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Mutter macht Geschichten

Titel: Mutter macht Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Troy Una
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Mammis irische Natur bricht durch.«
    George hatte natürlich, wie es sich für einen Gentleman ziemt, nie durchblicken lassen, was für einen ungünstigen Eindruck er von Mrs. Brown bei seinem ersten und einzigen Pflichtbesuch gewonnen hatte. Und die etwas naive Frage Jills, was er von ihrer Mutter halte, hatte er diplomatisch pariert: Er würde ihr ewig dankbar sein, eine so entzückende Tochter in die Welt gesetzt zu haben. Er lauschte jetzt ohne jedes Vergnügen Jills lachend vorgebrachter Erzählung über die Unternehmungen ihrer Mutter und dachte im stillen, daß sie nur zu gut zu dieser völlig undisziplinierten Frau paßten. Die Dundons waren waschechte Angelsachsen, und so waren für George die Schotten noch gerade tragbar, während er die Waliser und Iren aufs tiefste verachtete. Und Mrs. Brown hatte in seinen Augen nicht nur den großen Fehler, das Produkt eines minderen Inselstammes zu sein, sondern auch ganz zweifellos des Kleinbürgertums, obwohl sie einen weniger scharfsinnigen Beobachter als ihn durch ihre eigentümliche keltische Ausdrucksweise und ihren ungewöhnlichen Akzent leicht darüber hinwegtäuschen konnte.
    Pech, daß diese nicht so ganz standesgemäße Frau die Mutter seiner geliebten kleinen Jill war. Aber Jill hatte sich als so gelehrig erwiesen, daß selbst ein Mann in seiner Position Ehre mit ihr einlegen konnte, und so hoffte er, ja, eigentlich war er fast sicher, daß seine Eltern bei näherem Kennenlernen seine Wahl gutheißen würden. Und sie wird die bei weitem hübscheste Ehefrau in unserer Clique sein, dachte er. George hob sein Glas (der Bordeaux war wirklich ausgezeichnet, und ihr Gaumen sollte allmählich fein genug sein, um Qualität zu erkennen) und murmelte: »Auf die Zukunft, Liebling!«
    Wenn sie erst verheiratet waren, würde er schon dafür sorgen, daß Jills Leben nicht durch ihre Mutter belastet würde.

VIERTES KAPITEL
    Eine Woche später hielten James, Dina und Jill ihrer Mutter eine Gardinenpredigt, deren Tenor streng, aber freundlich war – genau wie beim seligen Mr. Brown. Aber nun waren es drei statt nur einem, und Elsie hatte das Gefühl, sie stünde vor einem Geschworenengericht. Dabei war es nur ihr eigenes Gewissen, das sie dort hinstellte, weil ihre Kinder im Grunde sehr liebevoll waren und ihr noch nicht einmal Vorwürfe machten. Es würde sich schon alles wieder einrenken, trösteten sie, und eigentlich träfe sie (abgesehen vielleicht von dem Wagen, Cucullan und dem Laden) gar keine Schuld. Sie hätte sich so daran gewöhnt, daß Vater alles für sie erledigte, daß sie natürlich nicht fähig gewesen wäre, ihr Leben selbst zu organisieren, aber das wäre nun alles vorbei, und von jetzt ab nähme die Familie die Sache in die Hand.
    Und sie fingen auch sofort damit an. James hatte sich zum Sprecher ernannt und war an diesem Tag dem teuren seligen Mr. Brown ähnlicher denn je. Erst hielt er ihr einen kleinen Vortrag über die Gefahren des Auf-zu-großem-Fuße-Lebens, und Elsie begriff, daß sie von nun an auf sehr winzigen Füßchen würde stehen müssen; dann sagte er: »So, und nun wollen wir die einzelnen Punkte durchgehen. Am allerwichtigsten ist, daß du dir den Rest deines Kapitals erhältst, und so haben wir drei beschlossen zusammenzulegen, um dir erst mal die Steuerbeamten vom Halse zu schaffen. Wir werden ihnen anbieten, deine Schulden in Raten abzuzahlen, und können nur hoffen, daß sie darauf eingehen.«
    »Nein!« wehrte Elsie energisch ab und schüttelte vorwurfsvoll den Kopf über ihre lieben, großzügigen Kinder. »Es tut mir leid, daß ich dir gleich widerspreche, James, aber ich werde es auf gar keinen Fall zulassen, daß ihr auch nur einen Pfennig von eurem sauer verdienten Geld, das ihr wahrlich selbst braucht, dieser gierigen Behörde in den Rachen werft. Ha!« meinte Elsie herausfordernd. »Sollen sie doch kommen und mich ins Gefängnis stecken!«
    »Das schlimme ist nur, Mammi, daß sie genau das tun werden«, prophezeite Dina. »Und stell dir vor, wie furchtbar peinlich das für uns alle wäre!«
    »Ich glaube kaum, daß dies im Bereich des Möglichen liegt«, ließ James sich vernehmen. »Trotzdem möchte ich dich bitten, uns weitere Diskussionen über dieses Thema zu ersparen.« Elsie preßte ihre Lippen aufeinander und begnügte sich damit, wieder leicht den Kopf zu schütteln. James fuhr mit monotoner Stimme fort: »Der Wagen muß natürlich um jeden Preis verkauft werden.«
    »Aber das ist doch ganz sinnlos«, rief Elsie

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