MyLady Weihnachtsband 2009 Band 18
ihr im Kreis drehte. „Es überrascht mich allerdings etwas, dass deine Mama dir erlaubt hat, es vor Weihnachten anzuziehen.“
„Ach, sie wollte schon, dass ich noch warte. Ich habe gebeten und gebettelt. Beim letzten Mal hat sie mit einem feuchten Tuch über dem Gesicht dagelegen und gesagt, ich soll es anziehen und verschwinden.“
Während Meredyth ein Auflachen unterdrücken musste, fuhr Bella fort: „Dein Kleid ist auch hübsch, Tante Merry. Aber so gefällt es den Herren bestimmt noch besser.“ Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, streckte die Hand aus und zog den Ausschnitt so weit nach unten, dass der Brustansatz zu sehen war.
Entsetzt starrte Meredyth das kleine Mädchen an. „Du lieber Himmel, Bella, wer hat dir denn das erzählt?“
„Keiner“, meinte ihre Nichte. „Als wir letzten Sommer in Italien waren, habe ich die Herren beobachtet, die mit Mama geredet haben. Wenn man etwas von ihrem Busen gesehen hat, haben sie den ganzen Abend draufgestarrt.“
Lieber Gott, das Kind ist doch kaum sechs Jahre alt, dachte Meredyth entsetzt. Sie fragte sich, ob sie Clare warnen sollte, als Bella hinzufügte: „Mr. Mansfell wird dich auch beobachten. Du magst ihn, stimmt’s?“
Meredyth wollte erwidern, dass sie alle ihre Gäste mochte, aber dann blieb sie in Gedanken an dem Bild von Allen Mansfell hängen, wie er auf ihr Mieder starrte und bei ihren Brüsten verweilte. Schon bei der Vorstellung richteten sich ihre Brustspitzen auf.
Sie war sich ihres plötzlichen Schweigens gar nicht bewusst geworden, bis Bella entzückt in die Hände klatschte und rief: „Also magst du ihn wirklich!“
„Natürlich mag ich ihn, Bella“, sagte Meredyth, um Schadensbegrenzung bemüht. „Sein Bruder Thomas ist seit Jahren Coltons bester Freund.“
„Er ist beinahe so schön wie mein Papa“, räumte Bella ein. „Er mag dich auch. Während unseres Ausflugs heute hat er dich die ganze Zeit beobachtet.“
Hatte er sie wirklich während des Ausritts angestarrt? Halb erfreut, halb erschrocken wandte Meredyth ein, während ihr die Röte in die Wangen schoss: „Ich bin einfach nur die Schwester des Freundes seines Bruders.“
„Er mag dich wirklich“, beharrte das Kind. „Mr. Mansfell mag Tante Merry!“, sang sie und tanzte im Raum umher. „Tante Merry mag Mr. Mansfell!“
Genau das hatte sie noch gebraucht – dass die freche Bella die allgemeine Aufmerksamkeit auf ihr Betragen gegenüber Mr. Mansfell lenkte, während sie noch vollkommen durcheinander war und zu entscheiden versuchte, wie sie sich ihm gegenüber verhalten sollte. Auf der Suche nach einem Weg, das Kind zum Schweigen zu bringen, sagte sie: „Eine Dame gibt es nie zu, wenn sie sich für einen Gentleman interessiert – das ist schrecklich vulgär, und dein Papa wäre sehr enttäuscht von dir. Du musst mir versprechen, dass du nichts sagst.“ Als sie Bellas abschätzenden Blick sah, fügte sie leicht verzweifelt hinzu: „Du bekommst dafür auch jeden Tag Ingwerkekse.“
Bella nickte ernst. „Ich verspreche es dir, Tante Merry.“ Ihre feierliche Miene wich einem koboldhaften Grinsen. „Jeden Tag Ingwerkekse! Du hast Mr. Mansfell aber wirklich sehr gern!“ Kichernd lief sie aus dem Zimmer.
Meredyth wischte sich mit einem Taschentuch die erhitzte Stirn. Sie konnte nur hoffen, dass Bella es sich nicht in ihren unberechenbaren Kopf setzte, etwas Unmögliches zu sagen oder anzustellen.
Wenn sie an diese unglaubliche Beobachtung mit dem Dekolleté dachte, traute sie der Kleinen einfach alles zu. Aber egal ob sie Bella nun zum Schweigen gebracht hatte oder nicht – sie wagte nicht, die Sache weiter anzusprechen. So furchtbar es auch war, in einer so delikaten Angelegenheit auf die Diskretion einer frühreifen Sechsjährigen angewiesen zu sein.
Jetzt jedoch musste sie nach unten in den Salon gehen, sonst kam sie noch zu spät zum Dinner. Aufgeregter denn je streifte Meredyth die Abendhandschuhe über und ging hinaus.
Mehrere Stunden später saß Meredyth vor dem Spiegel ihres Frisiertisches und kämmte sich die Haare. In der Erinnerung durchlebte sie die Ereignisse dieses Abends noch einmal, was ihre Aufregung und Unentschlossenheit nur noch verstärkte. Sie wusste, dass es wieder Stunden dauern würde, bis sie einschlafen könnte.
Zur Feier des ersten gemeinsamen Abends hatten sie früh gegessen, damit die Kinder mit am Tisch sitzen konnten. Die Kleinen zu unterhalten und sich mit Twilling zu beraten, damit alles glatt lief, hatte
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