Muttergefuehle
hatte, sondern weil ich erst ohne Badetampon (?!) ins Wasser gegangen bin und danach eine kleine Cola light getrunken habe.
Als das Kind dann auf der Welt war, wurde es noch schlimmer. Ich habe mir nach ein paar Panik-Berichten fast ins Hemd gemacht und nächtelang im Kinderzimmer geschlafen, weil ich gelesen hatte, dass jeder Husten auch ein Zeichen für eine Herzmuskelentzündung sein kann. Den Husten wollte ich dann, wie knuddelmami666 empfohlen beziehungsweise befohlen hatte, mit einer Pampe aus Zwiebeln und Zucker statt mit Hustensaft bekämpfen. Seltsam eigentlich, dass hier aufgrund der Empfehlung von Zucker nicht sofort ein heftiger Shitstorm folgte; schließlich ist Zucker ja genauso der leibhaftige Teufel wie Fernsehen und verfrühtes Abstillen. Noch seltsamer, dass erstaunlich viele Krankheiten mit Hausmitteln und Homöopathie behandelt werden, obwohl sie doch eigentlich grundsätzlich lebensbedrohlich sind. In unserem Fall war der Husten wirklich nur ein Husten, und der einzige Effekt der Zwiebelpampe war, dass unsere Küche gestunken hat.
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Eigentlich ist ja klar, dass auch in Mütterforen die Zahl der notorischen Nörglerinnen und der zwanghaften Schwarzmalerinnen überwiegt, denn das ist in so gut wie jedem Forum so. Bei Produkttests oder Hotelberichten wird ja auch eher verrissen als gelobt. Aber wenn jemand wissen muss, wie schrecklich es ist, Angst um sein Kind zu haben, dann ja wohl Mütter. Dass sie sich trotzdem, ohne mit der Wimper zu zucken, trauen, übers Internet schlimme Krankheiten zu diagnostizieren, anderen Müttern ärgste Vorwürfe für ihr Verhalten zu machen, ihnen Schuldgefühle aufzuladen und in einem überheblichen, rechthaberischen Ton zu sagen, was sie ab jetzt tun und lassen sollen, das macht mich immer wieder aufs Neue sprachlos. Deshalb google ich auch nur noch Krankheiten, wenn mein Kind gerade gesund ist und ich Lust habe, mich zu wundern oder aufzuregen.
Was ich mache, wenn ich mich um mein krankes Kind sorge:
• Ich habe mir selbst Forenverbot erteilt, zumindest dann, wenn das Kind krank ist. Wenn schon Internet, dann Wikipedia, das ist die nüchternste und verlässlichste Quelle im Internet, sagt der Kinderarzt.
• Falls ich doch nicht anders kann, weise ich die schlimmsten Kommentierer in den Foren auf ihren unangebrachten Ton und die sehr forsche Diagnose hin.
• Ich überlege mir, welche anderen Eltern eine ähnliche Einstellung haben wie ich, und frage nur die (!) um Rat.
• Ich vertraue auf meine Intuition. Spüren, ob das Kind etwas Ernstes hat oder nicht, ist, sofern die Hilflosigkeit noch nicht allzu weit fortgeschritten ist, gar nicht so schwer und eine ziemlich verlässliche Methode.
• Ich rufe bei meinem Kinderarzt an. Wenn ich das Gefühl habe, die halten mich für eine hysterische Kuh, frage ich sie, ob sie mich für eine hysterische Kuh halten. Die werden nie im Leben Ja sagen.
DIE KINDERERZIEHUNG
Es ist nur eine Phase.
Die Demut vor der plötzlichen Unberechenbarkeit.
Seit ich Mutter bin, gibt es nur einen Satz, den ich öfter gesagt habe als »Danke, den Bon brauche ich nicht«, und der lautet »Es ist nur eine Phase!«. Dieser Satz ist das verbale Valium für alle Mütter, deren Kinder plötzlich nicht mehr schlafen, essen oder trinken wollen, um sich hauen, Sachen durch die Gegend werfen, sich nicht mehr wickeln oder anziehen lassen wollen und komplett ausflippen, weil Rot nicht Grün ist oder die Tür nach innen aufgeht.
Als der Sohn noch sehr klein war und wir beide uns noch nicht so gut kannten, lief es in diesen »Phasen« immer gleich ab: Von einer Stunde auf die nächste wurde seine Laune schlecht, ich wurde unsicher und begann alle in Frage kommenden Faktoren abzuklopfen, Windel voll, Hunger, Klamotten zu eng oder warm, Bauchweh und so weiter. Lag es nicht daran, und seine schlechte Laune blieb, nahm ich mir »Oje, ich wachse« zur Hand und guckte im Diagramm, ob über seinem Alter eine Gewitterwolke schwebte. Das tat sie fast immer, was laut den Autoren hieß, es handelte sich um einen Schub, weshalb ich mir sagen konnte, man wird es schon ahnen, »es ist nur eine Phase«. Herrschte bei »Oje, ich wachse« jedoch strahlender Sonnenschein, guckte ich alle zwei Stunden in seinen Mund und versuchte, einen neuen Zahn oder zumindest einen halbwegs weißen Hubbel zu finden, der als Erklärung für seine schlechte Laune und als Versicherung dienen konnte, dass sie wieder vorbeigehen würde. War auch in
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