Myron Bolitar 03 - Der Insider
sollte Clip bezahlen?«
»Dreißigtausend Dollar.«
»Die Polizei hat nur zehntausend in ihrer Wohnung gefunden«, sagte Myron. »Und das waren Scheine aus dem Bankraub.«
Cole zuckte die Achseln. »Entweder hat der Alte nicht bezahlt oder der Mörder hat das Geld mitgehen lassen.« Nachdem er kurz darüber nachgedacht hatte, fügte er hinzu: »Vielleicht hat Clip Arnstein sie auch umgebracht. Aber der ist ein bisschen alt für so was, oder?«
Myron antwortete nicht. »Wie lange ist er da drin gewesen?«
»So zehn Minuten, eine Viertelstunde.«
»Wer kam dann?«
»Greg Downing. Ich weiß noch, dass er eine Umhängetasche dabeihatte. Ich dachte, da hätte er das Geld drin. Er ist sehr schnell wieder draußen gewesen - der kann höchstens eine Minute bei ihr gewesen sein. Die Tasche hatte er noch um, als er wieder rausgekommen ist. Und da hab ich angefangen, mir Sorgen zu machen.«
»Greg hätte sie umbringen können«, sagte Myron. »Es dauert nicht lange, jemanden mit einem Baseballschläger zu erschlagen.«
»Aber er hatte keinen Schläger dabei«, sagte Cole. »So groß war die Umhängetasche nicht. Liz hatte einen Baseballschläger in ihrer Wohnung. Sie konnte Schusswaffen nicht ausstehen, deshalb hatte sie den zum Schutz da.«
Myron wusste, dass in der Wohnung kein Schläger gefunden worden war. Was bedeutete, dass der Mörder den von Liz benutzt haben musste. Hätte Greg nach oben gehen, ihre Wohnung betreten, den Schläger suchen, sie umbringen und fliehen können - alles in so kurzer Zeit?
Es kam ihm unwahrscheinlich vor.
»Was ist mit Emily?«, fragte Myron.
»Sie war die Letzte«, sagte Cole.
»Wie lange ist sie im Haus gewesen?«
»Vielleicht fünf Minuten oder so.«
Lang genug, um etwas Beweismaterial zu sammeln, das man woanders platzieren könnte. »Haben Sie noch jemanden rein-oder rausgehen sehen?«
»Klar«, sagte Cole. »In dem Haus wohnen jede Menge Studenten.«
»Aber wir können davon ausgehen, dass Liz schon tot war, als Greg Downing bei ihr war, oder?«
»Ja.«
»Die Frage ist also: Erinnern Sie sich, wer zwischen ihrer Rückkehr aus dem Swiss Chalet und Gregs Ankunft ins Haus gegangen ist? Außer Clip Arnstein.«
Cole dachte nach und zuckte die Achseln. »Das waren wohl vor allem ein paar Studenten. Und dann war da noch ein sehr großer Typ ...«
»Wie groß?«
»Keine Ahnung. Sehr groß.«
»Ich bin eins zweiundneunzig. Größer als ich?«
»Ja, ich glaube schon.«
»War er schwarz?«
»Kann ich nicht sagen. Ich war auf der anderen Straßenseite, und die Beleuchtung ist da nicht so toll. Ich hab auch nicht so genau drauf geachtet. Er könnte ein Schwarzer gewesen sein. Aber ich glaube nicht, dass er unser Mann ist.«
»Wieso nicht?«
»Ich hab das Haus bis zum nächsten Morgen im Auge behalten. Er ist nicht wieder rausgekommen. Also muss er da wohnen oder wenigstens bei jemandem übernachtet haben. Ich glaub nicht, dass der Mörder so lange am Tatort rumgehangen hätte.«
Dagegen konnte man nicht viel sagen, dachte Myron. Er versuchte, das Gehörte kühl wie ein Computer zu verarbeiten, aber seine Schaltkreise wurden allmählich überlastet. »An wen können Sie sich sonst noch erinnern? Ist Ihnen noch jemand aufgefallen?«
Cole dachte wieder nach, seine Augen wanderten ziellos umher. »Kurz vor Greg ist noch eine Frau reingegangen. Wenn ich mir das richtig überlege, ist sie auch noch vor ihm wieder rausgekommen.«
»Wie sah sie aus?«
»Weiß ich nicht mehr.«
»Blond, braune Haare?«
Cole schüttelte den Kopf. »Ich erinnere mich nur noch an sie, weil sie einen langen Mantel anhatte. Die Studenten tragen Windjacken oder Sweatshirts oder so. Ich weiß noch, dass ich gedacht habe, dass sie wie eine erwachsene Frau aussieht.«
»Hat sie irgendwas dabeigehabt? Hat sie ...«
»Myron, es tut mir leid, aber ich muss los.« Er stand auf und sah Myron mit einem leeren, verlorenen Blick an. »Ich drück Ihnen die Daumen, dass Sie das Arschloch finden«, sagte er. »Liz war ein guter Mensch. Sie hat niemandem was getan. Wie wir alle.«
Bevor er sich abwenden konnte, fragte Myron: »Warum haben Sie mich gestern Nacht angerufen? Was wollten Sie mir verkaufen?«
Cole lächelte traurig und ging los. Kurz vor der Tür blieb er stehen und drehte sich um. »Jetzt bin ich allein«, sagte er. »Gloria Katz wurde beim Angriff der Kopfgeldjäger angeschossen. Sie ist drei Monate später gestorben. Susan Milano ist 1982 bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Liz und
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