MYLADY SOMMERBAND Band 03: HERZKLOPFEN IM ROSENGARTEN / LADY ODER KURTISANE? / (German Edition)
Becky gleich das Hirschhornsalz zu bringen. Und“, er griff in die Rocktasche und zog das gefaltete Blatt heraus, „würdest du deiner Schwester Georgina diese kleine Zeichnung von mir geben?“
„Ja, natürlich.“
Latimer sah sich unauffällig um. Hinter den Fenstern regte sich nichts. Und auch im Garten war der Engel nicht zu entdecken. Eine nahezu idyllische Ruhe herrschte. Um die bunt blühenden Blumen summten ein paar Bienen, und in der Hecke raschelte ein Vogel in seinem Nest.
„Auf Wiedersehen, Mr. Latimer“, rief Rupert und verschwand im Haus.
14. KAPITEL
In der Küche wartete Becky ungeduldig, erschöpft und ärgerlich auf Ruperts Rückkehr.
Die Männer aus London, die gekommen waren, um die Bücher abzuholen, hatten eine Menge Unordnung gemacht. Überall lagen Reste des Strohs herum, das sie als Polstermaterial für die großen Holzkisten benutzt hatten. Zudem waren sie überaus hungrig und durstig gewesen. Die gesamte Pastete hatten sie aufgegessen. Und das Ale, das extra ihretwegen gekauft worden war, hatten sie bis auf den letzten Tropfen ausgetrunken.
Nach all dieser Aufregung und Arbeit konnte Becky das Dinner nur mit Verspätung servieren – oder gar nicht, wenn Rupert nicht endlich mit dem Hirschhornsalz auftauchte!
In diesem Moment stürzte er in die Küche und schlang sogleich die Arme um die rundliche Haushälterin. „Liebe Becky, bitte, verzeihen Sie mir! Ich weiß, ich hätte mich beeilen müssen. Aber ich habe unterwegs Jimmy Porter getroffen und die Zeit vergessen.“
Noch immer sehr verärgert, befreite Becky sich aus der Umarmung des Jungen, musterte ihn und sagte streng: „Ich hätte dich für vernünftiger gehalten! Himmel, wie du aussiehst! Geh sofort nach oben, wasch dich und zieh dir etwas Sauberes an, ehe deine Mama dich sieht. Rupert, du bist eine Schande für die Familie!“
„Ab sofort nicht mehr“, verkündete er ernst.
„Und was soll das heißen?“
„Ich habe mich entschlossen, mein Leben zu ändern. Schließlich bin ich jetzt das Oberhaupt der Familie. Da trage ich Verantwortung.“ Er straffte die Schultern und schritt so stolz aus dem Raum, dass Becky ihm mit offenem Mund nachschaute. Als sie sich wieder ihrer Arbeit zuwandte, murmelte sie. „Ich möchte wetten, er plant schon wieder einen neuen Streich.“
Doch Rupert nahm seine guten Vorsätze sehr ernst. Mr. Latimers Worte hatten ihm die Augen geöffnet. Er war ein intelligenter Junge. Deshalb gab er sich nicht der Illusion hin, es würde einfach werden, die Rolle des Hausherrn und Familienvorstands zu übernehmen. Gewiss würde er noch eine Zeit lang hart dafür arbeiten müssen. Doch genau das wollte er tun. Schließlich war Harry immer sein großes Vorbild gewesen. Und Harry hatte niemals Dinge getan, die seiner Mama und seinen Schwestern Kummer bereiteten. Davon jedenfalls war er überzeugt.
Rupert betrat sein Zimmer, schlüpfte aus der staubigen Jacke und wollte sie wie üblich einfach auf die Erde fallen lassen, als ihm einfiel, dass ein Gentleman das wohl kaum tun würde. Also hängte er sie ordentlich an den dafür vorgesehenen Kleiderhaken. Dann zog er auch die Hose aus. Wenig später trat er frisch gewaschen und sauber gekleidet vor den Spiegel. Konnte man schon erkennen, dass er ein neues Leben angefangen hatte?
Zufrieden mit sich wollte er das Zimmer verlassen, als ihm einfiel, dass sich in der Tasche der schmutzigen Hose noch die Skizze befand, die er Georgina auf Bitten des Malers geben sollte. Rasch steckte er das Blatt ein. Dann ging er hinüber zum Zimmer seiner großen Schwestern und klopfte.
„Ja?“
Zu seiner Überraschung fand er Georgina am Waschtisch sitzend und vor sich hinstarrend vor. „Was ist los, Gina? Du siehst irgendwie … unglücklich aus.“
Sie rührte sich nicht, sagte jedoch vorwurfsvoll: „Becky hat auf dich gewartet. Wir sind alle erschöpft, weil wir beim Verpacken der Bücher geholfen haben. Du solltest nur eine Kleinigkeit aus dem Dorfladen holen. War das denn zu viel verlang?“
Eine zornige Antwort lag ihm auf der Zunge. Doch dann fiel ihm seine neue Verantwortung ein, und er sagte nur: „Es tut mir leid. In Zukunft werde ich versuchen, euch keinen Ärger und keine Sorgen mehr zu bereiten.“
Diese Worte bewirkten, dass Georgina aus ihrer Starre erwachte und sich zu ihm umdrehte. „Heckst du schon wieder irgendetwas aus?“, fragte sie misstrauisch.
Schweigend hielt er ihr die zusammengefaltete Skizze des Malers hin.
„Was
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