MYLADY SOMMERBAND Band 03: HERZKLOPFEN IM ROSENGARTEN / LADY ODER KURTISANE? / (German Edition)
hatten Ruperts Augen plötzlich zu strahlen begonnen. „Ich habe alles richtig gemacht, sagt Mr. Latimer.“
„Das hast du auch!“, bestätigte Kate.
Genau wie ihre Mutter hatte sie tags zuvor Ruperts aufgeregtes, atemloses Gestammel von Ginas Entführung zunächst nicht ernst genommen. Nach seinem Dauerlauf von Compton Lacey nach Westcotes war der Junge in einem schrecklichen Zustand gewesen, was seine Mama verständlicherweise beunruhigt hatte. Als er ihr dann Georginas Retikül in die Hände drückte, wurde Mrs. Cunningham klar, dass tatsächlich etwas Furchtbares geschehen sein musste. Kate, die diese Sorge teilte, hatte kurz von dem unangenehmen Zusammentreffen mit Gerald Carstairs berichtet und den Verdacht geäußert, er könne hinter der Entführung stecken.
An diesem Punkt wäre Mrs. Cunningham beinahe in Panik ausgebrochen. Doch glücklicherweise hatte Sir Arthur, der zu Besuch gekommen war, alles gehört. Mit überraschender Autorität nahm er die Dinge in die Hand. Er sorgte dafür, dass Radley benachrichtigt wurde, und machte sich dann selbst in Begleitung von Rupert auf die Suche nach Georgina.
Die Stunden bis zu seiner Rückkehr waren Mrs. Cunningham, Kate, Sophie und den Harpers wie eine Ewigkeit erschienen. Dann endlich war von der Straße her Hufgetrappel und Räderrollen zu hören. Mrs. Cunningham stürzte aus dem Haus und riss den Schlag von Sir Arthurs Kutsche auf.
Heraus sprang ihr Sohn, der vor Stolz ein Stück gewachsen zu sein schien. Dann half Sir Arthur der recht mitgenommen wirkenden Georgina beim Aussteigen.
„Ein Bad!“, rief Mrs. Cunningham der aufgeregten Becky zu, ehe sie ihre Tochter fest in die Arme schloss.
Wenig später waren alle im Salon versammelt. Georgina hielt den Kopf gesenkt und schwieg – was so untypisch für sie war, dass ihre Mama es erneut mit der Angst zu tun bekam. Sie bat Kate, mit ihren jüngeren Geschwistern hinauszugehen, damit die Erwachsenen offen über alles sprechen konnten.
Katherine, Rupert, Sophie und die Harpers warteten in der Halle ungeduldig darauf, Näheres über Georginas Abenteuer zu erfahren. Vergeblich. Nach einer Weile verabschiedete Sir Arthur sich, und Mrs. Cunningham begleitete ihre Älteste in die Küche, wo der Badezuber aufgestellt worden war.
Katherine tröstete sich mit der Aussicht darauf, dass Georgina ihr gewiss alles berichten würde, wenn sie zu Bett gingen. Doch dann tauchte Sophie auf und erklärte ein wenig mürrisch, dass sie Gina schon wieder ihr Zimmer habe überlassen müssen.
Tatsächlich hatte die Kleine sich derart heftige Sorgen um Georgina gemacht, dass sie lange nicht einschlafen konnte. Und so fiel Kate die Aufgabe zu, sie zu beruhigen.
Am nächsten Morgen schien Sophie ihre Ängste überwunden zu haben. Rupert benahm sich erstaunlich vernünftig. Mrs. Cunningham sah blass, aber gefasst aus. Kate bemühte sich, ihre Neugier zu verbergen. Und Becky begann, Georginas Lieblingsgerichte zuzubereiten, damit – wie sie sagte – das arme Kind wieder zu Kräften käme.
Leider hatte Georgina überhaupt keinen Appetit.
Die Gründe dafür waren vielfältig. Einerseits litt sie noch unter den Schrecken ihrer Entführung. Andererseits bereitete Ned Latimers Verhalten ihr großes Kopfzerbrechen. Ihr war bald klar geworden, dass Lord Templeton und der geheimnisvolle Mr. Templeton, der die Bücher ihres Vaters gekauft hatte, ein und dieselbe Person sein mussten. Interessierte er sich wirklich für die Sammlung? Oder war der Kauf nur eine mitleidige – und dabei sehr kostspielige – Geste gewesen? Hatte Latimer womöglich mehr gezahlt, als die Bücher wert waren?
Tatsächlich hatte Mrs. Cunningham ganz ähnliche Überlegungen angestellt, nachdem sie von Sir Arthur über die wahre Identität des vermeintlichen Malers informiert worden war. Sollte sie wegen der Bücher noch einmal mit Mr. Pickens sprechen? Lieber hätte sie sich zuerst mit Georgina beraten, denn im Allgemeinen schätzte sie die Klugheit ihrer Ältesten sehr. Jetzt allerdings wagte sie kaum, Latimers Namen auszusprechen, denn Georgina sah aus, als würde sie schon bei der bloßen Erwähnung des Gentleman in Tränen ausbrechen.
Welch ein Durcheinander, dachte sie. Und fragte sich zum hundertsten Mal, warum Lord Templeton sich nicht blicken ließ. Sie war so sicher gewesen, dass er mehr als nur Sympathie für ihre älteste Tochter empfand. Hatte sie sich geirrt? Sollte sein Flirt mit Georgina nur ein kleines Sommerabenteuer gewesen sein? Hatte er
Weitere Kostenlose Bücher