Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
My Lady 0145 - Sheila Bishop - Der geraubte Kuss

My Lady 0145 - Sheila Bishop - Der geraubte Kuss

Titel: My Lady 0145 - Sheila Bishop - Der geraubte Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lore
Vom Netzwerk:
inne.
    „Ich stimme Ihnen voll und ganz zu, Madam“, warf Preston ein, der neben der Gattin auf dem Sofa saß. „Und dir, Lizzie, steht es nicht zu, Tom vor Mrs.
    Channing schlechtzumachen, noch dazu in seinem Haus!“
    „Vielleicht hat man Sie falsch informiert?“ fragte Martha hoffnungsvoll.
    „Nein!“ antwortete Elizabeth unbeirrt. „Ich habe heute einen Brief von Mrs.
    Gerard, Lady Laybournes Tante, erhalten. Auf ihre Angaben kann ich mich verlassen!“ Im gleichen Moment erblickte Elizabeth die Cousine, die wie erstarrt auf der Schwelle stand, und rief ihr erregt zu: „Ich habe dich vor Mr. Brooke gewarnt, nicht wahr, meine liebe Olivia? Du hast gedacht, ich würde mich in Dinge einmischen, die mich nichts angehen, aber es war gut, daß ich dir geraten habe, auf der Hut zu sein. Du ahnst ja nicht, was er jetzt getan hat! Er hat Anne, die ihn seit Jahren liebt, in dem Augenblick, da er zu seinem Wort hätte stehen müssen, sitzengelassen, ihr den Schutz seines Namens verweigert und sie öffentlich so blamiert, daß sie genötigt war, in ein Kloster zu gehen.“ Die Anschuldigungen, die Elizabeth gegen Mr. Brooke erhob, waren so fürchterlich, daß Olivia kaum die Zusammenhänge begriff. „Ist Lady Laybourne denn Katholikin?“ fragte sie erstaunt.
    „Nein. Aber seit der Revolution leben auf dem Besitz der Laybournes französische Nonnen. Anne hat sich ihnen gegenüber stets als sehr großzügig erwiesen, und nun hoffe ich, daß sie es ihr mit christlicher Nächstenliebe vergelten. Ich befürchte jedoch, daß man sie zwingen wird, in Sack und Asche herumzulaufen und jeden Tag Buße zu tun. Ist es nicht fürchterlich, daß Anne sich ausgerechnet an katholische Nonnen wenden muß?“ fügte Elizabeth erzürnt hinzu. „Das beweist wieder einmal, in welch prekäre Lage Mr. Brooke sie gebracht hat. Sie hat niemand anderen, zu dem sie sich flüchten könnte.“ Olivia sah sich außerstande, noch mehr zu hören. Sie verabschiedete sich unter einem Vorwand, verließ rasch das Haus und machte sich auf den Heimweg. Die Neuigkeit, die sie soeben vernommen hatte, war ein noch größerer Schock als die Mitteilung, Thomas Brooke sei in Lady Laybourne verliebt. Natürlich hatte sie die ganze Zeit gewußt, daß er ein unverbesserlicher Roue war. Er hatte sich nie besser hingestellt, als er in Wirklichkeit war. Da Olivia von Natur aus einsichtig und obendrein in ihn verliebt war, hatte sie sich eingeredet, in erster Linie sei sie und nicht er für ihren Kummer verantwortlich. Doch nun schwirrte ihr der Kopf.
    Die Art, wie er sich Lady Laybourne gegenüber benahm, war viel schlimmer als alles, was er Hetty oder ihr selbst angetan hatte. Erst verleitete er Lady Laybourne zu einem ehebrecherischen Verhältnis und setzte sie dem Zorn des eifersüchtigen Gatten aus, und dann gab er ihr den Laufpaß genau in dem Augenblick, da sie frei war und ihn heiraten konnte.
    Olivia konnte nicht verhindern, daß ihr die Tränen über die Wangen rannen. Sie verließ die Straße, hastete in einen kleinen Park und lehnte sich schluchzend an einen Baumstamm. Doch schon nach wenigen Minuten hatte sie sich gefangen.

    Sie weinte selten und wußte, daß es ihr nicht half, Seelenschmerz zu verwinden.
    Sie tupfte sich die Augen trocken, bog die Krempe der Bergere tiefer in die Stirn und schlenderte zur Straße zurück. Glücklicherweise waren zu der mittäglichen Stunde nur wenige Passanten unterwegs. Für eines war sie dankbar. Ihr Onkel war mit Gattin und Tochter zu Freunden nach Brantisford gefahren und würde erst spät heimkommen. Sie hatte das Haus für sich.
    Sie nahm einen leichten Imbiß ein und bedauerte, daß sie sich nicht mit der Stiefmutter aussprechen konnte, die ihr stets mit gutem Rat beigestanden hatte.
    Nach dem Essen beschloß sie, ihr einen Brief zu schicken. Es würde sie gewiß erleichtern, sich den Kummer von der Seele zu schreiben. Aus ihrem Zimmer holte sie den Schreibkasten aus poliertem Rosenholz, setzte sich in den Salon und begann, die trüben Gedanken dem Papier anzuvertrauen.
    Sie war so vertieft gewesen, daß sie sich erschrocken umdrehte, als plötzlich die Tür geöffnet wurde.
    „Guten Tag, Madam“, sagte Tom. „Ich hatte gehofft, Sie allein anzutreffen.“ Er trug Reisekleidung, und die Stiefel waren staubig. In den blauen Augen stand ein Lächeln, und seine Miene war heiter. Olivia meinte, ihr Herz habe einen Schlag lang ausgesetzt, und mit leiser, ihr seltsam befangen in den Ohren klingender Stimme

Weitere Kostenlose Bücher