weiter zurückfielen. »Hi«, sagte sie zu Rachel, den Blick starr nach vorn gerichtet. »Wie geht’s?«
»Äh, ich weiß nicht genau. Eigentlich hätte ich die Kinder heute nicht zur Schule bringen sollen, was ganz gut gewesen wäre, denn ich habe nicht mehr mit Tom geredet, seit … ach, du weißt schon. Aber jetzt bin ich hier. Und das nur wegen Chris. Jetzt muss ich Tom wohl doch unter die Augen treten. Da ist nichts zwischen uns, das weißt du ja, oder? Du weißt, dass da überhaupt nichts …«
Wenn sie ehrlich war, verstand Heather nur Bahnhof. Außerdem wäre es ganz nett, wenn Rachel zur Abwechslung mal nicht immer nur über sich reden würde. »Ja, mir geht es gut, danke der Nachfrage. Bestens. Ich versuche, in Zukunft mal ein bisschen pünktlicher zu sein.« Melissa war immer früh dran. Das würde Heather jetzt auch so machen. Es war ganz eindeutig besser so. »Wie waren die Ferien?« Sie schlug absichtlich einen distanzierten Ton an.
»Äh. Lass mich nachdenken. Ich habe mich mit niemandem getroffen und nichts gemacht, außer am Schreibtisch zu sitzen und alberne Bildchen über die Geschichte der Schule zu malen, die sich kein Schwein angucken wird. Die Kinder waren kaum da und haben ihr Ding gemacht … Tja, war ziemlich beschissen.«
Na, selbst schuld, wenn du lauthals verkündest, dass sich jeder um seine eigenen Angelegenheiten kümmern soll, Rachel Mason! Dann bleibst du eben allein, und keiner redet mehr mit dir. Und läufst an einem strahlenden Sommermorgen unter deiner persönlichen dunklen Wolke zur Schule.
»Aber heute Morgen …«
»Also meine Ferien waren super, danke.« Das wollte Heather ihr noch reinreiben. Nicht, dass irgendwer die Höflichkeit besessen hätte, sie mal danach zu fragen. »Hatte viel Spaß.« Früher war ihr nie aufgefallen, wie langsam Rachel ging. War sie immer so lahm gewesen? »Wie geht’s Josh?«
»Josh?« Rachel verlangsamte ihre Schritte noch weiter. »Äh, na ja, ein bisschen …«
»Auweia.« Es war immer das Gleiche mit diesen Leuten: Sie zogen einen einfach runter.
»Ach so, nein, nix ›auweia‹. Glaube ich jedenfalls nicht. Weil er nämlich …«
Das war eben das Schöne an Melissa: Sie war immer gut drauf. Immer. Wenn man mit ihr zusammen war, hob das gleich die Stimmung, und genau das hatte sich Heather für die Zukunft vorgenommen: immer gut drauf zu sein. Richtig gut.
»So, da sind wir«, sagte sie schnell und gab Maisie einen Abschiedskuss. »Es wird bestimmt bald besser. Bis später.«
Da stand Melissa, drüben bei der großen Buche. Heather wandte sich schwungvoll von Rachel ab und marschierte schnell in Richtung Baum. Sehr schnell. Am liebsten wäre sie gerannt.
»Morgen!« Melissa strahlte. Sie sah aus wie der personifizierte Sommertag. »Hast du Zeit für einen schnellen Kaffee?«
»Mensch, klar! Ja, bitte, das wäre toll.« Heather strahlte zurück. »Ich liebe dein Kleid!« Sie stand, das spürte sie ganz deutlich, auf der Schwelle zu einem neuen Leben.
»Georgina!«, flötete Melissa. »Lust auf einen schnellen Kaffee?«
»Nö, keine Zeit. Leider.« Sehr zu Heathers Erleichterung drehte sich Georgina nicht mal um. Sie hatten seit der Bekanntgabe der … na ja … nicht mehr miteinander geredet, und Heather wollte nicht, dass Georgina auf der Schwelle zu ihrem neuen Leben herumlungerte. Womöglich mit einer stinkenden Kippe im Mund.
»Sicher?«, versuchte Melissa es erneut. »Joanna kommt auch.«
Georgina hielt inne. »Joanna? Meine Joanna?« Sie trat auf Heather zu. »Joanna, deren Jungs ich gerade zur Schule gebracht habe und die keinen Ton dazu gesagt hat?«
»Ja, ist das nicht toll? Sie will versuchen, wieder zu ihrer alten Routine zurückzukehren, was ich für eine hervorragende Idee halte. Aber sie will, dass sich alle ganz normal benehmen. Keine Beileidsbekundungen oder Trauerberatung, ja? Und ab morgen bringt sie die Jungs übrigens wieder selbst zur Schule.«
Milo Green trieb vorbei, Martha hatte ihn im Schlepptau. »Viel Spaß heute, meine Schätzchen!«, rief Deborah ihnen nach. Ihre Stimme klang fröhlich, doch die Sorge stand ihr ins Gesicht geschrieben. Mensch, sie war ganz schön gealtert, dachte Heather. Sie sieht
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