Mystery Thriller Band 224
„Ja, das war so eine Sache … Eigentlich hätte der Kronleuchter schon in der Nacht runterkommen sollen. Ich wollte ja lediglich zeigen, wie unsicher es in Dedmon House ist. Dass das Drahtseil dann wirklich erst am anderen Morgen abriss, konnte ich ja nicht ahnen. Aber ehrlich gesagt habe ich es einen Moment bedauert, dass du das Ganze überlebt hast.“ Sie verengte die Augen zu Schlitzen. „Denn wenn du dabei draufgegangen wärst, hätte mir das viel Mühe erspart!“
„Aha.“ Daphne war erschüttert, das andere Mädchen, das sie bisher so gemocht hatte, derart kaltblütig zu erleben. „Und dann hast du beschlossen, uns weiterhin das Leben schwer zu machen? Indem du der Presse das mit dem Kronleuchter gesteckt und diese Typen engagiert hast, auf unserer Veranstaltung im Diner Chaos anzurichten, richtig? Und die Sache mit dem Senf? Das verstehe ich nicht. Ich meine, klar, du hast da irgendwas aus Nuss reingemischt. Aber warum? Wieso wolltest du dem Besitzer des Freizeitparks schaden? Der war doch immerhin der, den wir für alles verantwortlich gemacht haben. Und vor allem – wie konntest du davon ausgehen, dass er von dem Senf isst?“
„Du kapierst es echt nicht, oder?“ Nina seufzte schwer. „Mann, ich wollte doch nicht, dass er von dem Senf isst, sondern du ! Du solltest einen allergischen Schock bekommen. Ich hätte dich dann zwar gerettet und wäre damit auch die große Heldin gewesen, aber gleichzeitig hätte ich dir dann auch klargemacht, dass das hier echt nichts mehr bringt mit deinem bekloppten LARP-Vorhaben. Jetzt, wo man dir sogar ans Leben wollte! Aber auch das hat ja wieder nicht geklappt. Also blieb mir nur noch ein Ausweg. Und zwar der mit dem Pfeil. Ich habe diesen Jungen angeschossen, und jetzt ist klar, dass euer Vorhaben hier so nicht weitergehen kann, wo sogar scharfe Waffen benutzt werden und es einen Schwerverletzten gibt! Tja, und ich bekomme endlich das, was mir zusteht!“
„Und das wäre?“
„Was soll’s?“ Nina zuckte mit den Schultern. „Jetzt, wo du mir nicht mehr gefährlich sein kannst, ist es wohl okay, dass du es erfährst: Ich suche einen Schatz.“
Daphne glaubte, sich verhört zu haben. „Einen … Schatz? Das ist so ziemlich das Lächerlichste, was ich je gehört habe!“
„Sei still!“ Schlagartig verfinsterte sich Ninas Miene. „Du musst es ja wissen! Aber es gibt diesen Schatz, es gibt ihn wirklich! Nun, genau genommen handelt es sich um die Beute eines Raubüberfalls, der vor vielen Jahren begangen wurde. Einer der Täter entkam in den Wald und lief vor der Polizei davon, ehe er auf der Flucht erschossen wurde. Der zweite Täter landete im Gefängnis, wo er schwer erkrankte und kurze Zeit später starb – jedoch nicht, ohne seinem einzigen Verwandten, seinem Sohn, einen Brief zukommen zu lassen, in dem er chiffriert verriet, an welchem Ort die Beute versteckt worden war.“ Nina machte eine kurze dramatische Pause. „Und dieser Sohn war niemand anderes als mein Vater!“
Mit offenem Mund starrte Daphne das andere Mädchen an. „Du bist auf der Suche nach der Beute aus einem Raubüberfall? Deshalb das ganze Theater?“
„Theater? Du bist vielleicht gut! Wir reden hier immerhin über fünfhunderttausend Dollar – eine stattliche Summe Geld, mit der es sich eine Weile verdammt komfortabel leben lässt.“ Sie zwinkerte Daphne zu. „Aber wer wüsste das besser als du, hm?“ Sie machte eine Pause und schloss dann kurz die Lider.
Als sie sie wieder hob, schimmerten zu Daphnes Überraschung Tränen in Ninas Augen. „Und dieses Geld habe ich mir verdient, hörst du? Ich weiß, das wirst du nicht verstehen. Du wirst denken, dass ich ein verwöhntes geldgeiles Stück Dreck bin. Aber du hast ja auch keine Ahnung, wie es ist, die Enkelin eines Verbrechers zu sein. Alle Leute haben auf uns mit dem Finger gezeigt. Und mein Vater? Der wollte unbedingt diesen Schatz. Jahrelang hat er meinen Großvater bekniet, ihm zu sagen, wo er versteckt ist. Aber das hat er nicht getan, und mein Vater vergrub seinen Kummer im Alkohol. Tja, und dann irgendwann, als mein Großvater ihm die Nachricht zukommen ließ, wo sich das Geld befindet, war die Leber meines Vaters schon so hinüber, dass er nur wenige Wochen nach dem Tod seines eigenen Vaters starb. So kann’s gehen. Und nun bin ich an der Reihe. Jetzt ist es an mir, das Geld zu finden. Und die Kohle ist irgendwo hier, im Keller von Dedmon House, versteckt. Ich stand schon kurz davor, sie endlich zu finden.
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