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Muttergefuehle

Muttergefuehle

Titel: Muttergefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rike Drust
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Mann übernommen.
    • Ich lasse mich nicht unter Druck setzen. Wenn ich ein schlechtes Gefühl bei einer Familienveranstaltung habe, gehe ich nicht hin, und der Mann geht mit dem Kind allein.
    • Auch wenn ich mich manchmal entziehe, entziehe ich mein Kind der Verwandtschaft nicht. Der Mann kann ihn immer mitnehmen, das Kind soll alle kennenlernen und sich sein eigenes Urteil bilden.
    Wollen wir nicht doch noch ein Kind?
    Der Übermut, wenn’s mal wie am Schnürchen läuft.
    Letzte Woche war ich mit einem Freund essen. Am Nebentisch saß eine Familie mit einem sehr neugeborenen Kind. Das Kind war ein kleines Häufchen im Tragetuch, zwischendurch gab es einen kleinen Laut von sich oder hat sich ein bisschen bewegt. Normalerweise denke ich bei solch kleinen Babys immer »O Gott! Bloß nicht noch einmal! So klein, so ein Pflegefall, so langweilig, so wenig Schlaf!«, und so weiter. Aber letzte Woche dachte ich zum ersten Mal »Oooohhhh, wie niedlich. Wie kuschlig. Ich will auch«. Abends berichtete ich dem Mann davon:
    »Ich habe heute ein Neugeborenes gesehen und mich nicht gegruselt.«
    »Kannst du mir mal die Fernbedienung geben?«
    »War das deine Antwort?«
    »Ich will dich vor dir selber schützen.«
    Eigentlich ist für uns klar, dass wir gerade kein zweites Kind wollen. Aber manchmal, wenn mein Sohn eine Phase hat, in der er gut schläft und entspannt ist und witzig und die Tage mit ihm sind, als hätte ein Perfekter-Tag-Designer sie für uns zusammengestellt, wenn wir viel lachen und kuscheln, er zwischendurch einfach in sein Zimmer geht und auch mal ein bisschen allein spielt, dann stelle ich mir vor, wie eine kleine Schwester mit uns durch die Wohnung turnt. Sie würde doch gar nicht stören, die kleine Luzie mit ihren süßen Speckärmchen. Unser Sohn wäre bestimmt ein stolzer großer Bruder und würde sich immer gut kümmern; er ist schließlich jetzt schon so niedlich mit Babys, dass ich ständig aufgefordert werde, »langsam mal nachzulegen«. Und obwohl ich normalerweise sofort protestiere, beginne ich zu träumen: Die kleine Luzie hätte nicht nur süße Speckärmchen, sondern auch wippende rote Locken und wäre immer ein bisschen schlecht gelaunt, aber gerade so, dass es noch niedlich ist. Sie würde sich von niemandem die Butter vom Brot nehmen lassen, auch Jungs hätten vor ihr Angst, und sie würde Prinzessin Lilifee immer mindestens einen Schnurrbart und manchmal als Flugantrieb einen Pupswind malen. Sie wäre furchtbar selbstständig und so witzig wie ihr Bruder, beim gemeinsamen Abendbrot (hey, ich hab doch gesagt, ich träume, da kann der Mann auch mal pünktlich von der Arbeit zu Hause sein) hätten wir immer viel Spaß und der fröhliche Trubel würde immer ein bisschen nach Bullerbü schmecken. Also alles wie jetzt, nur noch ein bisschen schöner. Wir würden zu viert in den Urlaub fahren, und der Große würde immer toll auf die Kleine aufpassen, und die beiden würden so prima miteinander spielen, dass der Mann und ich viel rumliegen und lesen könnten. Und ich würde zwei Kinder und meinen Job und meine Bedürfnisse ganz einfach unter einen Hut bringen, das zweite Kind wäre überhaupt kein Problem und liefe einfach nebenher.
    Meinen bisherigen Kinderwunsch-Höhepunkt hatte ich, abgesehen vom Babyhäufchen im Asia-Restaurant, als der Sohn gerade unfassbar super war und wir zusammen im KIKA ein kurzes Filmchen gesehen haben, bei dem Geschwisterkinder sich gegenseitig vorstellten. Dabei hat jedes einzelne Pärchen einen so fantastischen Komplizen-Eindruck gemacht, dass ich mir heimlich eine Träne der Rührung aus dem Auge wischte. Außerdem war ich vor ein paar Wochen, als ich eine Freundin und ihre zwei Töchter besuchte, fast grün vor Neid, weil die Große so selbstverständlich und niedlich das Spielzeug ihrer kleinen Schwester verteidigt hat. Was war ich nur für eine egoistische Kuh, dass ich meinem Kind diese Erfahrung vorenthalten will.
    Und auch wenn ich beim Geschwisterträumen weiter in die Zukunft blicke, wäre es so schön, wenn wir Luzie hätten. Unsere pubertierenden Kinder würden gegenseitig aufeinander aufpassen und sich vor Dummheiten bewahren, wenn wir gerade keinen Zugang zu ihnen hätten. Sie wären so eng wie meine Freundin mit ihrer Schwester, bei denen es sich um einen Gendefekt handelt, dass sie NICHT zusammengewachsen sind. Die kleine Luzie würde für die Freunde ihres großen Bruders schwärmen, und er würde irgendwann später ihre Freundinnen angraben.

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