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Mutti geht's gut: Wahre Geschichten aus dem Leben einer Tochter (German Edition)

Mutti geht's gut: Wahre Geschichten aus dem Leben einer Tochter (German Edition)

Titel: Mutti geht's gut: Wahre Geschichten aus dem Leben einer Tochter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Windmann
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sondern meine Mutter würde auch endlich da wohnen, wo ihr Herz schlägt.



10
»Asiatinnen essen Hunde – so eine kann doch mein Enkel nicht heiraten!«
    W äre ich ein Mensch, würde ich meinem Hund die eine oder andere Scheibe Wurst gönnen. Und ein Stückchen Mozzarella. Dazu ein kleines Scheibchen Marmorkuchen. Und … ach, der Hund könnte alles von mir haben!
    Jedenfalls wäre ich nicht so gemein wie meine Menschen. Die halten mich streng auf Diät. Jedes Mal tun sie so, als existiere ich gar nicht, wenn ich mit einem zwinkernden Auge und erwartungsvoll hechelnd vor ihnen sitze, um einen Happen zu ergattern. Oder sie sagen vorwurfsvoll: »Krüüümel! Geh in dein Körbchen! Na, wo ist denn dein Körbchen?«
    Als ob ich doof wäre …
    Gestatten, mein Name ist Krümel. Ich bin ein Mischling. So bezeichnen Menschen Hunde, die keinen astreinen Stammbaum haben. Als sei es wichtig, ob ich durchgehend von Dobermännern oder Dackeln abstamme! Mir ist das egal, ich bin nur froh, dass ich ein recht hübscher Mischling bin. Woher ich das weiß? Na, meine Familie sagt ganz oft: »Du bist aber auch wirklich ein hübscher Junge!«
    Auf den Spaziergängen konnte ich feststellen, dass ich Ähnlichkeit mit einem Collie habe, allerdings besitze ich kürzeres Haar. Ich habe Knickohren, und mein Schweif hat an der Spitze weißes Fell. Der Rest meiner Körperbehaarung ist vorwiegend braun und ein wenig schwarz. Einige weiße Flecken, auf die ich sehr stolz bin, geben meinem Pelz ein außergewöhnliches Aussehen.
    Ich bin ungefähr so groß wie ein Boxer, schlank mit schmalem Brustkorb. Mein Brustkorb ist wirklich ein Problem. Weil der so schmal und ausladend ist, kippe ich immer zur Seite, wenn ich mich auf den Rücken lege. Ich versuche es immer wieder mit dem Geradeliegen, und meine Familie kann sich das Lachen nicht verkneifen, wenn ich dabei von einer Seite auf die andere falle. Haha, sehr witzig – euch möchte ich mal an meiner Stelle sehen!
    Mein Frauchen Laura hat mich vor zehn Jahren bei meiner Ziehmutti abgeholt, die mich zuvor in einer Tierhilfe-Station pflegte. Den Namen Krümel hat die mir verpasst, und mein Frauchen ist einfach dabei geblieben. Im Grunde passt er ja auch ganz gut zu mir, weil ich nämlich wirklich jeden Krümel vom Boden auflese. Und ich kaue für mein Leben gern auf winzigen Kieselsteinen herum. Dabei verdrehe ich die Augen, so sehr gefällt es mir. Keine Ahnung, warum das so ist, aber ich werde es sicher nicht durch den Besuch bei einem Psychologen klären lassen. Nein. Ich finde mich toll. Und jeder Hund sollte seine Eigenheiten besitzen und ausleben können. Ist sicher auch beim Menschen so – zu viel Normalität ist langweilig. Jedenfalls sagt das mein Herrchen immer.
    Im Augenblick sitze ich vor meinem Frauchen Laura und starre den Teller auf ihrem Schoß an. Ich kann das richtig gut.
    »Krümel, hör mit dem Starren auf!«, sagt Laura. Das sagt sie immer. Und dann versucht sie, mich abzulenken, indem sie fragt: »Ja, wo ist denn das Mäuschen?«
    Bei dem Wort »Mäuschen« schieße ich normalerweise sofort und ohne Umschweife zur Terrassentür und belle, was das Zeug hält. Auch das Wort »Katze« erzeugt in mir den Drang, meine Familie beschützen zu müssen. Meine Nackenhaare stellen sich auf, ich stürze zur Terrassentür und kläffe erst einmal, als ob es um die Wurst ginge.
    Wenn es jedoch auf dem Teller von Laura wirklich um die Wurst geht – um eine Scheibe Leberwurstbrot zum Beispiel –, dann muss ich weiterstarren. Meine Augen verharren auf dem Objekt meiner Begierde. Leberwurst ist einfach das Größte. Nichts, wirklich absolut nichts würde mich unter diesen Umständen davon abhalten, auf einen Bissen, sei er auch noch so klein, zu warten.
    Heute ist Lauras Mutter bei uns zu Besuch. Gerade gibt sie mir heimlich ein Stückchen ihres Wiener Würstchens, da höre ich sie sagen: »Laura, Philipp hat mir gestern erzählt, dass er sich eine Partnerschaft nur mit einer Asiatin vorstellen kann. Findest du das gut?«
    Oje. Ich sehe, wie sich Frauchens Augen leicht verschmälern. Das ist kein gutes Zeichen – denn wenn sie so drauf ist, nimmt sie schon mal ihren Teller samt Brot und bringt ihn in die Küche, ohne mir ein Stückchen zu geben. Das macht sie nämlich immer, wenn ihr der Appetit vergeht. Und das könnte in den nächsten Minuten durchaus passieren, wenn Muddi und sie sich streiten …
    Ich stupse also ganz schnell mit meiner Nase an Lauras Knie. Sanft, doch mit Nachdruck.

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