Mutter macht Geschichten
verhutzeltes Kräuterweiblein. Auf dem Bildschirm zerflossen die Hausfrauen vor Glück über das Waschpulver, das weißer als weiß wusch, oder über die Bratpfannen, die nie anbrannten, oder über die Fußböden, die im Handumdrehen glänzten. »Verdammt«, machte Pamela ihrem Ärger Luft, »jede einzelne von euch wäre einfach ideal als Ehefrau für James!« Sie ging zu ihm in die Küche zurück. Er hob geduldig den Kopf.
»Ja, Liebling?«
»James, du bist deinem Vater sehr ähnlich, nicht wahr?«
Mit einem Anflug von Selbstzufriedenheit meinte er: »Ja, so sagt man wenigstens.«
»Ich habe ihn ja nicht mehr richtig kennengelernt, aber ich glaube dir aufs Wort. Am besten, ich geh jetzt mit einem heißen Glas Milch und einem guten Buch ins Bett«, fauchte sie wütend, »sonst lauf ich noch auf die Straße und renn' auch einen armen unschuldigen Polizisten um – nur daß ich es mit Absicht täte.«
Einige Tage später, in der Mittagspause, fragte Dina ihren Verlobten, während sie in einem Restaurant bei Bohnen und Bratkartoffeln saßen: »Ist es sehr schwierig, Mutters Kuddelmuddel zu entwirren?«
Eric Horten arbeitete bei einem Steuerberater und war daher der gegebene Mann, die augenblickliche Krise zu bewältigen. Dina lächelte ihn mitfühlend an. Er sah sehr müde aus. Er fuhr jeden Abend zu Mammi raus und arbeitete bis spät in die Nacht, um ihre Finanzen wieder ins Lot zu bringen.
»Auch nicht komplizierter, als die Schriftrollen vom Toten Meer zu entziffern. Die meisten Abrechnungen deiner Mutter stehen auf alten Briefumschlägen; nun, darauf war ich ja mehr oder weniger gefaßt, aber …«, und hier machte Eric eine Pause und fuhr in einem fast ehrfürchtigen Ton fort, »aber, Dina, manche stehen auf unbenutzten, schon frankierten Kuverts!«
»Reg dich nicht auf«, beruhigte ihn Dina. »Im Grunde ist es für dich ein Kinderspiel. Die Browns haben wirklich Glück, daß sie dich in die Familie kriegen.«
»Offen gestanden, deine Mutter ist in größten Schwierigkeiten. Nicht nur, daß sie sich lauter verrückte Sachen geleistet hat – sie hat auch nie Einkommensteuer bezahlt, das macht die Sache so vertrackt!«
»Ich weiß, Eric. Aber bei uns wird die Steuer automatisch vom Gehalt abgezogen, das erspart uns schon viel Nachdenken, nicht wahr? – Und die arme Mammi ist besonders ungeeignet, sich mit diesen amtlichen Blutsaugern herumzuschlagen. Sie hat nie mit Behörden zu tun gehabt, Vater hat ihr das immer alles abgenommen.«
»Ich verstehe nur nicht, warum dein Vater das Kapital nicht festgelegt hat, so daß sie gar nicht erst rankonnte. Er war doch in allem anderen ein sehr bedachter Mann.«
Dina setzte sich kerzengerade hin und erwiderte kühl: »Und dir kommt nicht in den Sinn, daß Vater es vielleicht nicht tun wollte, weil es kränkend gewesen wäre, weil es so ausgesehen hätte, als traue er Mammi nicht zu, ihr eigenes Geld zu verwalten?«
»Verdammt noch mal, Dina, schließlich kannte er sie lange genug, um zu wissen, daß sie dazu nicht fähig ist.« Eric hielt inne, als er den herausfordernden Blick in den Augen seiner Angebeteten bemerkte. »Hör zu, ich wollte damit nichts Schlechtes über deine Mutter sagen. Du weißt, ich mag sie furchtbar gerne; es war eine rein sachliche Feststellung.«
»Wie oft muß ich noch wiederholen«, fuhr ihn Dina mit blitzenden Augen an, »daß man die Dinge auch anders sehen kann. Immer wenn du so sachlich wirst, habe ich dich etwas weniger gerne als sonst. Also gut, Mutter macht Fehler! Na, und wenn schon! Meinst du etwa, wir machen keine? Oh, ich weiß, du bist ein wahres Zahlengenie, aber wenn man dir zuhört, hat man den Eindruck, jeder macht Fehler – nur du nicht.«
»Aber du willst doch auch nicht, daß ich welche mache – zumindest nicht, bis ich die frankierten Umschläge deiner Mutter sortiert habe, nicht wahr, Liebling?« fragte Eric demütig, und Dina lachte und war versöhnt.
»Eigentlich haben wir an allem schuld … ich meine wir Kinder. Vater hat sich eben darauf verlassen, daß wir uns um Mammi kümmern, das haben wir ja auch getan … aber wir waren leider nicht energisch genug.« Sie schob ihren Unterkiefer nach vorn wie ein kleiner Bullterrier. »Aber auf eins kannst du Gift nehmen, von nun an werden wir strenger mit Mammi sein!«
Am nächsten Abend kam auch Jill Brown auf ihre Mutter zu sprechen, als sie zusammen mit George Dundon beim Dinner im Savoy saß. Er war gerade dabei, sie zum Wochenende nach Sussex in das
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