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MYSTERIA - Das Tor des Feuers (German Edition)

MYSTERIA - Das Tor des Feuers (German Edition)

Titel: MYSTERIA - Das Tor des Feuers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Freund
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jungenhaften Gesicht. »Wenn ich mir eine Geschichte ausdenke und sie aufschreibe, wird sie auf eine gewisse Weise auch real, zumindest für mich. Je länger ich mich nämlich mit der von mir erfundenen Welt und ihren Charakteren beschäftige und je tiefer ich mich hineinversenke, umso konkretere Formen nehmen sie für mich an. Sie werden schließlich so plastisch und lebendig, dass sie sich von der sogenannten Wirklichkeit kaum mehr unterscheiden.«
     
    Jessie runzelte die Stirn. »Aber das würde ja bedeuten, dass deine Geschichte für dich tatsächlich real wird?«
     
    »Sag ich doch«, erwiderte Thomas lächelnd. »Und anderen Autoren geht es bestimmt genauso. Wenn du dich von morgens bis abends...«
     
    »Oder auch mitten in der Nacht«, konnte Jessie sich nicht verkneifen hinzuzufügen.
     
    »Oder auch mitten in der Nacht - genau!« Thomas nickte. »Wenn du dich also praktisch rund um die Uhr mit deinen Figuren beschäftigst und die dir auch noch im Traum begegnen, wachsen sie dir schließlich, ähnlich wie Kinder, ans Herz und werden zu einem festen Bestandteil deines Lebens - und damit real.« Er beugte sich vor und sah seine Tochter an. »Verstehst du das, Jessie?«
     
    »Klar. Dann lautet deine Antwort also...«, sie kniff die Augen zusammen, »... ja?«
     
    »Genau. Die Fantasie ist für mich ein fester Bestandteil unserer Realität und deshalb genauso real wie die sogenannte Wirklichkeit.« Damit stand Thomas auf und trat vor seine Tochter hin. »Ist deine Frage damit beantwortet?«
     
    »Phhh.« Jessie atmete geräuschvoll aus. »Ich denke schon.«
     
    »Gut.« Mit einem liebevollen Lächeln strich Thomas ihr übers Haar. »Dann lass mich bitte weiterarbeiten, okay?«
     
    »Okay«, antwortete das Mädchen und ging zur Tür. Bevor Jessie öffnete, drehte sie sich noch einmal um. »Dein jetziges Buch macht dir Schwierigkeiten, nicht wahr?«
     
    »Woher weißt du das?«, fragte der Vater überrascht, wartete ihre Antwort aber gar nicht ab. »Du hast recht«, gab er zu. »Und zwar ziemlich große. Dabei ist es am Anfang so gut gelaufen. Der Stoff hat mich so begeistert.«
     
    »Und das ist jetzt nicht mehr der Fall?«
     
    »Doch, schon«, antwortete Thomas. »Aber jetzt bin ich auf ein Problem gestoßen, mit dem ich niemals gerechnet hätte.«
     
     
     
     
     
    I n der Hütte auf dem Donnerfelsen war es nahezu stockduster. Die Scheite in der Feuerstelle waren bis auf einen kärglichen Rest heruntergebrannt. Nur noch ein paar Flämmchen zuckten daraus hervor, deren spärliches Licht vergeblich gegen die Dunkelheit ankämpfte. Selbst die Runenstäbe, die direkt vor dem Feuer auf dem Boden lagen, waren kaum mehr zu erkennen.
     
    Brani störte das nicht im Geringsten. Um die wirklich wichtigen Dinge zu erkennen, brauchte er weder Augen noch Licht, und in all den Jahren, in denen er die Runen nun schon befragte, hatte er ihre Botschaft selbst in der schwärzesten Dunkelheit noch immer richtig erkannt. In dieser Nacht jedoch wollte es ihm einfach nicht gelingen. Die Runen verweigerten ihm den Gehorsam, als scheuten sie sich, sich gegen die Unsichtbaren aufzulehnen. Dabei hatten sie das doch immer getan! Sie hatten ihm bislang immer offenbart, wenn etwas gegen den Willen der Unsichtbaren lief - denn nur aus diesem Grunde fragte er sie doch um Rat!
     
    Wie froh war er gewesen, als seine Meisterin ihm die Runenstäbe damals zum Geschenk gemacht hatte. Sie hatte einstmals selbst am Tisch der Unsichtbaren gesessen, war in ihren Kreisen verkehrt und wusste deshalb sehr genau, dass nicht alles ihrem Willen unterworfen war. Dass auch ihre Macht nicht unendlich war und sie deshalb nicht verhindern konnten, dass der Lauf der Welten sich zuweilen änderte und anderen Gesetzen gehorchte als den ihren. Nur deshalb hatte seine Meisterin ihn gelehrt, sich der Runenstäbe zu bedienen - weil die nicht den Unsichtbaren unterworfen waren. Es musste also einen anderen Grund geben, warum die Runen ihm ausgerechnet in dieser Nacht den Gehorsam verweigerten.
     
    Wie aus dem Nichts fiel es ihm ein. Natürlich! Wie hatte er nur so blind sein können für das Offensichtliche?
     
    Brani sammelte die Stäbe wieder ein, schüttelte sie in der Höhle seiner Hände und murmelte eine neue Beschwörungsformel. Dann ließ er sie zu Boden fallen und befahl ihnen, ihm ihr Geheimnis zu offenbaren. Und dieses Mal gehorchten sie aufs Wort. Ihre Botschaft war klar und deutlich zu erkennen.
     
    »Ich habe also doch richtig

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