Muttergefuehle
bestimmten Menge werde ich unkonzentriert, schwitzig und hibbelig. Beim letzten Pampers-Turnen stand mein Sohn still da, während ich neben ihm mit knallrotem Kopf und verschwitztem Sweatshirt auf und ab hüpfte und immer wieder »Kaf-fee, Kaf-fee, Kaf-fee« sang.
Wegen des vielen Kaffees kann ich natürlich nachts nicht schlafen. Schaffe ich es doch, denke ich noch »Sobald ich eingeschlafen bin, wacht er auf« – und sobald ich eingeschlafen bin, wacht er auf.
Das sorgt nicht nur in diesem speziellen Moment für schlechte Laune, sondern auch langfristig für eine nicht unerhebliche Anspannung. Und wenn ich eines nicht brauche, dann ist es noch mehr Anspannung. Schließlich knistert es nachts auch so zwischen mir und dem Mann schon ordentlich, und das nicht immer erotisch. Regelmäßig fangen wir mitten in der Nacht an, hitzig zu diskutieren, etwa darüber, was jetzt die richtige Maßnahme ist oder ob das Kind bei uns im Bett schlafen soll, und dann will ich unbedingt wissen, warum der Mann gestern wieder die volle Windel in den übervollen Eimer gestopft hat, statt einfach mal den Beutel runterzubringen, woraufhin er wissen will, wieso ich das ausgerechnet jetzt frage, weshalb ich entweder wütend werde oder in Tränen ausbreche. Meistens beides.
Die letzten paar Nächte hat mein Sohn durchgeschlafen, ganz ohne Schreien-Lassen, dafür mit viel Hochnehmen und Kuscheln. Geht also auch. Cool, jetzt bin ich Verfechterin beider Methoden. Den dogmatischen Diskussionen zufolge kommt jetzt also zu seinem psychischen Schaden, weil ich ihn habe schreien lassen, noch hinzu, dass er ein verzogenes Arschlochkind ist und sich später von niemandem etwas sagen lassen wird, weil ich ihn immer hochgenommen habe. Vielleicht wird er sogar durch die Kombination beider Methoden eklatante Schwierigkeiten haben, in seinem Leben wichtige Entscheidungen zu treffen. Aber ganz ehrlich: Ich glaube so wenig an ein Richtig und Falsch bei solchen Dingen wie an gute Feen, die mir den Wunsch erfüllen, dass der Sohn immer durchschläft. Ich weiß, dass die nächste Schlechtschlafphase kommen wird und ich wieder übermüdet mit Kopfschmerzen und brennenden Augen am Frühstückstisch sitzen und mich fühlen werde, als wäre die ganze Nacht ein Spielmannszug mit Kreischflöten um mein Bett gestampft. Und der Mann wird wieder dasitzen, als wäre nichts passiert. Ich frage mich wirklich, wie er das wegsteckt. Entweder nimmt er heimlich etwas, oder er braucht nicht mehr so viel Schlaf, weil er schon so alt ist. Hoffentlich sind es die Drogen. Dann brauche ich nicht sieben Jahre warten, bis es besser wird.
Das hilft mir, wenn ich übermüdet bin:
• Ich trinke während der Arbeit viel Kaffee, versuche aber ab mittags darauf zu verzichten.
• Ich verbringe nachmittags so wenig Zeit wie möglich allein mit dem Kind. Müdigkeit macht nämlich sehr ungeduldig (ungerechtfertigtes Anschreien vom Kind) und schusselig (Herd angelassen, Brotmesser auf dem Tisch vergessen).
• Ich teile mir die Nächte mit dem Mann auf. Es nervt, dass wir nicht in einem Bett schlafen können, aber wenn jede zweite Nacht der Schlaf garantiert ist, ist es besser auszuhalten.
• Ich heule mich bei einer Freundin aus. Die meisten haben so etwas auch gerade oder, noch besser, gerade hinter sich, das macht mir Mut, es könnte vielleicht doch bald vorbei sein.
Das sind 23 Prozent weni… Nicht hauen! … Wo war ich?
Der Unmut, keinen Satz zu Ende führen zu können.
Erst war es die Schwangerendemenz. Meine Sätze hörten sehr weit vor dem Punkt auf, und meine Gedanken waren meistens nur ein wirres Gefasel von diffusen, unverständlichen Wortfetzen. In manchen Gesprächen mit dem Mann konnte ich mich schon bei seiner Antwort nicht mehr an meine Frage erinnern. Als das Kind dann auf der Welt war, ging meine Hirnverweichung weiter. Es hielt mich von Gedanken und Gesprächen ab, indem es zum Beispiel kotzte, wegrollte, haute, Euros aß, sich klemmte oder auch einfach nur verdächtig still war.
Seit seiner Geburt habe ich mehr Sätze abgebrochen als zu Ende geführt. Es gab Verabredungen mit anderen Müttern, nach denen ich mich, erst als ich wieder zu Hause war, gefragt habe, wie es ihnen wohl geht. Einmal hat mich eine Freundin mit ihrem Kind besucht. Wir sagten Hallo. Schon fing mein Kind an zu brüllen, dann ihres, und dann musste sie wieder los. Wir sagten noch Tschüss zueinander. Das war alles. An einem kompletten Nachmittag.
Menschen, die nicht viel Zeit mit kleinen
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