Muttergefuehle
hatte, eine frische vom Wäscheständer zu holen.
8. Ich habe in seiner Gegenwart »Fickscheiße« gesagt.
9. Ich habe 5. vergessen.
10. Ich konnte mich wieder nicht von den überhöhten Erwartungen an Mütter lösen.
Das kotzt mich so was von an. Jeden Tag spüre ich den Druck, eine perfekte Mutter sein zu müssen. Wie ein Über-Ich schweben Gesellschaft und Politik mit ihren beknackten Vorstellungen über mir. Mit erhobenem Zeigefinger ermahnen sie mich, dass wir im 21. Jahrhundert leben und ich als Frau für meine Unabhängigkeit sorgen und arbeiten sollte, damit der Mann im Falle einer Trennung nicht für mich aufkommen muss. Gleichzeitig bleibt allerdings der Großteil der Kindererziehung an mir hängen, weil es weder ausreichend flexible Arbeitsmodelle für Eltern noch ausreichend gesellschaftliche Unterstützung von involvierten Vätern gibt.
In die Erziehung quatscht mir dann auch wieder jeder rein, insbesondere die dogmatischen Mütter, die sich für perfekt halten und ihren intoleranten Schwachsinn so laut herausposaunen, dass ich denke, sie seien in der Mehrheit und ich die einzige schlechte Mutter im ganzen Land. Ich merke nicht, dass sie wahrscheinlich unter allen Müttern weniger als zwei Prozent ausmachen, werde unsicher und beginne, mich für meine Entscheidungen, zum Beispiel bei den Themen Abstillen, Impfen oder Bestrafen zu rechtfertigen, obwohl ich erstens genau weiß, was ich will, zweitens diese Dogmatikerinnen bescheuert finde und drittens die Themen, um die es geht, eigentlich für Kleinscheiß halte. Oder ist es für das Seelenheil eines Kindes relevant, ob es die Fünf- oder Sechsfachimpfung bekommt? Eigentlich muss der Rest der Welt doch nur wissen, dass ich mein Kind nicht schlage, es immer genug zu essen hat und emotional nicht vernachlässigt wird. Ich will, dass es glücklich ist, aber wie ich dafür sorge, ist ganz allein meine Sache.
Mir kann keiner erzählen, dass mein Sohn durch die von mir begangenen »Fehler« ein Serienmörder mit Handtaschenfetisch und/oder psychosomatischer Neurodermitis wird. Wobei ich mir sicher bin, dass ich, falls es doch passiert, als Mutter die alleinige Schuld dafür bekomme. Und zwar von allen. Den einen war ich zu streng, den anderen zu lasch, den einen zu egoistisch, den anderen zu familienorientiert, kurzum: Selbst wenn ich mir die größte Mühe gebe, ich werde es für irgendwen immer falsch machen und immer verurteilt werden. Deshalb verschwende ich jetzt so wenig Energie wie möglich darauf, perfekt sein zu wollen. Ich will mich nicht mehr dogmatisch umpusten lassen, sondern lieber meine eigenen Regeln aufstellen.
1. Ich bin eine gute, ganz normale Mutter.
2. Weil alles geht, ist auch nichts verkehrt: Jeder Mensch kann sein Kind (gewaltfrei) erziehen, wie er will. Das gilt für mich und für alle, die es anders machen als ich.
3. Mein Kind ist glücklich, wenn ich es bin: Und ob das mit einem Vollzeitjob oder in einer Großfamilie ist, ich in der Stadt oder auf dem Land wohne oder irgendwas dazwischen, ist ganz allein meine Sache.
4. Für mein Kind stehe ich gerade: Es soll sich bei mir immer sicher und geborgen fühlen. Die Verantwortung für sein Wohlbefinden und für den Grundstein seines Lebens nehme ich ernst und mit Stolz an.
5. Ich bin die Chefin: Mein Kind ist mein Kind und nicht mein bester Freund. In letzter Konsequenz bestimme ich, wo es langgeht.
6. Ehrlich stresst am wenigsten: Ich berichte offen über meine Erfahrungen und Gefühle. So muss ich nicht krampfhaft versuchen, ein Bild von mir aufrechtzuerhalten, dem ich nicht entspreche – das entspannt mich und andere Mütter gleich mit.
7. Die Konkurrenz schläft für immer: Ich ziehe keine Vergleiche zwischen meinem und anderen Kindern oder anderen Müttern und mir, zumindest nicht so, dass es zickt.
8. Ich lebe nicht für mein Kind, ich lebe MIT ihm: Unser Leben ist die Schnittmenge aus den Bedürfnissen aller Familienmitglieder.
9. Ich nehme nichts von Fremden: Vor allem keine schlauen Tipps.
10. Mein Kind ist alles für mich: Ich liebe es bedingungslos, aber ich finde es eben auch doof, witzig, großartig, anstrengend, schlau und vieles andere mehr.
So würde ich das NIE machen.
Das Entsetzen darüber, wie andere Mütter mit ihren Kindern umgehen.
Noch größere Augen als Kinder können nur Mütter machen: Und zwar wenn sie Mütter entdecken, die es anders machen als sie selbst. Zum Beispiel können manche es nicht ertragen, dass ich meinen Sohn erst abends
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