My Story - Streng geheim - Verrueckt nach Mark
Zeitungsannonce aufgeben. So was wie: Hallo, Mark, wenn du der Junge bist, der mir die Tasche wiedergebracht hat, dann melde dich doch bitte bei mir. Telefonnummer und Adresse unter Chiffre, bla, bla .«
Diese Idee scheint mir nicht die schlechteste zu sein. Doch bei Nico kommt sie gar nicht gut an.
»Und was soll sie machen, wenn sich irgendwelche Perverslinge bei ihr melden? Oder Typen, die sie auf den Arm nehmen wollen?«
»Ich glaube nicht, dass sich auf so eine Anzeige jemand aus Spaà meldet«, schalte ich mich ein, bevor die beiden eine ellenlange Diskussion über das Für und Wider anfangen.
»Immerhin müsste er anrufen oder zur Annoncenstelle gehen, das macht nur der, den es betrifft.«
»Okay, dann nehmen wir die Zeitungssache doch mal in unsere Liste auf.« Bine ist sichtlich begeistert.
»Gut, versuchen kann ich es ja mal«, sage ich. »Der Punkt kommt auf meine Liste.«
»Und wie wäre es, wenn du ein Gesuch im Internet startest?«, fragt Nico. Nachdem Bine schon so eine gute Vorlage gebracht hat, will sie auch was beitragen. »Eine Mailkette vielleicht. Du schreibst rein, wie der Junge aussieht und wo ihr euch getroffen habt, und bittest die Empfänger, falls sie es nicht sind, die Mail an fünf weitere Leute zu schicken. In ein paar Tagen könnte vielleicht schon ganz Berlin nach ihm suchen.«
»Oder die Leute halten Luna für verrückt, löschen die Mail und packen ihre Adresse gleich in den Ordner für Spam«, hält Bine dagegen. »AuÃerdem, wie viele Leute haben deine Mailadresse, Luna?«
Diese Frage ist mir echt unangenehm, denn was Chat und E-Mails angehen, bin ich nicht gerade fit. Klar hat Mamas Computer einen Internetzugang und ich habe auch eine eigene Adresse, aber auÃer Bine und Nico gibt es niemanden, mit dem ich maile. Und da ich sie jeden Tag sehe und wir alle Handys haben, hat sich die Mailsache auÃerhalb des Unterrichts meist schnell erledigt.
»Genau genommen nur ihr beide. Ihr wisst doch, ich hänge nicht gern in Chats rum.«
»Und was ist mit dem E-Mail-Verteiler deiner Mutter?«, fragt Nico, die das Ganze immer noch für eine tolle Idee hält.
»Ich gehe doch nicht an die E-Mails meiner Mutter!«, protestiere ich. »Abgesehen davon, dass es sich nicht gehört, läuft man dabei auch Gefahr, Dinge zu erfahren, die man besser nicht wissen will.«
»Gibtâs denn Neuigkeiten im Liebesleben deiner Mutter?«, fragt Bine sensationslüstern. Bisher hat sie uns nicht verraten, was sie später einmal werden möchte, aber ich bin mir sicher, dass Moderatorin einer Kuppelshow oder Inhaberin eines Heiratsinstitutes genau das Richtige für sie wären. Oder Klatschreporterin, das hat sie auch verdammt gut drauf.
»Keine Ahnung«, antworte ich und verschweige meine Vermutung, dass sie tatsächlich jemanden haben könnte. »Wenn, dann wird sie es mir schon sagen.«
»Vielleicht treibt sie sich ja nachts in Chats rum!« So wie Nicos Augen bei diesen Worten leuchten, wirkt sie wie eine
Internetsüchtige. Vielleicht ist sie es ja. Süchtigen im Anfangsstadium sieht man ihre Sucht nicht an. Dass gerade von ihr der Vorschlag mit der E-Mail-Kette kommt, ist schon mal ziemlich bedenklich.
»Meine Mutter kommt meist so geschafft nach Hause, dass sie fürs Chatten keine Zeit hat«, entgegne ich. »Wenn sie nicht gerade Nachtschicht hat, schauen wir abends fern und das warâs. Immerhin lastet auf ihren Schultern die Verantwortung für viele Patienten.«
»Also ich wüsste ja nicht, wie ich das schaffen soll«, schaltet sich jetzt Bine wieder ein. »Und ich könnte mir auch nicht vorstellen, dass meine Ma das packt, allein zu sein.«
Ja, meine Mama ist schon bewundernswert. Aber das weià ich schon seit Langem und mit meinem Problem sind wir jetzt immer noch kein Stück weiter.
»Also gut, die Sache mit den Kettenmails kommt hinten an«, lenke ich das Gespräch wieder in die richtige Richtung. Nico ist sicher enttäuscht, aber ich habe nicht wirklich vor, den Leuten per Mail auf den Geist zu gehen. »Was habt ihr sonst noch für Ideen?«
Wieder setzt das groÃe Grübeln ein, unterbrochen von einigen Happen Torte und Eis und einigen Schlucken Kakao. Der Mann auf unserem Stammplatz blättert immer noch in der Zeitung. Die Kaffeetasse vor ihm ist leer. Bleibt er nur sitzen, um uns zuzuhören?
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