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Muttergefuehle

Muttergefuehle

Titel: Muttergefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rike Drust
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vollständiger. Wenn ich unseren Sohn beruhigen musste, wusste ich genau, wie ich ihn festhalten, streichen und schuckeln musste, damit er wieder einschlief. Und wenn ich mich danach aus dem Kinderzimmer geschlichen habe, wusste ich genau, welche Diele knarrt. Hat der Mann eine dieser Aufgaben übernommen, schuckelte er immer ein bisschen zu doll, sang ein bisschen zu laut und erwischte grundsätzlich die knarrende Diele, so dass alles wieder von vorn losging. Und das in einer Zeit, in der ich für jede Minute Schlaf zwanzig Liegestütze gemacht hätte (ich hätte es zumindest versucht). Ich kümmerte mich also selbst darum und dachte genervt: »O Mann! Der kann ja gar nichts. Beim nächsten Mal mache ich es gleich selbst!« Inzwischen finde ich das ziemlich überheblich und doof von mir, ich hatte schließlich zehn Stunden mehr pro Tag, um mir diese Fähigkeiten anzueignen beziehungsweise um das Kind an meine Art zu gewöhnen. Aber anstatt den Mann dabei zu unterstützen, dass er das, worin ihm die Routine fehlt, lernt und öfter macht, habe ich es lieber selbst erledigt. Klar, manchmal einfach nur, weil ich schneller wieder schlafen wollte. Aber in Wahrheit habe ich mich lieber selbst ums Kind gekümmert, weil ich nicht loslassen konnte. Ich bin dem Mann mehr als einmal nachgelaufen und habe ihm das schreiende Kind aus dem Arm genommen. Nicht so sehr, weil ich ihm nicht zugetraut habe, dass auch er es beruhigen konnte, sondern weil ich immer sofort Schuldgefühle bekam, wenn sich jemand anderes um meinen weinenden Sohn kümmerte. Ich habe mich sofort als schlechte Mutter gefühlt, wenn der Mann sich im Kinderzimmer ums brüllende Kind kümmerte, während ich im warmen Bett lag. Hatte ich es selbst auf dem Arm, konnte ich das Geschrei besser aushalten, schließlich tat ich dann, was im gemeinen Sinn von einer Mutter erwartet wurde, ich kümmerte mich aufopferungsvoll um mein Kind.
    Ein beschissener Teufelskreis: Ich wollte, dass wir uns gleichberechtigt kümmern, konnte aber nicht loslassen, gab dadurch dem Mann nicht ausreichend Möglichkeiten zu üben, gewöhnte das Kind immer mehr an meine Methoden und drängte mich so bei anstrengenden Situationen (Zähne kommen oder Erkältung geht nicht weg) selbst in die Hauptrolle.
    Den ersten Tritt hätte also eigentlich nicht der Mann, sondern ich verdient, weil ich nicht zugelassen habe, dass er von Anfang an alles zu gleichen Teilen macht. Dass er das wollte, ist ja bei Weitem noch nicht selbstverständlich. Mir rollen sich regelmäßig die Fußnägel auf, wenn ich von anderen Vätern höre, die sich mit Absicht dumm anstellen, damit die Mutter kommt und wickelt, beruhigt und alles erledigt, was anstrengend ist und Verantwortung bedeutet. Es gibt tatsächlich Väter, die sagen ihrer Frau gönnerhaft, dass sie mal ausschlafen soll, um nach fünf Minuten wieder im Schlafzimmer zu stehen, weil sie nicht wissen, was das Kind frühstückt. Und als ich vor Kurzem einen jungen Vater traf, sagte dieser tatsächlich wortwörtlich über die Nächte mit seinem wenige Wochen alten Kind: »Also ich schlafe super, aber meine Frau muss halt ständig raus.« Diese Säcke sollten mal schleunigst ihre Ärsche hochkriegen, und zwar nicht nur, damit ich ordentlich reintreten kann.
    Das würde ich jetzt anders machen:
    • Ich würde von Anfang an dem Mann alles zutrauen und ihn alles machen lassen.
    • Ich hätte nicht mehr so große Schuldgefühle, wenn sich der Mann (oder jemand anders) in anstrengenden Situationen ums Kind kümmert.

GESUNDHEIT & ENTWICKLUNG
    Müsste er das nicht schon lange können?
    Die Sorge um die Entwicklung des Kindes.
    Mein Sohn war im ersten Jahr immer zu spät. Am besten beschreibt folgende Situation seine sehr gemütliche Entwicklung: Er liegt beim PEKIP rum und glotzt durch die Gegend. Rechts schiebt ein anderes Kind im Stechschritt mit dem Laufwagen an uns vorbei. Mein Sohn liegt rum und glotzt. Links von uns schiebt ein weiteres Kind ein Bobbycar, auf dem ein anderes Kind sitzt und hupt. Mein Sohn? Dreht sich auf den Bauch und wundert sich über die neue Perspektive. Als seine Kumpelfreundin schon lange lief, machte er etwas, das sich erst Wochen später als Krabbeln herausstellen sollte. In dieser Zeit hatte ich doppeltes Glück: Denn erstens waren die Mütter in meinem direkten Umfeld, sowohl die vom PEKIP als auch die Mutter seiner frühreifen Freundin, super. Wir konnten entspannt Witze über die offensichtlich sehr unterschiedliche Entwicklung unserer

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