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My Story - Streng geheim - Aller guten Jungs sind drei

Titel: My Story - Streng geheim - Aller guten Jungs sind drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sissi Flegel
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Kopfkissen von meinen Tränen ganz durchfeuchtet war. Ich heulte um zwei mutterlose Jahre. Um zwei Jahre ohne Gutenachtkuss, ohne Geburtstagskuchen, ohne Weihnachten in einer Komplettfamilie, ohne bemalte Ostereier, ohne Rat bei Liebeskummer, ohne Streicheln, ohne Küsse, ohne Umarmungen. Ich heulte, weil ich immer tapfer und stark war, obwohl ich doch manchmal überhaupt nicht stark und tapfer war. Ich heulte aus Wut und Zorn und … und Trauer, weil meine Eltern Bockmist gebaut hatten und ich den Mist ausbaden musste.
    Ich schlug auf mein Kissen ein, bis meine Fäuste wehtaten. Der Schmerz war aber überhaupt nichts gegen den in meinem Inneren. Und diese Zicke, diese total fiese, absolut neugierige, idiotische Nele war schuld daran!
    Irgendwann war ich komplett ausgeheult. Da war ich so erschöpft, da wollte ich von meinem ganzen Schlamassel-Leben nichts mehr wissen, dass ich meine Schuhe auszog und in Jeans und Pulli ins Bett kroch, die Decke über die Ohren zog und einschlief.
    Als ich aufwachte, fand ich mich erst mal überhaupt nicht zurecht. Vor allem kapierte ich nicht, weshalb es in der Kammer so dämmrig war - bis ich auf meine Uhr schaute und feststellte, dass ich den Nachmittag voll verpennt hatte.
    Ich wankte ins Bad. Als ich mich im Spiegel sah, rief ich: »Allmächtiger!« - ganz wie Gundi, wenn sie zu Tode erschrocken ist. Leute, ich erschrak fürchterlich. Das war nicht ich! O nein, ich, Zippi Hopp, sah so nicht aus! Niemals, auf keinen Fall konnte ich mich mit diesen roten, vom Weinen geschwollenen Augen sehen lassen. Ich presste mein Gesicht ins nasse Handtuch, ich wusch mich, bis mir fast die Haut abging - kurz, ich tat alles, um mich wieder in die normale Zippi zu verwandeln.
    Aber alles war umsonst; meine Augen waren und blieben rot
und verschwollen. So konnte ich mich unmöglich in der Küche zeigen. Das ließ mein Stolz nicht zu, dagegen wehrte sich meine Eitelkeit.
    Also ging ich zurück in die Kammer. Mein Kopfkissen war nass; ich öffnete das Fensterchen und legte es auf den Sims - in der Hoffnung, die paar müden Abendsonnenstrahlen würden es trocknen.
    Na ja, im Notfall schlafe ich ohne, dachte ich, als Emir um die Ecke bog.
    Emir, nicht Ignaz.
    Blitzschnell trat ich zurück und setzte mich aufs Bett. Mein Gesicht! Die roten Augen!
    Leider dachte ich nicht daran, die Tür zu verriegeln. Gut, selbst wenn ich daran gedacht hätte, hätte es nichts genützt. Es gab keinen Riegel und an einen Schlüssel hatte auch niemand gedacht.
    So schrie ich, als Emir den Kopf zur Tür hereinstreckte: »Raus! Ich will niemanden sehen!«

Eine eindeutig zweideutige Situation
    E mir legte den Finger an die Lippen. »Pst!« Er schloss mäuschenleise die Tür, klemmte die Lehne des einzigen Stuhls unter die Klinke, setzte sich neben mich aufs Bett und nahm mich wortlos in die Arme.
    Einerseits fand ich das ja ganz angenehm, andererseits hatte es eine ausgesprochen schädliche Wirkung auf mein Aussehen: Meine Tränen flossen schon wieder.
    Es ist unvorstellbar, wie viel Flüssigkeit der Körper an einem einzigen Tag produzieren kann.
    Emir hielt mich in den Armen. Ich heulte. Das Kissen trocknete. Die Sonne versank hinter den Bergen. Die Dämmerung nahm zu. Auf einmal knurrte mein Magen - klar, seit dem Frühstück hatte ich ja nichts mehr gegessen.
    Â»Du hast Hunger.«
    Â»Nur mein Magen. Ich bin nicht hungrig.«
    Â»Gut.«
    Ich nickte.
    Â»Liebeskummer?«, erkundigte sich Emir beiläufig.
    Ich schüttelte den Kopf. »Quatsch.«
    Â»Schlechte Nachrichten von zu Hause?«
    Â»Nein.«
    Â»Von deiner Mutter?«
    Â»Nein.«

    Â»Was dann?«
    Ich zögerte. »Mein Leben ist ein einziger Schlamassel.«
    Â»Das kommt vor.«
    Â»Echt? Hast du das auch schon mal erlebt?«
    Emir dachte nach. »Nicht wirklich. Aber ich kann’s mir vorstellen.«
    Â»Kannst du nicht.«
    Â»Nein?«
    Ich zögerte. »Nein.«
    Â»Was ist anders bei mir?«
    Â»Du hast eine Mutter, mit der du sprichst.«
    Emir stutzte. »Würdest du gerne mit ihr sprechen?«
    Ich hob die Schultern. »Weiß nicht. Und selbst wenn, wie sollte das gehen?«
    Â»Eben.«
    Â»Ja. Nach zwei Jahren …«
    Â»Das ist eine lange Zeit.«
    Â»Ja.«
    Â»Zippi, auf die Schnelle kann ich dir nicht helfen.«
    Â»Weiß ich. Niemand kann mir helfen.«
    Emir schwieg eine ganze Weile.

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