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Mutti geht's gut: Wahre Geschichten aus dem Leben einer Tochter (German Edition)

Mutti geht's gut: Wahre Geschichten aus dem Leben einer Tochter (German Edition)

Titel: Mutti geht's gut: Wahre Geschichten aus dem Leben einer Tochter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Windmann
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allerdings wird der Blick auf den liebevoll verzierten Schrank im Zimmer meines Vaters durch ein völlig ungewohntes Kuddelmuddel beeinträchtigt. Auf dem Teppich liegen ungefähr zwanzig bunt verzierte Geschenktütchen, Kräuselband in verschiedenen Ausführungen, Tesafilm und sage und schreibe fünf Räuchermännchen.
    Wer meine Mutter nicht kennt, würde hier lediglich ein Häufchen Unordnung sehen und wäre allenfalls erstaunt darüber, wie hübsch und kreativ dieses Durcheinander doch aussieht. Vielleicht würde dieser Jemand auch denken, dass sie sich vor dem Geschenkeeinpacken einen Überblick verschaffen wollte.
    Ich kenne Muddi sehr gut und weiß, dass sie erstens sehr ordentlich und zweitens eine Meisterin der Suggestion ist. Immerhin versucht sie ja auch, mein Leben durch das Anstreichen von Zeitschriftenartikeln zu beeinflussen. Und deshalb zweifle ich nicht daran, dass auch das Arrangement vor dem Schrank eine Botschaft enthält.
    In meinem Inneren höre ich beim Anblick der zusammengewürfelten Gegenstände ihre Stimme: Laura! Ich habe stun-den-lang Geschenke eingewickelt! Sogar den Anfang von Wer wird Millionär? hab ich verpasst! Mir war schon ganz schlecht vor Anstrengung! Aber das sollte ja auch alles ganz besonders toll aussehen! Und dann hatte ich kein rotweiß kariertes Geschenkband mehr, da musste ich umdisponieren … Jetzt sieht das Geschenk für Ute gar nicht so toll aus, wie ich mir das ausgemalt hatte … Guck doch mal! Das sieht doch doof aus! Obwohl ich doch eigentlich sehr gut Geschenke einpacken kann. Es sieht meist nach etwas Besonderem aus, oder? Da können sich die Verkäuferinnen von Douglas noch ’ne Scheibe von abschneiden, die haben eh nur diese hellblauen Schleifen … Wenn ich noch jünger wäre, würde ich das glatt professionell machen … einen kleinen Laden eröffnen, mit ganz entzückenden Geschenkideen. Das würde mir Spaß machen!
    Nachdem ich im Stillen der Verpackungskunst meiner Mutter gehuldigt habe, denke ich: Ja, und um die Grundausstattung der Angebote in deinem Laden müsstest du dir auch keine Sorgen machen. Da könntest du aus dem Vollen schöpfen.
    Warum ich das denke? Nun, ein Blick ins Innere des bemalten Schrankes genügt, um diese Einschätzung zu belegen! Stellen Sie sich einmal vor, es gäbe eine Einkaufspassage, in der nur Läden von Käthe Wohlfahrt, Brigitte von Boch und Alfredo Pauly wären. Und nun machen Sie einen Bummel durch die Ausstellungsräume, die mit Gegenständen von erlesenem Geschmack gefüllt sind. Dann haben Sie einen Eindruck vom Innenleben des Schrankes: Er enthält ausnahmslos attraktive Accessoires des Alltagslebens: bunt, bunter … glitzernd, glitzernder … pompös, pompöser!
    Man steht vor diesem Schrank und ist »geplättet«, wie meine Mutter das ausdrücken würde. Sieben Pelzmäntel hängen darin, teils mühsam vom Munde abgespart, teils geerbt. Drei Stoffballen der Serie »English Rose« in zartem Pastellgrün liegen auf dem fast gänzlich bedeckten Boden des Zweitürers. Auf diesen Ballen ruhen – ungelogen – achtundzwanzig Pakete Servietten, verziert mit Motiven der Malerin Eva Lisi: Kleine, niedliche Wichtel mit roten Stupsnäschen sitzen im Kerzenschein an einem rustikalen Holztisch vor einem einfach verglasten Fenster. Das Fenster ist mit Eiskristallen überzogen, draußen liegt Schnee, eine Sternschnuppe ist am Himmel zu sehen und zwei kleine Rehkitze, die draußen darauf warten, dass die niedlichen kleinen Wichtel ihnen Nüsslein und Heu hinausbringen, damit es auch ihnen zur Weihnachtszeit gut ergehe.
    Windlichter, Porzellantässchen, Kerzenhalter aus demselben Material, Räuchermännchen, Nussknacker und Weihnachtsteller komplettieren diesen Miniatur-Ausstellungsraum. Und natürlich findet sich dort auch eine große Menge Verpackungsmaterial für die zahlreichen Geschenkideen: Circa zwanzig Rollen Geschenkpapier, zig Geschenktüten und Unmengen von Zierband warten auf ihren Einsatz.
    Ich sammele das Durcheinander vor dem Schrank so gut als möglich zusammen und stelle alles wieder an seinen Platz. Dann gehe ich hinunter zu Muddi ins Wohnzimmer, wo sie gerade an einer Strickarbeit sitzt.
    »Ich habe gerade in Vatis Zimmer aufgeräumt. Wieso sammelst du eigentlich so viel Kram an?«, frage ich sie, wohl wissend, dass ich darauf nie eine wirkliche Antwort bekommen werde. »Die fünf Räuchermännchen lagern doch mindestens seit vier Jahren im Schrank! Wann willst du die endlich verschenken? Und weshalb benutzt

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