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Mysterium

Mysterium

Titel: Mysterium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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Anklägers: »Sie haben heute Morgen in meiner Praxis einen Nervenzusammenbruch erlitten. Ihre Tochter hat in meiner Hörweite etwas gesagt, das Sie mit Ihrem Doppelleben konfrontiert hat. Die zunehmend brüchige Barriere, die Sie aufgebaut hatten, hat nachgegeben. Sie sind hierher zurückgekehrt, weil jener Teil von Ihnen, der Tom Freeman ist – und nur Tom Freeman –, es mit eigenen Augen sehen musste. Und weil der andere Teil in Ihnen, Adam St. Leonard, immer gewusst hat, dass es so enden musste. Sie werden das Kind töten, das Ihr Ankläger war – Ihre eigene Tochter –, und dann werden Sie sich das Leben nehmen.«
    Hunt machte eine Pause, als wollte er die unwirkliche Natur dieser Erklärung einwirken lassen. Er hielt den Blick fest auf Tom gerichtet, als er fortfuhr: »Sie werden auch mir das Leben nehmen – oder glauben, dass Sie es getan haben. Sie werden mich aus der Nähe erschossen haben, bevor Sie sich die Waffe selbst an den Kopf setzen. Es wird eine schwere Verletzung sein, die mich leicht hätte umbringen können, wäre die Kugel nur den Bruchteil eines Zentimeters weiter nach links oder rechts gegangen. Zum Glück bin ich Arzt, also wird das nicht passieren. Natürlich werden Sie schon tot sein, wenn auf mich geschossen wird, aber dann werde ich die Waffe wieder in Ihre Hand legen. Das Gesamtbild wird ziemlich überzeugend sein und völlig mit der Geschichte übereinstimmen, die ich der Polizei erzählen werde.«
    Toms Blick fiel auf die Betäubungspistole in Hunts Hand. »Diese Waffe?«
    Hunt steckte die freie Hand ins Jackett und zog eine kleine Pistole hervor. Tom war kein Waffenexperte, doch es war nicht zu übersehen, dass man mit dieser Pistole einen Menschen töten konnte.
    »Sehen Sie mich an«, sagte Hunt, der auf seine Hände mit den Waffen blickte. Er lachte. »Ich sehe aus wie Jesse James.«
    »Wenn Sie ein Mensch wären, vielleicht.«
    Hunt grinste; dann deutete er mit einem Kopfnicken auf das groteske Objekt, das Tom immer noch an einen Zahnarztstuhl erinnerte – vielleicht weil er sich weigerte, seinen Verstand an die anderen Verwendungsmöglichkeiten denken zu lassen, die dieses Ding sonst noch haben mochte.
    »Legen Sie sie da rein«, befahl Hunt.
    »Wie meinen Sie das?«, fragte Tom, obwohl seine Frage überflüssig war. Es war eine unmissverständliche Anordnung gewesen; doch was es bedeutete, seine Tochter in den Stuhl zu legen, war so grauenvoll, so undenkbar, dass Toms Verstand sich weigerte, die Worte zu verarbeiten.
    »Sie wissen genau, was ich meine«, sagte Hunt. »Legen Sie das Mädchen bequem in den Stuhl und schnallen Sie sie fest.«
    Er hatte keine Wahl. Wenn es die Hölle gab, existierte sie hier. Kein Albtraum, aus dem Tom aufwachen konnte, konnte schlimmer sein als diese Wirklichkeit.
    Er gehorchte.
    »Sie werden ihn ein wenig zu groß finden, aber er wurde für Benutzer in Melanies Alter gemacht. Bitte machen Sie die Riemen fest. Es ist ganz einfach.«
    Es stimmte: Ihre Schnallen schnappten eine nach der anderen dort ein, wo sie sollten. Vier von ihnen machte er fest. Als er nach der fünften griff, drehte er sich ganz leicht, sodass er Hunt in seinem Sichtfeld hatte, aber er sah ihn nicht an. Die Pistole war wieder in Hunts Tasche; nur die Betäubungspistole hielt er noch in der Hand.
    Klick. Noch eine Schnalle, die fünfte. Tom griff nach der sechsten, weiter unten, und beugte seine Knie und seine Wirbelsäule, sodass er mit aller Kraft und Wucht vorschnellen konnte, die er aufzubringen vermochte. Aus dem Augenwinkel sah er, dass Hunt ihn beobachtete. Toms Muskeln waren gespannt. Er musste springen, bevor Hunt überhaupt begriff, dass er sich bewegte.
    Tom hatte schon die halbe Distanz zwischen ihnen hinter sich und bewegte sich schneller und mit mehr Kraft, als er es für möglich gehalten hätte. Doch ihm entging nicht der rote Fleck auf seiner Brust und zwei kleine Gegenstände, die auf ihn zukamen und die an den Enden mittels zweier haardünner Drähte mit der Betäubungspistole in Hunts Hand verbunden waren. Tom spürte nur noch, wie ein blendender Schmerz in ihm explodierte. Dann schlug er schwer auf dem Boden auf.
    War das der Tod?
    Nein. Er lebte noch. In dieser Hölle auf Erden. Alles war wie vorher … nein, schlimmer, falls das überhaupt möglich war. Sein Körper gehorchte ihm nicht mehr, und er hatte Mühe, seine Gedanken zu formulieren; alles war wirr und bruchstückhaft. Er hatte jeden Kontakt zu sich selbst verloren. Er vermeinte, dass

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